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Ich bin so durch den Wind, dass ich einfach wieder durch den Park laufe und nicht auf den Weg achte. Deshalb bin ich umso erschrockener, als ich plötzlich meinen Namen höre. Weil ich immer noch befürchte, John könnte den Kuss von vorhin wiederholen, mache ich einen Satz zur Seite, als ich plötzlich von nahem angesprochen werde. Jannis steht vor mir und ich atme erleichtert auf.

„Hey ist alles in Ordnung mit dir? Lia? Alles gut?", Jannis redet ununterbrochen auf mich ein und sieht mich jetzt besorgt an, ich brauche aber noch ein paar Sekunden um seinen Worten zu folgen. „Lia?" Seine Hand berührt jetzt vorsichtig meine und umschließt sie. Als ich die Wärme seiner Haut fühlen kann, komme ich zu mir. „Mir geht's gut... glaube ich jedenfalls...", antworte ich nur leise. „Was ist passiert? War das Date so schlimm oder ist er dir zu Nahe getreten? Geht dir wirklich gut? Du bist total durcheinander!", Jannis drückt meine Hand und neigt sich leicht auf meine Größe herunter, um besser mir in die Augen sehen zu können. „Ich... ähm...", meine Fingerspitzen berühren unbewusst meine Lippen, ehe ich sie dort wegziehe und den Kopf schüttele. „Komm erstmal mit und setz dich", Jannis zieht mich, wie auch schon beim letzten Mal, auf eine Bank in der Nähe, lässt dabei aber meine Hand nicht los. Auch nicht, als wir beide sitzen. Nach ein paar Sekunden fällt die Anspannung etwas von mir ab und ich atme tief durch. Jannis merkt, dass ich mich beruhige und fängt noch einmal an: „Willst du mir erzählen warum du so durch den Wind bist? Du musst natürlich nicht, ich meine immerhin bin ich absolut fremder Kerl, der dich einmal umgehauen hat, vor dem du dann quasi abgehauen bist und beim zweiten Mal hab ich dich fast abgeschossen und einfach angequatscht, obwohl du wahrscheinlich gar keine Lust auf mich hattest, aber... Ich... ich mag dich irgendwie...", bei diesen Wort wird er komplett rot im Gesicht und fasst sich unsicher in den Nacken. Er sieht unglaublich süß aus, wie er da so peinlich berührt neben mir sitzt, dabei meine Hand aber nicht eine Sekunde lang los lässt. „Jedenfalls wenn ich jemanden mag, dann... dann mach ich mir immer Sorgen um diejenigen. Du kannst gern meine Freunde fragen, die treibe ich damit regelmäßig in den Wahnsinn...", er lacht unsicher und sieht mich dann unglaublich treuherzig an, was ihn für mich gerade noch liebenswürdiger macht. Und das ist vollkommen untypisch für mich. Ich mag ihn. Aus irgendeinem mir unerklärlichen Grund, mag ich ihn. Er ist wirklich gar nicht mein Typ, aber dann irgendwie doch wieder. Er hat eine Art an sich, die alles leichter macht, die mich leichter macht und die die unzufriedenen Gedanken beruhigt. Wenn er da ist, bin ich einfach nur ich und nicht... nicht wie sonst. Trotzdem sollte ich jetzt nach Hause gehen. John spukt mir immer noch im Kopf herum und ich will Jannis nicht... vor den Kopf stoßen, wie ich es sonst immer tue. Das hätte er nicht verdient.

„Mir geht's...", ich will ihn beruhigen und dann gehen, aber etwas hält mich doch hier, „...Ich hab keine Ahnung, Jannis... Das Date war... furchtbar und ich... ich...", die ganze Situation mit John vorhin und jetzt der Kontrast zu Jannis, dass... sorgt dafür, dass ich nicht weiß was ich jetzt machen oder fühlen soll. Es ist alles durcheinander. „Schon in Ordnung... du musst mich nicht erzählen was passiert ist, aber... ich kann dich auch nicht mit gutem Gewissen so nach Hause gehen lassen... Du bist komplett durcheinander, nicht dass du so noch vor ein Auto läufst..." „Und was soll ich deiner Meinung dann machen?", frage ich ihn einfach frei raus. Einen Moment denkt Jannis nach, bevor er breit grinst und dann aufspringt: „Du bleibst am besten hier sitzen und genießt die Ruhe und Sonne vom Park und ich hole dir ein Eis. Eis hilft nämlich, ähnlich wie Schokolade, bei fast allem. Also bleib einfach sitzen, zieh zu, dass dich keiner von den Füßen haut oder ungefragt anspricht und ich bin gleich zurück."

Noch bevor ich etwas sagen kann, springt Jannis schon davon. Er kommt aber nicht weit, weil er von einer kleinen blonden Frau aufgehalten wird, die ihn verwirrt ansieht. Sie hat schulterlange blonde Haare und kommt mir von unserer letzten Begegnung schon bekannt vor. Sie war eine von den zwei Personen die, nach dem Zusammenstoß mit Jannis, mit mir gesprochen haben. Die beiden wirken vertraut und bei diesem Gedanken fällt mir wieder Braunhaarige ein, die an diesem Tag so eng bei Jannis stand. Ist eine von den beiden vielleicht Jannis Freundin? Aber dann hätte er mich ja nicht nach meiner Nummer gefragt, oder? Und wieso mache ich mir überhaupt Gedanken darüber ob der Typ eine Freundin hat? Das kann mir doch eigentlich total egal sein. Denn ich will keinen Mann. Nicht bei der Baustelle, die mein Leben gerade ist. Aber vielleicht sollte ich mir jetzt darum nicht auch noch Gedanken machen. John reicht da gerade schon aus. Und so wie ich den Kontakt, den er zu meiner Schwester hat, einschätzen kann, darf ich mich heute noch auf ein Donnerwetter einstellen. Sie wird mich nicht mal zu Wort kommen lassen, so viel ist jetzt schon sicher. Nila ist da einfach schwierig. Sie wollte mich schon immer beschützen und in die richtige Richtung lenken. Dabei war das ihre Richtung und nicht unbedingt meine. Wir waren einfach zu verschieden. Nila war Status und Ansehen unglaublich wichtig. Ich dagegen wollte nur glücklich und zufrieden mit mir und meinem Leben sein. Egal ob da jetzt viel Geld dahinter stand oder nicht. Glücklich sein... das war wichtig...

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