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Der Abend bei Cara und Julian ist mir sehr lange im Kopf herum gespukt. Die Beziehungen dieser Menschen zu einander, ihre aufrichtig gemeinte Hilfe, Charlies Panikattacke und vor allem Jannis, der ungeahnte Gefühle in mir ausgelöst hat, gingen mir die ganze darauffolgende Woche nicht mehr aus dem Sinn.

Nachdem Marius Charlie beruhigen konnte, kamen beide wieder zur uns nach draußen. Charlie wollte gerade zu einer Entschuldigung in meine Richtung ansetzen, aber ich schüttelte vorher nur mit dem Kopf. Für so etwas sollte sich niemand entschuldigen. Ich wusste zwar immer noch nicht genau was vorgefallen war, aber das musste ich auch nicht. Immerhin wussten sie ja auch nicht alles von mir. Eine Tatsache, die sich ändern würde, wenn wir öfter etwas zusammen machen würden. Allein, dass ich auf die Idee kam, öfter etwas mit ihnen machen zu wollen, war vollkommen untypisch für mich. Aber sobald ich dann wieder an den Ende des Abends und somit an Jannis denken musste, konnte ich nicht mehr anders.

Wir waren erst gegangen als es schon längst dunkel  geworden war. Jannis hatte meine Hand die restliche Zeit nicht mehr losgelassen und seinen Daumen immer wieder vorsichtig auf meiner Haut bewegt. Er war furchtbar unsicher, ob er mir damit zu nahe treten würde, daher hatte er erst einen und dann einen weiteren vorsichtigen Versuch gestartet und mich dabei aus den Augenwinkeln beobachtet. Als ich nichts dagegen unternommen hatte, sondern einfach dort sitzen geblieben war, hatte er sich merklich entspannt und dann damit einfach weitergemacht. Es war ein unglaubliches Gefühl und ich fragte mich immer wieder wie er es schaffte das bei mir auszulösen. Und das ganz ohne viel Tamtam. Jannis war einfach er selbst, ein Sonnenschein, positiv ohne Ende und ein absoluter Familienmensch. Und damit war er das komplette Gegenteil von mir. Etwas was mir jetzt im Nachhinein wirklich Sorgen machte. Ich mochte Jannis wirklich unglaublich gerne. Ohne dass ich es gewollt oder überhaupt mitbekommen hatte, hatte es der gebürtige Bremer geschafft sich in mein Herz zu schleichen. Aber wirklich auf ihn einlassen konnte ich mich aktuell genau deshalb nicht.

Er hatte mich nach Hause gefahren und mich sogar noch zu meiner Wohnungstür gebracht. Dort haben wir uns noch sehr lange über den Abend unterhalten. Jannis wollte glaube ich heraus finden, ob ich nochmal mit kommen würde und das würde ich tatsächlich sehr gerne. Erst recht, nachdem er mir einen wirklich süßen Kuss zum Abschied auf die Wange gedrückt und dabei wieder einen ziemlich roten Kopf bekommen hatte.

Die ganze Woche haben wir geschrieben und ich kann nicht abstreiten, dass ich ihn wirklich, wirklich mag. Trotzdem hingen mir die Dates mit John und der Streit mit Nila noch ziemlich nach. Deshalb... Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als klingelt. Ohne durch den Spion zu schauen, reiße ich daher einfach die Tür auf und starre dann ziemlich perplex auf meine Schwester. Mit einem, „Hallo Lia", drückt sie die Tür auf und ist sofort danach in meiner Wohnung verschwunden. Total verwirrt schaue ich immer noch auf die Stelle, an der sie gerade gestanden hat, bevor ich ein leises, „Hallo Nila. Natürlich kannst du rein kommen, überhaupt kein Problem", vor mich hin murmele und dann die Tür schließe.

„Da du ja nicht an dein blödes Telefon gehst, wenn ich anrufe, musste ich jetzt wohl oder übel selbst vorbei kommen. Etwas für das ich eigentlich überhaupt keine Zeit habe", Nila stemmt ihre Hände in die Seiten und sieht mich mit strengem Blick an. Ich kann nicht anders als die Augen zu verdrehen, was natürlich wie immer nicht dazu beiträgt, dass Nila runter kommt. „Du brauchst überhaupt nicht die Augen zu verdrehen. Bei dir muss man immer davon ausgehen, dass du die nächste Dummheit gemacht und jetzt vielleicht sogar deinen Job geschmissen hast!" „Was soll das denn heißen? Die nächste Dummheit? Ich weiß gerade nicht genau was ich machen will, hab aber die Möglichkeit mir einen Job anzuschauen und herauszufinden, ob das eine Richtung ist in die ich gehen will. Ich orientiere mich gerade einfach, was ist denn daran so schlimm?", wütend sehe ich meine Schwester an.

UnexpectedTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon