11. Eifersucht

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Emmas Sicht:

Als das Essen eine halbe Stunde später gebracht wurde, quiekte Eleanor begeistert und griff nach einem der mit Käse überbackenen Nachos. Da ich mich bisher überwiegend zurückgehalten hatte, was die Gespräche betraf, beschloss ich mich auch mal einzubringen.

>> Und du warst letztes Jahr in Griechenland? <<, fragte ich ehrlich interessiert und Eleanor nickte, bevor sie ihren Mund mit Wasser ausspülte.

>> Ja, ich bin erst seit wenigen Monaten zurück. Es war der Wahnsinn. Ich habe dort so viele Leute kennengelernt. <<

Kurz zuckte Anders Kiefer und ich sah zu ihm hoch, unwissend, ob ich es mir eingebildet hatte. Alexis schien es genau wie ich aufgefallen zu sein und kurz warf sie mir einen Blick zu, wobei sie frech grinste. >> Ihre Gastschwester war wirklich toll und sie hatte viele Freunde dort. Und einen Freund. <<

>> Wahnsinn, du hast in dem Jahr jemanden kennengelernt <<, ging ich auf Alexis Versuch Ander weiter aus seinen Reserven zu locken ein.

Eleanor warf einen flüchtigen Blick zu ihrem Freund, bevor sie nickte und sich einen weiteren Nacho in den Mund stopfte. Ander starrte jetzt vor sich auf das Holz des Tisches. Das Essen hatte er noch nicht angerührt.

Ich war der Meinung ihn jetzt genug provoziert zu haben, aber Alexis setzte noch einen drauf. >> Sie beiden haben sich in den ersten Monaten kennengelernt und si- <<

Anders Hand legte sich an Eleanors Kinn und drehte ihr Gesicht so in seine Richtung, bevor er seine Lippen einmal kurz auf ihre presste. Dann stand er auf und deutete neben sich. >> Ich geh kurz auf Toilette. <<

Und weg war er.

Alexis brach in Gelächter aus und bekam prompt einen Mittelfinger von Eleanor vor das Gesicht gehalten. Doch das blonde Mädchen grinste ebenfalls und lehnte sich dann zurück in die Lehne. >> Jetzt ist er eifersüchtig, zufrieden? <<, fragte sie.

Alexis nickte und biss in ihr Baguette, bevor sie mit vollem Mund antwortete. >> Schon ein wenig, ja. Ich habe noch nie gesehen, dass ihr euch küsst. Nur jahrelang sehnsüchtige Blicke und möglichst viel „freundschaftlichen“ Körperkontakt. <<

Bei dem Wort freundschaftlich setzte Alexis mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. Ich lachte, bis Ander zurückkam und besitzergreifend nach Eleanors Hand griff. Das er jetzt mit der linken Hand essen musste, schien ihn nicht zu stören.

>> Eigentlich hättet ihr in zwei Monaten kommen müssen. Da habe ich Geburtstag und ich wollte mal wieder größer Feiern <<, sagte ich, damit Ander sich wieder entspannte.

Tatsächlich lockerte sich seine Haltung ein wenig, aber Eleanors Hand ließ er trotzdem nicht wieder los. >> Vielleicht kommen wir dann nochmal wieder <<, erwiderte er.

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Ich fuhr die anderen zwei Stunden später zurück zu Alexis Wohnung und wartete, bis sie das Gepäck aus dem Auto geholt hatten. Ich sah dabei zu, wie Alexis etwas zu den beiden anderen sagte und ihnen einen Schlüssel reichte, bevor sie sich nochmal kurz auf den Beifahrersitz setzte. Ander und Eleanor gingen bereits ins Wohnhaus.

Fragend schaute ich meine Freundin an, die mich ernst musterte. >> Alles gut?  Es ist irgendwie gruselig, wie du mich ansie- <<

>> Emma ich merke, dass es dir nicht gutgeht. Ich sehe auch, dass du kaum etwas isst. Schon eine ganze Weile merke ich das. Zuerst habe ich mir gesagt, dass es mich nichts angeht, weil es dein Leben ist und so ist das auch, aber ich… wollte dir nur sagen, dass ich es bemerke. Und dass ich mir wirklich Sorgen um dich mache. Du kannst mit mir reden, dass weißt du, oder? <<, unterbrach sie mich und perplex schaute ich sie an.

Mit offenem Mund suchte ich nach den richtigen Worten. >> Ähm… mir geht’s wirklich gut, ich habe nur… <<, begann ich, doch dann rieb ich mir Seufzend über das Gesicht. >> Ich habe alles im Griff, wirklich. Du musst dir keine Sorgen machen. <<

>> Ist es, weil du deine Figur nicht magst oder so? <<

Genau ins Schwarze getroffen, dachte ich. Wie so oft verbot ich es mir, zu weinen. Es brachte ja doch nichts. Alexis sollte sich keine Sorgen machen. War es jetzt schon so weit gekommen, dass mich mein Verhalten sogar in meiner Freundschaft zu meiner besten Freundin einschränkte? War es nicht genug, dass ich keine Beziehung führen konnte?

Ich räusperte mich. >> Keine Ahnung. Es ist nur… ihr seid alle so… klein und zierlich und ich… nicht. <<

>> Wer wir? <<

>> Du, Leonie, Lisa und auch Eleanor. <<

Sie musterte mich ernster. >> Emma, jeder Mensch, wirklich jeder, hat eine andere Figur. Mein Körper fühlt sich mit diesem Gewicht wohl. Mit Lisas Gewicht würde ich dagegen wahrscheinlich nicht auskommen. Jeder Körper hat ein anderes Idealgewicht. <<

>> Aber ich fühle mich nicht wohl. Das hier ist nicht mein Idealgewicht. Das ist… einfach zu viel. <<

>> Bullshit. Du wiegst nicht zu viel. <<

>> Aber mehr als du <<, brach es aus mir heraus und am liebsten hätte ich mir auf die Zunge gebissen.

>> Aber du musst dich doch nicht mit mir vergleichen. Oder Eleanor. Du musst dich mit niemandem vergleichen. Solange du gesund bist, spielt die Figur doch gar keine Rolle. <<

Das sagt aber nur jemand, der zufrieden mit seiner Figur ist, weil er schlank ist, dachte ich verbissen. Meine Figur würdest du trotzdem nicht haben wollen. Ob du sie nun nicht schlimm findest oder nicht. Vielleicht spielt für dich der Körper keine Rolle, weil du nie Probleme mit ihm hattest.

Ich wusste, dass meine Gedanken fies waren. Alexis ging seit Jahren nicht mehr zum Schwimmen, weil sie sich dort ausziehen müsste und sie sich für ihre Narben an Beinen und Oberkörper schämte, die ihren Körper seit dem Unfall vor Jahren zierten. Deshalb sprach ich es auch nicht laut aus. Stattdessen zuckte ich mit den Schultern.

>> Emma, egal, ob du zehn oder zwanzig Kilo mehr oder weniger wiegen würdest, du bist so schön. <<

Meine Ohren verschlossen sich vor diesem Kompliment, wie immer. Trotzdem setzte ich ein Lächeln auf und nickte. >> Ähm... danke. Ich muss jetzt los. <<

Alexis Schultern sackten nach unten. >> Ähm… okay. Aber du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst oder? <<

Ich nickte, dabei behielt ich das unechte Lächeln bei. Als Alexis ausgestiegen war, stieß ich die Luft aus und fuhr, ohne sie nochmal anzuschauen. Verdammt, jetzt musste ich auch bei meinen Freundinnen aufpassen was ich tat, denn anscheinend war ich nicht so unauffällig, wie ich es gerne wäre.

Die Vorstellung mich etwas von Alexis zu entfernen, tat weh.

Emma und Lars ✔️Where stories live. Discover now