Kapitel 39

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POV Thomas:
Irgendwann sind wir Arm in Arm eingeschlafen. Als ich munter werde, schaue ich überrascht auf die Uhr. Mist, es ist schon halb 6. Eigentlich wollte ich ja gar nicht hier schlafen. Ich muss so schnell wie möglich nach Hause, bevor Hannes etwas bemerkt. Vorsichtig versuche ich mich unter Steff, die halb auf mir drauf liegt, raus zu schlängeln und hoffe, dass ich sie dabei nicht wecke. Ich gebe ihr noch einen sanften Kuss auf den Scheitel und sammle meine Klamotten vom Boden auf. Gerade als ich mich zur Türe schleiche, höre ich ein leises Murmeln „Thomas...wo willst du denn hin?" Ich geh noch mal schnell zu ihr zurück. „Schlaf weiter, Kleines! Ich muss nach Hause, bevor Hannes etwas bemerkt. Wir sehen uns im Studio." Als Antwort bekomme ich nur ein unwilliges Brummen, doch sie greift nach meinem Kopf und zieht mich für einen kurzen Kuss zu sich. „Bis später" nuschelt sie und ist auch schon wieder eingeschlafen, bevor ich noch bei der Tür draußen bin. Bei mir in der Wohnung ist noch alles ruhig. Hätte mich auch gewundert, um kurz vor sechs. Ganz leise schleiche ich mich in mein Zimmer und hoffe, dass Hannes mein Fehlen nicht bemerkt hat. Ich schlafe tatsächlich noch mal ein und werde zwei Stunden später von einem Klopfen an meiner Tür geweckt.

„Thomas, wenn du hier bist, dann solltest du bald mal aufstehen, es ist schon Acht" höre ich Hannes Stimme. „Danke Bruder, bin gleich soweit" rufe ich. Dann stehe ich auf und mach mich auf den Weg in die Küche. „Guten Morgen" sage ich, als ich rein gehe. Hannes hält mir eine Tasse Kaffee entgegen. Ich nehme sie dankend und setz mich an unseren kleinen Küchentisch. Hannes sieht mich irgendwie seltsam an. Nach einer Weile sagt er „Ich dachte, du wärst gar nicht hier. Hab gestern Abend noch zwei Mal an deiner Tür geklopft, aber es kam keine Reaktion." So was Blödes! Ich brauch schnell eine Ausrede. „Ach...keine Ahnung. Ich war gestern irgendwie so fertig, dass ich gleich eingepennt bin" versuche ich zu erklären. Ich hab ein richtig schlechtes Gewissen, weil ich Hannes anlüge. Die ganze Situation ist jetzt schon viel komplizierter, als ich mir das vorgestellt habe. Seine Beziehung zu verheimlichen und gleichzeitig mit seinem Bruder zusammen zu wohnen, ist eindeutig keine gute Kombi. Aber Hannes lässt das jetzt erstmal so stehen und wechselt das Thema. Eine Stunde später machen wir uns auf den Weg ins Studio. Steff und ich müssen heute wirklich vorsichtig sein. Als wir beim Studio ankommen, ist Steff schon da und quatscht mit Bernd. Wie gut, dass Steff uns alle zur Begrüßung immer umarmt, so kann ich ihr wenigstens einen Moment unauffällig nahe sein. Der kurze intensive Blick nach unserer Umarmung ist den anderen hoffentlich unbemerkt geblieben. Ein paar Minuten später ist auch Nowi da und wir können starten.

Steff und ich gehen uns heute wirklich aus dem Weg. Wenn wir im selben Raum sind, sehen wir uns kaum an und wir reden auch nicht viel miteinander. Zumindest reden wir nur über Dinge, die die Songs betreffen. Die heutigen Aufnahmen klappen recht gut. Bereits um 17.00 Uhr beenden wir den Aufnahmetag. Nowi und Steff verabschieden sich schon. Stefanie wirft mir, bevor sie geht, noch einen kurzen fragenden Blick zu. Ich nehme daraufhin mein Handy in die Hand und tu so, als würde ich etwas tippen. Ein weiterer Blick zu ihr signalisiert mir, dass sie meinen Hinweis, dass ich mich später melde, verstanden hat. Als die zwei weg sind, höre ich mir mit Hannes und Bernd noch schnell zwei Teile an, bei denen wir uns vorhin noch nicht sicher waren, welchen wir davon nehmen sollen. Wir entscheiden uns schließlich für einen davon und brechen dann auch auf. Bei der Tür hält mich Bernd kurz zurück. „Du, ist zwischen Steff und dir alles in Ordnung? Ihr ward heute so seltsam. Sonst lacht ihr die ganze Zeit miteinander, aber heute war die Stimmung so, als würdet ihr euch streiten." Ich sehe Bernd verwundert an. Es kommt mir vor, als wären wir immer auffällig, egal wie wir uns verhalten. „Findest du?" stelle ich mich blöd „Eigentlich ist alles in Ordnung zwischen uns. Wahrscheinlich waren wir nur zu sehr auf die Aufnahmen fokussiert." „Na dann ist gut" meint Bernd. Wie gut, dass Hannes schon voraus gegangen ist und das jetzt nicht gehört hat. Als Hannes und ich im Auto sitzen, fragt er mich, ob ich Lust hätte, noch was trinken zu gehen. Eigentlich nicht, ich will ja zu Stefanie. Aber mir fällt absolut keine gute Begründung ein, wieso wir das nicht machen können. Also stimme ich zu. Auf dem Weg zur Bar tippe ich noch schnell eine SMS an Steff in mein Handy. >> Sorry, bin noch mit Hannes unterwegs. Melde mich später << Ich schreibe absichtlich nichts dazu, was darauf hindeuten könnte, dass wir uns näher stehen, als alle denken. Wer weiß, wer möglicherweise eines unserer Handys in die Hand bekommt und das lesen könnte. Mir fällt gar nicht auf, dass ich ständig aufs Handy gucke, ob eine Antwort von Steff kommt.

Es wird mir erst bewusst, als Hannes fragt „Hab ich dich heute von irgendetwas abgehalten, weil du ständig auf dein Handy siehst?" Ich merke, dass ich leicht rot werde. Hoffentlich bemerkt er das im gedämmten Licht der Bar nicht. „Nein, nein" sage ich schnell „Ich hab vorhin nur eine Nachricht beantwortet und nachgesehen, ob da noch was kommt. Aber anscheinend dürfte das erledigt sein." Und schon wieder hab ich meinen Bruder angelogen. Das schlechte Gewissen frisst mich immer mehr auf. Und Steff antwortet mir auch nicht. Hoffentlich ist sie nicht beleidigt. Wie kann einem nur so viel durch den Kopf gehen. Um meine Gedanken irgendwie zum Schweigen zu bringen, trinke ich um einiges mehr, als ich beabsichtigt habe. Irgendwann sagt Hannes „Du, jetzt reicht es aber, glaub ich. Gib mir den Autoschlüssel, ich fahr uns nach Hause. Du darfst nach der Menge an Alkohol sowieso nicht mehr fahren." Folgsam gebe ich ihm den Schlüssel und lass mich von ihm nach Hause fahren. Dort falle ich in mein Bett und bin auch sofort eingeschlafen. Als ich am nächsten Morgen munter werde, brummt mein Schädel. Unter einer heißen Dusche, versuche ich mich richtig wach und meinen leichten Kater von gestern weg zu bekommen, aber so richtig will das nicht funktionieren. Wieso musste ich auch so viel trinken...Scheiße! Stefanie! Ich wollte mich ja bei ihr melden. Mist, die wird sicher sauer sein. Schnell steige ich aus der Dusche raus, trockne mich ab und suche mein Handy. Auch das noch...der Akku ist leer. Ich kann ihr jetzt nicht einmal was schreiben. Leise stöhne ich auf. Ich stecke das Handy zwar sofort an, doch die fünf Minuten, die wir noch zuhause sind, reichen nicht aus, um das Handy zum Laufen zu bringen. Verzweifelt stecke ich das immer noch tote Handy und das Ladegerät ein und setze mich neben Hannes ins Auto. Als wir kurz darauf beim Studio ankommen, sind Nowi und Steff schon da. Ich muss Stefanie das Ganze so schnell wie möglich erklären. Aber wie mache ich das bloß, neben den anderen? Doch ich bekomme gar keine Gelegenheit dazu, denn das Einzige, was ich von Steff ernte, bevor sie sich umdreht und im Haus verschwindet, ist ein eisiger Blick.

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