Kapitel 27: Die neue Kaiserin

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DieSonne geht gerade unter und taucht den Himmel in ein feurigesFarbenspektakel. Der Wind ist angenehm warm und bringt eine salzigeBrise vom Meer mit sich.

Als Merisa den steinigen Wegen vonRakusho folgt, überkommt sie ein merkwürdiges Gefühl. IhreGedanken führen sie zurück in den Moment, als sie von Goldymüberfallen wurde. Ihr wurde schlecht. Ob er wohl noch hier ist? Ober auf sie lauert? Ein Schauer läuft ihr über den Rücken.

Endlichwaren sie im Palast angekommen. Die Menschen dort schienen in hellerAufruhr zu sein. Es herrschte eine bedrückendeStimmung.
„Anscheinend wurde das Testament bereits verlesen...",murmelte Judar. Es scheint fast so als wüsste er bereits was darinstand.
„Müsste Kouen Ren nicht jetzt der Kaiser sein?",fragte Mirandus mit verwirrten Blick.
„Theoretischschon...aber...".

Noch bevor der Magi zu ende sprechenkonnte kam plötzlich eine Person aus dem Palast des Kaisers. Es wareine Frau, sie wurde von etwa 10 weiteren Personen begleitet, dieeindeutig zur Organisation gehörten.
„Gyokuen Ren...",murmelt Mirandus und schaut die Frau mit einem nichtssagenden Blickan. Etwas an seiner Tonlage verriet Merisa das er diese Frauverachtet.
„Ahhh der junge König von Merisantus. SeitWillkommen. Was führt euch zu uns?", ihre Stimme ist ruhig undfreundlich. Sie ließ Merisa einen Schauer über den Rückenlaufen.
„Wir sind hier um dem verstorbenen Kaiser die letzteEhre zu erweisen.", erklärte er kurz und knapp. Eigentlich wollteer einfach an ihr vorbeigehen, doch die Frau stellte sich plötzlichvor Merisa.

Sie legte ihre Hand auf ihre Wange und ließ ihrekalten dünnen Finger über Merisas weiche Haut streichen.
„Dubist also Merisa?", fragte sie lächelnd und fuhr mit ihrer Handunter ihr Kinn. Merisa nickte unsicher. Sie versuchte dem kaltenBlick der neuen Kaiserin standzuhalten.
„Du bist wirklichwunderschön, mein Kind. Kein Wunder das du unserem Judar den Kopfverdreht hast.". Ihr Blick wanderte zu dem Schwarzhaarigen derseine neue Herrin mit warnendem Blick anschaute.
„Nun gut...",sie entfernte sich etwas von der Prinzessin und gab ihrer Begleitungdas Zeichen, dass sie nun weiter gehen. „Ich wünsche euch einenangenehmen Aufenthalt in Kou, hoffentlich sehen wir uns noch einmal,Merisa.". Die Art wie sie ihren Namen ausspricht, gefällt ihrüberhaupt nicht. Fröhlich, aber dennoch gefährlich undbedrohlich.

Als ihre Gefolgsleute an der jungen Prinzessinvorbei gingen, spürte Merisa plötzlich eine unheimliche Aura. Ihreaufgerissenen Augen huschten sofort zu den merkwürdigen Leuten.Einer von ihnen starrte sie an. Aufgrund der merkwürdigenKopfbedeckung konnte sie sein Gesicht nicht erkennen. Doch dieseHaltung, diese Aura. Ihr kam all das so vertraut vor.

„Bistdu okay?", riss Judar sie aus den Gedanken und legte seinen Arm umdie Prinzessin. Doch diese zuckte sofort zusammen. Ihr Blick huschtezu Judar. In ihren Augenwinkel funkelten etwas auf.
„Wer istdiese Frau?..und diese Leute..", wimmert sie. „Sie..sie istnicht...was ist sie?". Ihre Worte waren mehr ein leisesFlüstern.

„Sie ist eine Hexe. Wahrscheinlich die Anführerinvon Al Thamen.", erklärte Mirandus und ging weiter. Judar liesseinen Arm um die Prinzessin gelegt und führte sie nun zum altenKaiser.
Sie waren geschockt über den Zustand des Kaisers, liesenes sich aber nichts anmerken. Ehrwürdig verbeugten sie sich vor demleblosen Körper und verließen dann das Gebäude wieder.
„Judar!",rief eine Stimme nach dem Magi. Als sie sich umdrehen sahen sie eineGestalt in einer schwarzen Robe. Er trug dieselbe Kleidung wie dieserIthnan. Er gehört wohl auch zur Organisation.
„Geht schon malvor. Ich komme später nach.", erklärte er und ging zu demunheimlichen Typen.

„Hast du Judar jemals gefragt wie er zudieser Organisation steht?", platzte es plötzlich aus Mirandusheraus. Er und Merisa befanden sich in seinem Zimmer. Die Dienerhatten ihnen auf Wunsch das Essen auf das Zimmer gebracht. Es scheintim gesamten Palast eine merkwürdige Stimmung zu sein, seit Gyokuenzur neuen Kaiserin gekrönt wurde.

„Nicht direkt...",murmelt sie und weicht den enttäuschten Blicken ihres Bruders aus,„...ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht...".
„So bistdu halt..."
„Naiv?"
„Nein..", begann er und dachtefür einen Moment über seine Wortwahl nach, „Du glaubst immer andas Gute im Menschen...".
„Also naiv..", stöhnte sie undließ sich auf das Bett zurückfallen. „Ich frage mich, ob es ihmgut geht...".
Mirandus warf ihr einen verwirrten Blick zu.„Judar? Er ist doch bei seinen Leuten, da geht es ihm sichergut.".
„Er hat die Mitglieder der Organisation bekämpft, alses mir so schlecht ging...", Merisa schaut an die Decke undseufzt.
„Sinbad wollte ihm nicht verraten, wo er dieSpezialisten findet, die meinen Magoi-Fluss wieder ins Gleichgewichtbringen konnten... Er sagte...er hätte keine Zeit dafür, da er seinLand verteidigen musste..."
Mirandus spannte sich an. „Heißtdas...du hättest sterben können und dieser Nichtsnutz von Königwollte nichts unternehmen?", seine Stimme bebt. Merisa erkanntesofort, dass sie etwas Falsches gesagt hat.
„Dieserverdammte...", murmelt Mirandus zu sich selbst und knirscht mit denZähnen. Dass es dieser Sinbad wagt, seine kleine Schwester in solcheGefahr zu bringen. Soll er es doch wagen Merisantus den Krieg zuerklären. Er wird seine mickrige Insel dem Erdboden gleichmachen.

„Mirandus...", murmelt Merisa, sie ging herüberzu ihrem Bruder. Sie legt eine Hand behutsam auf seine Schulter undwartet darauf, dass er ihren Blick erwidert.
„Aber es ist dochalles gut....Judar hat mich doch gerettet...".
Mirandus schautauf. Er schaut in die leuchtenden Augen seiner Schwester. Jedes Malwenn sie von diesem Priester spricht, funkeln ihre Augen.
Einsanftes Schmunzel schleicht sich auf das Gesicht des sonst so toughenKönigs. „Das stimmt...".

Nach dem Essen ging Merisazurück auf ihr Zimmer. Sie erwartet eigentlich, dass der Magibereits auf sie wartet, doch als sie das Zimmer betrat, war es leer.Betrübt darüber, die Nacht allein verbringen zu müssen, zog sichMerisa das rötliche Gewand aus. Sie schlief lediglich in dem kurzenweißen Kleid, dass sie unter ihrem Kimono trug.

Sie wälzesich die halbe Nacht hin und her, sie konnte einfach keinen Schlaffinden. Ihre Gedanken kreisten ununterbrochen um Judar. Was ist, wenndie Organisation ihn für seine Taten bestraft? Oder ihn tötet? Diejunge Prinzessin drückt ihr Gesicht in das Kissen, versucht so ihrefurchtbaren Gedanken zu unterdrücken.

Plötzlich hörte siedas leise Knarren der Tür. Jemand hat sich in ihr Zimmergeschlichen. Sofort setzte sie sich auf und sprang vom Bett. Mittenin der Tür stand eine der Gefolgsleute von Gyokuen.
„Was wolltihr?", fragte sie und tastete unbeholfen nach dem Schwert, welchessich auf einer Kommode rechts von ihr befand. Als sie es endlichgefunden hatte umklammerte sie es fest mit ihren zitternden Fingern,dabei ließ sie den Eindringling nicht aus den Augen.
Doch ohneetwas zu sagen streift sich der Unbekannte die merkwürdigeKopfbedeckung vom Kopf und enthüllte damit seine Identität.
Merissazischte und führt ihre Schwert schützend vor sich. „Ich dachtemir schon, dass du es bist.".
Goldyms Augen schauten diePrinzessin ohne jegliche Emotion an. Sein Blick ist tot.
„Duhast mich bereits bemerkt? Gyokuen versicherte mir, dass du michnicht entdecken würdest. Da hat sie doch wohl unterschätzt."
„Waswillst du?"
Goldym schaute sie für einen weiteren Momentregungslos an. Es scheint als würde er darüber nachdenken, was ereigentlich will. Schließlich formten sich seine Lippen zu einembreiten Grinsen.
„Ich wollte mich endlich mit dirvereinen!".

Plötzlich zog Goldym seine Waffe und wolltesich auf die Prinzessin stürzen, doch so weit kam er nicht. Mirandustauchte plötzlich hinter ihm auf, packte ihn an der Schulter undwarf ihn aus dem Zimmer, mitten auf den Flur.
„Du Ratte! Ichwusste du würdest irgendwann wiederkommen!", schrie Mirandus undzog sein Schwert.

Merisa folgte den beiden Männern in denFlur. Der Lärm, den sie verursachten schreckte den gesamten Palastauf.

Die beiden Männer stehen sich gegenüber. Goldymtaumelte leicht benommen von dem starken Aufprall, konnte sich abernach wenigen Augenblicken wieder fangen.
„Du hast deinePrinzessin, deinen König und schließlich auch dein Land verraten!",zischte Mirandus. Die Wut des Königs war im gesamten Kaiserreich Kouzu spüren. Die Luft bebte regelrecht. Doch Goldym ließ eskalt.
„Ich..ein Verräter?....", die ehemalige Leibgardebegann hysterisch zu Lachen. Er kippte seinen Kopf beim Lachen in denNacken und ruhte seine Hand auf der Stirn. Erst als das Lachenverstummte, suchte er wieder Blickkontakt mit dem König.
„Dubist der Verräter Mirandus. Du hast es zugelassen, dass dieser Magimeine Merisa verdirbt...", sein Gesicht ist plötzlich wiederkomplett ausdruckslos. Seine kalten Augen gleichen einer Mauer ausEis.

Mirandus wollte seine Klinge sprechen lassen, doch nochehe er zum Schlag ausholen konnte wurde er erneutunterbrochen.

„Ruhig meine Lieben...", ertönte plötzlichdie bekannte Stimme der Kaiserin. Alle Augen wanderten sofort zuGyokuen.
Die Schwarzhaarige hat ein freundliches, fast schonsanftes Lächeln aufgelegt, als sie sich neben Goldym stellt. Sielegt ihren Kopf auf seine Schulter und fährt mit ihrer Hand langsamüber den Oberkörper des Kriegers.

„Alles okay mit dir,mein lieber Goldym?", säuselte die Hexe und fährt mit der Handüber die Wange des Schwarzhaarigen. Seine Augen wirken plötzlichnoch ausdrucksloser. Als wäre er eine Marionette nickt er ihre Frageab und schleift in die Richtung aus der Gyokuen gekommen ist. „Ichwerde zurück in mein Gemach gehen. Verehrte Kaiserin.", murmelteer und verschwand schließlich aus dem Blickfeld der anderen.

Merisaund Mirandus tauschten verwirrte Blicke aus. Als könnten sie dieGedanken des jeweils anderen lesen, stecken sie ihre Waffen synchronweg und verbeugen sich vor der Kaiserin.
„Verzeiht. Wir wolltensie nicht wecken.", erklärte Mirandus während er seinenOberkörper wieder aufrichtete und der Kaiserin in ihre immernochfreundlich dreinblickenden Augen schaute. „Ich hörte meineSch-"
„Nicht doch Mirandus. Du musst doch nicht lügen. Es istschon okay.", lächelte sie wieder und ging ein paar Schritte aufden König zu.
„Ich weiß doch, dass mein lieber Goldym sich inder Nähe deiner bildhübschen Schwester nicht unter Kontrolle hat.Er ist so unfassbar in dieses kleine Ding verliebt. Es ist fast schontraurig was Liebe aus einem Menschen machen kann.".
GyokuensBlick wanderte zu Merisa, diese erwidert ihren Blick bereits mitzornigen Augen. Sie wusste genau was die Hexe ihre damit sagenwill.

„Aber aber...leg dein hübsches Gesicht doch nicht soin Falten. Das würde Judar überhaupt nicht gefallen. Schließlichbist du sein kleines, hübsches Spielzeug.".
Plötzlich stehtGyokuen direkt vor Merisa. Ihre kalte Hand umfasst das zitternde Kinnder jungen Prinzessin. Sie spürt wie sich ihre langen Nägel in ihreempfindliche Haut graben und dabei einen stechenden Schmerzhinterlassen. Gyokuen beugt sich nach vorn und flüstert etwas in dasOhr der Prinzessin, danach ließ sie sofort wieder von ihr ab.Mirandus hatte seine Hand bereits am Griff seiner Waffe. Noch eineSekunde länger und er hätte dieser Schlange den Kopfabgeschnitten.

Mit einem viel zu netten Lächelnverabschiedete sich die Kaiserin wieder und wünschte ihnen erneuteinen angenehmen Aufenthalt in Kou.
Merisa war danach soaufgebracht und durcheinander, dass Mirandus die restliche Nacht mitbei ihr im Zimmer verbrachte, um sie etwas zu beruhigen. Ehe sich,die beiden versahen, war bereits der nächste Morgen angebrochen.Keiner von ihnen hatte auch nur eine Sekunde geschlafen.

Die Prinzessin von MerisantusOnde histórias criam vida. Descubra agora