47|Weckruf

5.1K 279 57
                                    

Jake

Bevor ich überhaupt richtig wach bin, tut mein Körper schon weh. Womöglich bin ich sogar aufgrund der Schmerzen wach geworden, was durchaus möglich sein kann, denn ich fühle mich, als hätte jemand mehrmals zugestochen und mich aufgeschnitten.
Wann habe ich mich denn überhaupt schlafen gelegt? Daran kann ich mich nicht erinnern. Und warum ist mein Bett so hart und ungemütlich?
Es fällt mir schwer die Augen zu öffnen, doch als ich es getan habe, weiß ich auch, warum ich mich fühle, als hätte ich auf dem Boden geschlafen.
Denn das habe ich auch.
Wie ein Häufchen Elend liege ich seitlich auf meinem Schlafzimmerboden und sehe auf mein Bett hoch.
Regungslos bleibe ich liegen und blinzle gegen die Helligkeit im Zimmer an, während mein Kopf zu zerplatzen droht. Meine Arme und Beine tun ebenfalls weh, doch den heftigsten Schmerz spüre ich im Gesicht. Vorsichtig taste ich meine Wange und mein Kinn ab, was ich aber sofort bereue, denn es tut unfassbar weh, dass ich zischend den Atem anhalte und meine Hand wieder zurückziehe.

Ganz vorsichtig setze ich mich auf und halte mir den Kopf, weil sich alles dreht. Es wird nur noch schneller und als ich stehe, kann ich kaum noch auf den Beinen bleiben, weil ich mich fühle, als würde mir der Boden unter den Füßen genommen werden.
Sofort laufe ich in mein Badezimmer und falle vors Klo, um mich zu übergeben. Weil ich aber nichts gegessen habe, kommt kaum etwas hervor, dass ich nur unnötig würge und mir bald auch der Magen als auch der Hals schmerzt.
Klasse. Fehlt nur noch, dass mein Schwanz mir wehtut und mein ganzer Körper ist offiziell im Eimer.
Irgendwann finde ich die Kraft wieder aufzustehen und halte mich am Waschbecken fest, während ich in den Spiegel sehe.
Verdammt. Meine rechte Wange ist angeschwollen und bläulich verfärbt.
Warum nochmal?
Ach ja, richtig. Jetzt fällt es mir wieder ein, auch, wenn es abgehakte Filmrisse sind.
Hunter hat das getan. Weil ich seine Mom eine verantwortungslose Schlampe genannt habe.
„Scheiße.", fluche ich leise und mit kratziger Stimme, was mir auch noch im Hals wehtut. All dieser Schmerz geht mir langsam gegen den Strich. Mit zittriger Hand öffne ich den Wasserhahn und wasche mit mit kaltem Wasser das Gesicht.

Ich fühle mich total ausgelaugt, aber trotz dieses ekelhaften Katers, habe ich nicht das Gefühl betäubt zu sein. Trotz der Schmerzen fühle ich mich... wach.
Hunters fester Schlag war vielleicht ganz gut. Ein Weckruf.
Es braucht mehrere Anläufe bis ich es schaffe mir eine neue Jeans und ein Shirt anzuziehen, bevor ich nach unten gehe.
In der Küche stoße ich auch sofort auf den Künstler meines dicken Gesichts, was ganz gut ist, denn die Konfrontation muss schnell folgen. Ich hasse es, wenn meine Freunde wütend auf mich sind und nach gestern ist er sicher mehr als nur wütend auf mich.
Er hat mir den Rücken zugedreht und betätigt die Kaffeemaschine, was ich an dem Surren ausmache, das die Maschine immer macht, bevor es den Kaffee braut.
Scheiße, wie mache ich das?
Hunter ist unglaublich sensibel auf seine Familie zu sprechen und ich weiß, was er alles wegen ihnen durchmachen musste. Genau wie er gestern gesagt hatte.
Ich könnte mir gleich selbst eine reinhauen, wenn ich nur daran denke, was meine Worte bei ihm verursacht haben könnten.

Hunter dreht sich mit der Tasse um und bleibt sofort stehen, als er mich ansieht.
„Guten Morgen.", sage ich zögerlich und er brummt als Antwort. Ich sehe ihm dabei zu, wie er zum Toaster geht und sich ein Käsesandwich herausnimmt, bevor er sich damit auf einen der drei Barhocker setzt. Statt zu essen sieht er mich abwartend an und ich räuspere mich gleich zwei Mal. Okay, dann mal los.
„Bist du nüchtern?", fragt er vorerst und schaut mich kritisierend an. Beschämt schaue ich an die Seite und nicke gebunden.
„Ja.", murmle ich und hole tief Luft, bevor ich meine nächsten Worte ausspreche,„Was ich gestern gesagt habe, tut mir leid. Ich war ein totales Arschloch."
„Das stimmt." Er zieht herausfordernd eine Braue hoch und ich beiße mir auf die Unterlippe. Gut, das habe ich auch verdient.

„Entschuldige. Ich war... Ich war nicht ich selbst gewesen.", füge ich hinzu und verfalle in Schweigen, denn mehr kann ich nicht sagen, außer, dass es mir leid tut.
Zum Glück ist Hunter keine besonders nachtragende Person und steht auf. Er geht zum Gefrierschrank und wirft mir ein Kühlpack zu, das ich auffange.
„Schon gut, Mann. Du hast ja auch nicht ganz unrecht.", seufzt er und ich will ansetzen, um zu widersprechen, doch er schüttelt nur den Kopf und ich schließe den Mund wieder.
„Ich werde mich aber trotzdem nicht für den Schlag entschuldigen. Den hast du verdient." Er deutet auf mein Gesicht, während er zurück zu seinem Sandwich geht. „Kühl das."
Mit einem leisen Danke lege ich das Kühlpack an meine Wange und Kinn, bevor ich mich neben ihn setze.

GAME PLANWo Geschichten leben. Entdecke jetzt