IV

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Als ich eine halbe Ewigkeit später in meinem wirklich sehr kleinen aber niedlichen Apartment ankomme, bin ich fix und fertig. Müde werfe ich die Tür hinter mir ins Schloss, ignoriere das Chaos, welches sich vor meinen Augen ausbreitet und durchquere meine mini Küche, um rüber zu meinem Schlafzimmer zulaufen. Stelle im Vorbeigehen meine Tasche auf dem Esszimmertisch, der für alles Mögliche herhalten muss, ab und lasse mich dann mitsamt meiner Jacke und Schuhen vornüber auf mein Bett fallen.

Jeder einzelne meiner Knochen schmerzt, ganz davon abzusehen das meine Füße sich nach diesem langen Tag auf meinen geliebten High Heels anfühlen, als wäre ich mit nackten Sohlen über heiße Kohlen gelaufen. Denn selbst nach jahrelangem tragen begleiten mich diese Schmerzen in meinem Alltag beinahe täglich. Manchmal so schlimm, dass nur noch ein wohltuendes Fußbad mit vielen verschiedenen Salzen etwas bewirken kann. Bei meinen geschlossenen Paaren kann ich das ganze immer noch ein wenig durch Pflaster vorbeugen, doch jetzt, wo es wieder warm geworden ist und meine geliebten offenen High Heels wieder Saison haben, ist das bei den meisten leider nicht möglich. Was tägliche Schmerzen einfach vorprogrammiert.

Erschöpft fahre ich mit meinen Händen über die weiche Bettdecke, versuche mich davon abzuhalten, mein Gesicht in ihr einzubetten und die Augen zu schließen. Würde wahrscheinlich alles mit meinem Make-up beschmieren und könnte dann den ganzen restlichen Abend damit verbringen, beim Waschsalon um die Ecke abzuhängen. Darauf zu warten, dass mein Bettzeug zum Schlafen wieder sauber ist. Nein, das wäre überhaupt nicht hilfreich.

Stattdessen kneife ich fest die Augen zusammen, spüre, wie sich all die Anspannung und der ganze Stress des Tages einen Weg durch meinen Körper bannt und hoch in meinem Kopf gleitet. Nehme sofort ein unangenehmes Pochen an meinen Schläfen wahr und muss mich deshalb zusammenreißen, nicht frustriert in meine Bettdecke zu schreien. Etwas, was ich schon seit ich klein bin tue, um mich abzuregen. Mir mein Kissen oder meine Decke zu schnappen, es vor mein Gesicht zu pressen und dann kräftig zu schreien. Gelegentlich auch mal mit meinen Fäusten zuzuschlagen. Das einzige, was wirklich hilft, wenn ich mit psychischem Stress zu kämpfen habe. Abgesehen von Dingen gegen die Wand zu schmeißen. Doch das habe ich nicht mehr getan, seit ich mich in der zehnten Klasse wegen irgendetwas richtig banalem mit Mom gestritten hatte und dann vor Wut meinen geliebten iPod an meiner Kinderzimmerwand zerschmettert habe.

Um das alles zu vermeiden, setze ich mich lieber auf und beginne damit mir diese Höllenschuhe von den Füßen zu streifen. Seufze zufrieden auf, als der Druck auf meinen Füßen nachlässt und ich sie endlich wieder frei bewegen kann.

Am aller liebsten würde ich für den Rest des Tages einfach nur noch liegen bleiben. Mir eventuell noch etwas zum Abendessen kochen und ansonsten den ganzen Abend mit Tyra Banks und Americas next Topmodel verbringen. Mir ansehen, wie sie die Models anschreit und eine nach der anderen mit ihren Worten fertig macht. Weil es das einzige ist, was mich nach so einem harten Tag immer entspannt und auf andere Gedanken bringen kann. Zu sehen, wie andere ebenfalls durch die Hölle gehen, um ihren Traum zu verwirklichen.

Olivias Worte, lassen mich aber einfach nicht los. Wie eine konstante Erinnerung daran, dass ich es nicht wirklich geschafft hab hier Freunde zu finden, schweben sie in meinen Gedanken herum. Ziehen meine Laune noch weiter herunter und lassen mich an meinen sozialen Fähigkeiten zweifeln. Obwohl es wahrscheinlich nicht mal an jenen liegt, sondern eher daran, dass ich absolut keine Zeit finde, raus zu gehen. Außerhalb der Arbeit natürlich.

»Es ist Freitag Abend, du solltest feiern gehen und mal wieder richtig die Sau rauslassen«

Und obwohl ich es mehr als hasse, wenn ich zugeben muss, dass sie recht hat, kann ich es diesmal leider absolut nicht leugnen. Denn es ist Freitag Abend. Sogar der fünfte infolge, den ich alleine verbringen würde. Schlicht und einfach aus dem Grund, weil ich körperlich tot bin, wenn ich abends nach Hause komme.

Fool for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt