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Das Essen ist längst kalt geworden, aber das ist Jannis und auch mir ziemlich egal. Wir beide liegen halb auf dem Sofa und mein Kopf ruht immer noch auf seiner Brust. Jannis hält mich einfach nur fest und ich fühle mich... wohl. Ich glaube das ist das richtige Wort dafür. Sanft fährt er mit einer Hand meinem Arm auf und ab, ohne dabei zu aufdringlich zu sein.

Jedenfalls fühlt es sich für mich so an. Seitdem mich Jannis aufs Sofa gezogen hat, hat niemand von uns mehr etwas gesagt, aber das ändert sich jetzt, denn ich kann fühlen, dass Jannis Luft holt.

„Weißt du... manchmal... auch wenn man damit rechnen muss, dass einen die Leute nicht ernst nehmen... da muss man einfach mal alles loswerden. Es raus lassen! Schreien, rennen, weinen oder sonst etwas tun, um Dampf abzulassen. Und dann sollte man mit jemandem darüber reden... Aber vielleicht sollte ich dir vorher etwas über mich erzählen? Es klang vorhin bei dir so, als wäre mein Leben perfekt... Das ist aber nicht so. Jeder von uns hat sein Päckchen zu tragen, da bin ich keine Ausnahme. Ich bin zum Beispiel der Außenseiter in meiner Familie. Mein großer Bruder ist Fußballprofi und mein kleiner auf direktem Weg dahin. Beide sind total sportlich unterwegs, genau wie mein Papa. Ich aber... bin der Fotograf und somit irgendwie oft außen vor. Das ist grundsätzlich nicht schlimm, aber es gab eine Zeit, da hab ich wirklich mit mir gehadert. Ich hab mir die Frage gestellt, ob etwas mit mir nicht stimmt, einfach weil alle so auf Sport gepolt sind. Aber meine Familie hat mich immer unterstützt. Julian tut es heute noch, indem er meine Miete und mein Auto bezahlt. Auch wenn ich das nicht möchte, es macht ihn irgendwie glücklich und das wiederum macht mich glücklich. Was ich damit sagen möchte... es ist egal wie unterschiedlich wir alle sind. Welchen Weg wir gehen, solange wir uns dabei unterstützen und uns Mut machen. Wenn das deine Familie nicht tut, dann tut mir das sehr leid, aber... Dafür gibt es sowas wie Freunde, weißt du... Und ich würde dir sehr gerne dabei helfen. Meine Schwägerin arbeitet im Personalwesen und kann dir bestimmt helfen die richtige Richtung zu finden was dein Studium angeht. Was die Wohnung betrifft könnte ich dir anbieten, dass du hier übergangsweise einziehst... Ich weiß, das klingt creepy, gerade weil wir uns noch nicht lange und auch nicht wirklich kennen, aber... Ich hab hier eine Zeit lang mit Charlie gewohnt, bevor sie mit Marius zusammen gezogen ist... ursprünglich war das hier auch ihre Wohnung, daher... bin ich glaube ich WG tauglich, auch wenn Charlie mich als nervigste Person unter der Sonne bezeichnet hat... Und wenn du das nicht willst, dann kann ich dir bei der Suche helfen. Meine Letzte war zwar nicht wirklich erfolgreich, aber eigentlich wollte ich auch lieber hier bei Charlie bleiben als auszuziehen. Ich wollte nach der Trennung von meiner damaligen Freundin... einfach nicht alleine sein. Kann sein, dass mich das minimal beeinflusst hat", am Ende lacht er leise auf und ich muss schmunzeln, sehe ihn dabei von unten heraus an. „Ich möchte dich unterstützen, wieder zufrieden mit dir selbst sein zu können. Und auch wenn wir uns noch nicht wirklich kennen... können wir dein Zukunfts- und Wohnungsproblem damit vorerst lösen. Mit deiner Schwester kann ich leider nicht sprechen, aber... Wenn dir dieser Kerl nochmal zu nahe kommt, dann sag Bescheid. Das... ich... Das wird dann das letzte Mal sein, hörst du?"

Ich nicke einfach nur und murmele ein leises „Danke" in seine Richtung. Einen Moment ist es still, bevor ich mir Jannis Worte nochmal durch den Kopf gehen lasse: „Dein Bruder ist Fußballprofi? Wie ist das so? Ich hab nämlich keine Ahnung von Fußball." Jannis überlegt er seinen Moment, dreht sich dann leicht seitlich, dass er mich besser anschauen kann, bevor er mir antwortet: „Klar ist es cool und es hat mir auch schon die ein oder andere Tür geöffnet, aber... man lernt eben auch schnell, dass die Leute einen nicht unbedingt wegen einem selbst mögen, sondern wegen meinem Bruder. Das... war nicht immer einfach, aber... wir haben sehr viele Freunde, die uns schon seit unserer Kindheit begleiten und bei denen weiß ich, dass sie uns mögen, weil sie das wirklich tun und nicht weil Julian viel Geld hat." „Woher weißt du, dass ich nicht darauf aus bin?", frage ich einfach drauf los, was Jannis dazu bringt kurz inne zu halten. „Du hast dich freiwillig von mir umrennen lassen und mich dann mit deiner charmanten Art um den Finger gewickelt?", er grinst breit und ich kann nicht anders als zu lachen, „Nein mal im Ernst, Lia. Du hast nicht den Eindruck gemacht, als wärst du scharf darauf Zeit mit mir zu verbringen. Ich war mehr als überrascht, als du dich dann gemeldet hast und... Ich sag es mal so: Du hast Charlie jede Menge Geheule von mir erspart. Der bin ich nämlich die letzten Wochen damit dauernd auf den Wecker gegangen. Selbst im Urlaub. Sie hat mich sogar vom Boot geschubst... und niemand hat mir geholfen... sie haben alle nur gelacht", er schiebt die Unterlippe vor und macht ein schmollendes Gesicht. „Armes Jannilein", meine Babystimme lässt den Blonden wieder leicht Grinsen, bevor er einen ernsten Gesichtsausdruck bekommt.

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