VIII

437 75 101
                                    

Eine knappe halbe Stunde später fahre ich die Einfahrt zu dem Haus meiner Schwester hoch. Zusammen mit Jake, hat sie sich vor ein paar Jahren ein kleines Einfamilienhaus, wie aus einem Bilderbuch gekauft. Mit großem Garten und diesem typischen, absolut kitschigen weißen Zaun, der bereits von außen nach >hier wohnt eine klassische, amerikanische, glückliche Familie< schreit. Etwas, was sich Sophia wahrscheinlich schon immer gewünscht hat.

Ein Stück weit, erinnert es mich an das Haus, in dem wir aufgewachsen sind. Welches sich praktisch nur wenige Minuten von hier entfernt befindet. Meine Eltern haben es, sobald wir alle drei von zu Hause ausgezogen waren, verkauft. Sind in ein kleineres in derselben Straße gezogen, weil es ohne uns einfach zu leer gewesen ist. Aber es hat immer genau den gleichen Charme gehabt.

Ich atme tief durch, als ich den Motor ausmache und den Schlüssel aus dem Zündschloss ziehe. Spüre Zacs fragenden Blick auf meiner Haut, aber zwinge mich, geradeaus zu schauen. Auf die hübsche, kleine Veranda, welche mit einigen Pflanzen und kleinen Details geschmückt wurde. Wie einer weißen mit vielen Kissen besetzten Holzbank und ein paar Windlichtern. Welche die Veranda mit Sicherheit in der Nacht in ein wirklich hübsches Licht tauchen. Das ganze beinahe romantisch wirken lassen.

Als ich das letzte Mal hier gewesen bin, war alles noch ein bisschen leerer gewesen. Hatte das Haus praktisch noch unbewohnt ausgesehen. Trostlos. Jetzt, strahlt es nur so vor Leben. Vermittelt einem sofort das Gefühl, dass dort eine klassische, glückliche Familie leben muss. Doch in der Realität sah das vor nur einem Jahr noch ganz anders aus. War die Ehe der beiden auf so eine harte Probe gestellt worden, dass ich um ehrlich zu sein ziemlich sicher gewesen bin, dass eben jene es nicht überlebt. Umso glücklicher macht es mich natürlich zu wissen, dass dieser Fall nicht eingetreten ist und sie es nur stärker aus dieser Krise heraus geschafft haben.

Jedes Mal jedoch, wenn ich vor diesem Haus stehe oder vor dem, in dem ich aufgewachsen bin, überkommt mich dieses eigenartige Gefühl. Weil ich mir immer wieder für einen kurzen Moment vorstelle, wie es sein muss, diesen Traum zu leben. Ein kleines, eigenes Heim zu haben. Mit Garten. Ehe. Kindern. Wie viel Sicherheit man verspüren muss, einen Partner zu haben, mit dem man alles teilen kann und auf dem man sich immer verlassen kann. Der Rest, ist nebensächlich. Zumindest für mich. Aber auf eine gewisse Art und Weise wünsche ich mir das auch.

Zu wissen, dass meine Geschwister ihre Partner schon seit der Highschool kennen, hat mich immer irgendwie unter Druck gesetzt. Weil ich dachte, ich müsse genau so eine Liebe auch finden. Jetzt, bin ich schon in der Mitte meiner Zwanziger angekommen. Habe zwei kurze Beziehungen geführt, wobei beide mehr oder weniger nur auf das körperliche beschränkt waren. Ansonsten One-Night-Stands oder kurze Bekanntschaften, die sich nach einem oder höchstens zwei Dates wieder in Luft aufgelöst haben. Was im Groben und Ganzen bedeutet, dass ich alleine bin. Und sich daran womöglich auch nichts ändern wird. Ich vielleicht auch einfach dazu bestimmt bin, alleine zu sein.

»Kommst du?«, werde ich kurz darauf von dem Blonden neben mir aus meinen Gedanken gerissen und zurück in das Hier und Jetzt geholt. Langsam schüttle ich den Kopf, als könnten damit diese trüben Gedanken aus meinem Gehirn entfernen, bevor ich aufsehe und bemerke, dass er bereits aufgestanden ist und mir jetzt meine Schuhe entgegenstreckt. Darauf wartet, dass ich es ihm nach tue. An seinen wachsamen Augen, die leicht besorgt über mein Gesicht streifen, kann ich sofort erkennen, dass er bemerkt hat, dass irgendetwas nicht stimmt. Ich weiß aber auch, dass er nicht nachfragen wird. Und darüber, bin ich ihm mehr als dankbar. Weil ich wirklich nicht scharf darauf bin, mit dem besten Freund meines großen Bruders über meine Probleme zu reden. Obwohl sich ein vertrautes Gefühl in meiner Brust bildet, wenn ich ihn ansehe. Aber das muss einfach daran liegen, dass ich ihn schon mein ganzes Leben lang kenne.

Fool for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt