Kapitel 91

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Emma

„Hey Schatz", begrüßte ich ihn. Er sah ganz schön zerstört aus. Und für diese Umstände kamen ganz schön viele Worte aus seinem Mund. „Babe, falls du mich mit dieser Nachricht nicht wahnsinnig machen wolltest, hat das ganz und gar nicht geklappt. Was is los? Ich dreh gleich durch", brabbelte er und ich sah ihn hin und her laufen. „Jetzt setz dich doch erstmal hin, es ist alles gut", versuchte ich weiter ihn zu beruhigen. Er tat wie ihm befohlen und um ihn weiter runterzubringen ließ ich mir erst noch von dem gestrigen Abend am Jägermeisterstand und allem, was danach kam, erzählen. Soviel zu ‚die Frauen dürfen das niemals erfahren'. Aber mein Wincent konnte noch nie irgendwas vor mir verheimlichen. Ich fand es furchtbar amüsant, ihn zu beobachten wie er den ganzen Tag- oder was er davon noch wusste- ein weiteres Mal durchlebte. Wie gerne ich dabei gewesen wäre! Nachdem ich mir sicher war, er wäre entspannter, sah ich ihn an. Ich hätte ihm dieses Gespräch in seinem Zustand wirklich gerne erspart, aber ich war selbst total aufgeregt. „Es tut mir leid, dass ich dich damit belästigen muss, obwohl du nicht da bist, aber ich halt es sonst nicht aus", fing ich an und damit hatte ich seine Aufmerksamkeit direkt. „Emma, du machst mir echt Angst", seufzte er. „Ich bin überfällig und ich muss einen Test machen, sonst platz ich. Und du musst dabei sein", haute ich es einfach raus. Vorsichtig sah ich zu Wincent auf, der mich mit offenem Mund durch den Bildschirm anstarrte. „Wie?", war alles, was er sagte. Okay, er war eindeutig eigentlich nicht bereit für dieses Gespräch. „Ich hätte meine Tage kriegen sollen, hab ich aber nicht. Das heißt entweder könnte ich schwanger sein oder mein Zyklus ist im Eimer", erklärte ich ihm die Sachlage. „Oh", war wieder alles, was er sagte.

Ich gab auf es mit Erklärungen zu versuchen und ging mit Wincent am Handy ins Bad. „Das is so bescheuert, dass wir das so machen müssen, aber es geht nicht anders. Bis du heim kommst, bin ich durchgedreht", murmelte ich, während ich auf den Test pinkelte. Ich wusch mir die Hände und setzte mich auf den Boden vor die Badewanne. Mein Handy platzierte ich vor mir. „Es tut mir leid, dass ich grade etwas überfordert bin. Ich bin immer noch ein kleines bisschen angeheitert, glaube ich", brabbelte Wincent und strich sich über das Gesicht. Ich musste schmunzeln, schließlich war er sicher nicht nur ein kleines bisschen angeheitert. „Marco und Linda sind wieder cool", meinte Wincent und sah mich augenrollend an. „Jep, alles auf Anfang meinte Linda", rollte ich ebenso mit den Augen. Wir fanden die Situation wohl beide schwer auszuhalten. „Die sind so bescheuert...on off, rein raus, was wollen die eigentlich?", brabbelte Wincent. „Ich glaub das wissen sie selbst nicht...nix festes, aber scheinbar sind sie zu gut im Bett, als dass sies lassen könnten", philosophierte ich. Noch bevor Wincent irgendwas darauf sagen konnte, klingelte mein Timer. Mit großen Augen sah ich ihn an. Gefühlt minutenlang. „Na los, schau drauf", drängte er. Aber ich konnte nicht. Ich traute mich nicht, warum auch immer. „Mach du", sagte ich und hielt das Ergebnis in die Kamera. Vorsichtig linste ich über den Test in die Kamera um Wincents Gesicht zu sehen. Das würde mir sicher direkt eine Antwort geben. „Nicht schwanger", sagte er und ließ sich seufzend in die Kissen auf der Couch sinken. Er wirkte entspannt. Ich drehte den Test um und las es selbst immer und immer wieder. „Nicht schwanger", wiederholte ich seine Worte und als ich es ausgesprochen hatte, merkte auch ich die Anspannung von mir abfallen. Irgendwie war ich erleichtert, obwohl ich nicht wusste, warum mein Zyklus jetzt so durcheinander war.

„Hätte mich aber auch gewundert, schließlich war ich kaum Zuhause", hörte ich Wincent sagen. Ich hob eine Augenbraue und sah ihn an. „Was? Ich bin zwar n toller Typ, aber auf die Entfernung schaff nicht mal ich es dir n Kind zu machen", redete er weiter. Darauf konnte ich nichts sagen, sondern musste nur lachen. „Du Spinner, ey. Romantisch wie ein Regenwurm", seufzte ich. Wincent grinste etwas schief in die Kamera. Wahrscheinlich spielte ihm sein Restalkohol ganz gut in die Karte, unter anderen Umständen wäre er sicher enttäuschter gewesen. Aber auch ich musste mir eingestehen, dass ich nicht unbedingt unglücklich über das Ergebnis war. So würde ich kein Problem mit meinem Hochzeitskleid haben und außerdem würde ich das das nächste Mal gerne mit Wincent an meiner Seite machen, und nicht über Facetime. „Das war das verrückteste Facetime-Gespräch, was wir jemals hatten", hörte ich Wincent sagen. Ich sah zu ihm auf und lächelte ihn entschuldigend an. „Sorry, aber ich habs nicht ausgehalten. Und Linda ist momentan wieder mal irgendwo im nirgendwo mit ihren Gedanken...und außerdem bist du mein Mann und ich will das nur mit dir machen", erklärte ich. Wincent grinste mich noch immer nur schief an. „Ich freu mich auf Zuhause. Und ich versprech dir, dann üben wir vernünftig", zwinkerte er mir zu. Das will ich aber auch hoffen, dachte ich. „Ich freu mich, wenn du wieder heim kommst", lächelte ich ihn sanft an. „Und jetzt genieß die letzten Konzerte." Wincent nickte nur. „Das mach ich, auch wenn du mir fehlst. Ich liebe dich, Emma!", flüsterte er. Dann verabschiedeten wir uns und wahrscheinlich gingen wir beide auf dem direkten Weg ins Bett. Wincent aufgrund seines Katers und ich wegen der ganzen Aufregung. 

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