Der Türabschließer Von ordentlicher Lebensführung und medizinischenRevolutionen

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Wie es landläufig so üblich ist, wohnte auch ich in meiner Jugend im Hause meiner Eltern. Diese besaßen ein Einfamilienhaus am nördlichen Stadtrand der Ruhrgebietsmetropole Bochum. Das Haus wurde in den Fünfzigern auf einem Eckgrundstück in einer reinen Einfamilienhaussiedlung erbaut und in den Siebzigern von meinen Eltern gekauft und gestylt. Das in etwa 800 Quadratmeter große Grundstück wurde zur kleinen Wohnstraße hin durch eine circa 1,20 m hohe und 50 cm breite Ligusterhecke befriedet. Die Ligustrum-Arten bilden übrigens laubabwerfende oder immergrüne Sträucher oder Bäume. Die gegenständig angeordneten Laubblätter sind kurz gestielt, einfach und ganzrandig. Aber zurück zu meinem Elternhaus. 

Das Gebäude war freistehend. Genau genommen hatte das Haus zwei Ein-/Ausgänge - einen nach Norden, der zu den angebauten Garagen und einem kleinen Hof führte, über den man durch ein schmiedeeisernes doppelflügeliges Tor das Grundstück sowohl zu Fuß als auch mit einem PKW verlassen konnte. 

Der andere Ein- beziehungsweise Ausgang war gen Süden gebaut. Hier führte ein gepflasterter Fußweg durch ein einflügeliges schmiedeeisernes Tor vom Grundstück. Dieser Eingang wurde üblicherweise von Besuchern aller Art benutzt, da sich an dieser Tür auch die Klingel zu dem Objekt befand. 

Innerhalb des Hauses wurde mir das Privileg zuteil, die obere Etage bewohnen zu dürfen, was in jungen Jahren natürlich schon exponiertes Wohnen ermöglichte. Vermutlich hatte mein Vater das Potenzial meiner Superkräfte schon früh erkannt und gedachte, diese dadurch zu fördern. 

Nach Betreten des Hauses durch die Haupteingangstür kam man in einen kleinen länglichen Hausflur, von dem drei Türen und eine Treppe abgingen, im Uhrzeigersinn von links nach rechts: Elternschlafzimmer, Esszimmer, Bad/WC, und die Treppe rechts bildete den Zugang zur ersten Etage. Hatte man das erste Obergeschoß erreicht, gab es dort einen Flur, der sich nach links erstreckte. Von diesem gingen nach links das Bad, vor Kopf das Wohnzimmer, und nach rechts eine Art Fernsehzimmer, welches später nur noch Zockzimmer tituliert wurde, ab. Durch das Wohnzimmer gelangte man in ein weiteres Zimmer, den eigentlichen Schlafraum, welcher optimalerweise nicht über dem Elternschlafzimmer gelegen war. 

Da ich auch schon in frühester Jugend ein angesagter Typ war, hatte ich natürlich regelmäßig Besuch von Bekannten, Freunden und etwas später, so ab 11 Jahren, auch von Frauen beziehungsweise frühreifen Mädchen. Soweit war das alles ganz einfach: Die Leute schellten, ich glitt die Treppe hinunter, öffnete, und man verschwand in der ersten Etage. 

Da auch ich damals unverständlicherweise die Schulbank drücken musste, waren häufige Besuchszeiten meiner Jünger oder Groupies der späte Nachmittag oder der frühe Abend. Verließ mein Besuch dann das ordentliche Haus gegen 21 oder 22 Uhr, war eines so sicher wie das Amen in der Kirche, wie der Wechsel von Tag und Nacht oder Ebbe und Flut, ja sogar so sicher wie meine Erfolgsgarantie bei Frauen: 

Die Haustür war mehrfach verschlossen und ließ sich nicht durch einfachen Klinkendruck öffnen.  

Das Stressige daran war, sollte mein Besuch mal später als 23 Uhr das Haus verlassen (Punkt 23 Uhr wurde von meinen Erziehungsbeauftragten in diesem ordentlichen Haus die Nachtruhe gelebt), lief man Gefahr, ob des Regelverstoßes aufzufallen, da schon längst alle Hausfremden hätten absent sein müssen. 

Zum Ersten musste man fluchen, da die Tür abgeschlossen war und man sich wiederholt darüber aufregte. Durch das nicht druckreife Fluchen entstand eine gewisse Akustik, die leicht zum benachbarten Elternschlafzimmer vordringen konnte. 

Zum Zweiten musste man wieder nach oben, um den Schlüssel zu holen. Auch das barg wieder die Gefahr, die Erziehungsbeauftragten zu wecken, da man erneut die dritte Treppenstufe von unten meistern musste, die die Angewohnheit hatte, so laut zu knarren, dass es definitiv verräterisch gewesen wäre. 

halbzeit - eine bilanz     von superhelden, frauen und komikernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt