VII

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Als ich den weißen Pick Up erblicke, auf den Zac geradewegs zusteuert, bleibe ich ruckartig in der Bewegung stehen. Nicht nur, weil ich mir beinahe ziemlich sicher bin, dass es sich hier haargenau um das Auto handelt, indem Henry und er mir meine erste Fahrstunde gegeben haben, weil Dad mal wieder beruflich unterwegs gewesen war. Sondern auch, weil auf dem Beifahrersitz ein beiger, ziemlich großer Golden Retriever sitzt. Der den Kopf aus dem Fenster hält und aufgeregt vor sich hin hechelt, als er seinen Besitzer von weitem entdeckt. Dabei entgeht mir auch nicht, der lange Faden Sabber, der ihm dabei gleichzeitig aus dem Mund tropft. Mich angewidert das Gesicht verziehen lässt.

Als Kind hat meine Mutter mir nie ein Haustier erlaubt. Auch nicht, als meine Geschwister schon aus dem Haus gewesen waren und mit einem Schlag, alles so furchtbar leise gewesen ist. Wo ich mir sehnlichst ein wenig Gesellschaft gewünscht habe. Im Endeffekt aber, wäre ich damals sowieso noch zu unreif gewesen. Hätte niemals die Verantwortung für ein anderes Lebewesen übernehmen können. Und wenn ich heute so daran denke, was für eine Sauerei Tiere veranstalten können und wie viele Haare vor allem auch Hunde täglich verlieren, verstehe ich es. Würde ich so eine Sabbermaschine, wie den Golden Retriever vor mir auch niemals in meine Wohnung lassen. Geschweige denn auf meinen grauen designer Teppich.

»Chester, ab nach hinten mit dir!«, reißt mich Zacs Stimme aus meinen Gedanken und bringt mich damit langsam wieder zum Weiterlaufen. Chester, was demnach der Name dieses Hundes sein wird, gibt ein leises Winseln von sich, bevor er tatsächlich mit einem Satz auf die Rückbank springt und es sich dort gemütlich macht. Erstaunt schaue ich zu dem Blonden herüber, der zufrieden nickt und jetzt an der Ladefläche herumwerkelt um die Klappe aufzubekommen. Irgendwie überrascht es mich, dass er alles im Griff haben zu scheint. Irgendwie schien er in meinen Augen immer das Chaos genauso heftig anzuziehen, wie ich. Vielleicht mochte ich ihn deshalb von den Freunden meiner Geschwister am liebsten. Oder auch, weil er der einzige gewesen ist, der mich nie wie ein trotziges Kleinkind behandelt hat. Obwohl ich das zugegebenermaßen gewesen war. Manchmal immer noch bin.

Meinen Koffer überreiche ich ihm dann doch schlussendlich, als er mir einen auffordernden Blick zuwirft und mit einer Hand auf die Ladefläche klopft. Schmunzelnd schaue ich ihm dabei zu, wie er ihn bei den Griffen nimmt und verdattert die Augenbrauen zusammenzieht, weil er wohl schwerer zu sein scheint, als er erwartet. Dann die Arme anspannt, was unter seinem engen T-Shirt — rein objektiv beachtet — ziemlich gut zur Geltung kommt, und ihn hoch auf den Kofferraumersatz stemmt. Nicht einmal das Gesicht dabei verzieht er, doch als er danach mit dem Handrücken über die glänzende Stirn fährt, kann man ihm die Anstrengung trotzdem deutlich ansehen.

Ich selbst habe mir vorhin, als ich ihn vom Band heruntergehoben habe, wahrscheinlich irgendeinen Muskel am Rücken verzehrt oder sowas. Zumindest, würde das meine Rückschmerzen erklären. Aber natürlich, würde ich das niemals zugeben.

»Sind da Ziegelsteine drinnen, oder warum ist der so schwer?«, fragt er kopfschüttelnd, was mir überraschenderweise ein Lächeln auf die Lippen lockt. Möglicherweise liegt es an dem ächzenden Ton oder dem ungläubigen Kopfschütteln, als er mich daraufhin ansieht. Aber ich fühle mich mit einem Mal anders. Nicht mehr so angespannt. Die komische Atmosphäre zwischen uns, die durch das befremdliche Schweigen auf dem kurzen Weg hier hin entstanden war, hat sich in Luft aufgelöst.

Dagegen werfe ich ihm jetzt einen unschuldigen Blick zu. »Ach was, nur an die zehn Paar Schuhe und ungefähr ein ganzes Outfit pro Tag«, winke ich lässig ab, in dem Wissen, dass das tatsächlich beinahe hinkommt. Denn wenn es nach mir gegangen wäre, hatte ich meinen ganzen Kleiderschrank in diesen Koffer gepresst. Jetzt müssen es sich eben zwei paar meiner Schuhe, die nicht mehr hineingepasst haben, in meinem Handgepäck gemütlich machen. Welches ich gleich auch noch von meiner Schulter nehme und zu dem Rest meiner Sachen dazulege.

Fool for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt