Ein doppeltes "Klong" für Crow

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Kapitel 3

Sugar

Der Bastard war schwerer als in meinen Erinnerungen. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass ich meine ganze Kraft beim Graben benötigt habe und es mir nun einfach schwerer fiel, meinen Stiefvater auf einer Plastiktüte durch die Wüste Nevadas zu schleifen.

Ich war fast froh über die relativ kalte Brise, die um diese Zeit über der Wüste lag, auch wenn ich Sand auf meinen Lippen schmeckte und meine Muskeln sich wie Wackelpudding anfühlten. Zudem ärgerte ich mich, dass ich das Ding mit dem Grab ausheben unterschätzt hatte und nicht tief genug gekommen war, um mein Stief-Schwein tatsächlich für immer Verschwinden zu lassen. Einige Kojoten würden ihn sicherlich ausgraben und seine Überreste hier überall verteilen, aber das war mir egal. Ich liebte Chaos. Falls sich tatsächlich ein paar Bullen hier her verirrten, würden ich und Pearl längst verschwunden sein.

Mit letzter Kraft zog ich seinen Körper über den festen und auch sehr steinigen Wüstenboden, der so mit Wurzel durchsetzt war, dass ich schon beim Graben wie ein Seemann geflucht hatte. Warum konnten Wüsten nicht so sein, wie man sie immer in Filmen und Fernsehen sah? Mit leichtem Treibsand und losen Boden? Und vor allem nicht so laut und staubig.

Wer hätte gedacht, dass eine Wüste so laut sein konnte? Ja, okay, ich war in Las Vegas geboren und aufgewachsen, da könnte man davon ausgehen, dass ich die Wüste in Nevada kannte. Aber falsch gedacht! Ausflüge in die Wüste, die Touristen Hotspots und andere Attraktionen hatten nie zu meinem Leben gehört. Ich hatte auch nie ein Casino betreten, also war es kaum überraschend, dass ich keine Ahnung hatte, worauf ich mich hier gerade eingelassen hatte, aber das war in Ordnung. Es war nur ein Mal. Ich würde diese verfluchte Stadt nie wieder sehen. In ein paar Stunden würde ich mit Pearl Richtung Ostküste aufbrechen und dort ein neues Leben beginnen.

Zumindest dachte ich das, bis zu dem Moment in dem ich das Loch erreichte und sich bereits zwei Leichen darin befanden.

„Was für eine Scheiße?", hauchte ich leicht und starrte mit offenem Mund in das viel zu flache Loch, das ich für meinen Stiefvater ausgehoben hatte.

Die zwei toten Körper füllten es bereits zur Gänze aus und ich blinzelte verwirrt, um sicherzugehen, dass ich nicht träumte. Dann erst verstand ich, was verflucht nochmal hier gerade passiert war.

Ich hatte ein Grab ausgehoben, war ein paar Minuten weg gewesen und dann...war jemand gekommen und hatte andere Leichen in das Grab gelegt.

„Was für eine kranke Scheiße!", fauchte ich und sah mich erschrocken um. Leicht von der Panik verfallen ich könnte noch immer beobachtet werden, aber der Schein meiner mickrigen Taschenlampe war nicht stark genug um in der Finsternis etwas auszumachen, dass...

Moment.

Da hinten war eine Gestalt. Männlich, wenn ich die Größe richtig einschätzte, breite Schultern und definitiv dazu in der Lage, zwei tote Körper mit sich herumzuschleppen, wo mir bereits bei einer das Herz fast platzte.

Er hatte gesehen, dass ich hier war und dass ich etwas vergrub. Eine weitere Welle der Panik ergriff mich, als ich verstand, dass er ein Zeuge war. Was sollte ich jetzt machen? Klar, er hatte definitiv selbst Dreck am Stecken, aber das bedeutete auch, dass er einen Deal bei den Bullen aushandeln könnte, um mich an Messer zu liefern. Ich hatte genug Law & Order gesehen um zu wissen, das die Bullen sich gerne auf sowas einließen. Strafmilderung für einen, um einen zweiten ans Messer zu bekommen. In Nevada gab es die Todesstrafe verfickte Scheiße!

Ich zögerte. Dachte dann aber an meine Schwester und beschloss, dass ein Toter mehr oder weniger, kein Unterschied machen würde. Der Teufel wusste, dass ich keine Skrupel hatte mich mit einem weiteren Mord aus der Affäre zu ziehen und wenn ich schnell genug war und ihm einmal mit der Schaufel kräftig eins über den Schädel geben würde, wäre es schon erledigt.

Während ich noch über das Für und Wider nachdachte, war mein Körper schneller als mein Verstand. Ich griff nach der Schaufel, hielt meine Taschenlampe auf den Boden gerichtet, um ihn durch den hellen Strahl nicht aus Versehen vorzuwarnen und rannte so leichtfüßig, wie ich konnte auf ihr zu. Ich war in der Highschool, bevor ich diese geschmissen hatte, eine Cheerleaderin gewesen! Ich war schnell! Ich konnte das! Ich musste das tun! Für Pearl! Für mich!

Als er anhielt und sichtlich lauschte, hielt nicht an, ich konnte das Überraschungsmoment nicht einfach aufgeben! Der Kerl war riesig, wenn ich ihn treffen wollte, dann durfte ich nicht zögern und musste jetzt zuschlagen!

Gesagt. Getan.

Ich holte mit der schweren Schaufel aus, spürte aber schon beim Ausholen, dass meine Muskeln nach dem Graben nicht mehr die Kraft haben würden, um ihn niederzustrecken und zu meinem Pech, landete das Metallblatt der Schaufel, nicht nur nicht kräftig genug auf seinen Kopf, sondern, es traf lediglich seine Schulter, weil das Arschloch sich genau dann umdrehte. Fuck.

Obwohl ich genau sehen konnte, dass eine Welle des Schmerzes über ihn in wegfegte, nahmen mich seine tiefen blauen Augen gefangen und ich wusste sofort, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Nochmal: Fuck.

Ich ließ die Schaufel auf den Boden fallen und begann zu rennen, wie noch nie zuvor in meinen Leben. Wie ein beschissenes Kaninchen, das einen Kojoten mit seinen Löfeln ein verpasst hatte. Ich hätte ihn nicht angreifen sollen! Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich hatte Wochen gebraucht um einen Mord zu planen und hatte schon Schwierigkeiten eine Leiche zu entsorgen. Aber er. Der Kerl hatte zwei Typen umgebracht und sie so klamm und heimlich abgeladen, dass es definitiv an Selbstmord grenzte sich mit ihm anzulegen.

Das war dumm gewesen. Dumm. Dumm. Dumm!

Ich hatte keinen Bock zu....

„Ahhhhhhh!"

Ich stürzte vornüber und ein riesiger Körper landete auf mir, als dieser Mistkerl mich von hinten erwischte. Die Luft wurde aus meinen Lungen gedrückt und als ich halbwegs wieder klar denken konnte, krallte ich meine Fingernägel in den Boden um mich von ihm fortzuziehen...

Gott, ich spürte jetzt bereits wie der verdammte Wüstensand in jede Ritze meines Körpers kroch. Wirklich. Jede. Ritze. Das war mehr als unangenehm, noch viel unangenehmer als diesen Kerl auf sich zu haben. Wie hatte sich ein solches Tier überhaupt so schnell bewegen können? Ich war schnell und lange Beine konnten weiß Gott nicht alles ausgleichen, allerdings war ich auch erschöpft und sicherlich nicht so schnell von Fleck gekommen, wie ich gewollte hatte.

Ich versuchte mich weiter wegzuziehen, konnte es aber nicht und als er mich auf den Rücken drehte und ich von den Flucht-, in Kampfmodus wechselte, hörte ich wieder ein Knurren, das mir durch Mark und Bein ging. Ich riss ihn meine langen Fingernägel durch das Gesicht, doch er ließ sich von den paar zugefügten Kratzer nicht aufhalten und hatte sogar den Nerv zu grinsen, bis ich ihm die Metall-verstärkten Kuppen meiner Gummistiefel zwischen die Beine rammte. Leider nicht hoch genug um seine Kinderplanung ein für alle male zu beenden. Sondern es traf nur seine Oberschenkel, aber es reichte, um mein anderes Bein zu befreien, die Sohle auf seine Brust zu setzen und mich in einer eleganten Rückwärtsrolle aus seinem Griff zu winden.

Ich landete in den Hocke und er betrachtete mich verwundert, als würde sein Verstand erst ein paar Sekunden brauchen, um zu verstehen, was ich getan hatte - wie es hatte passieren können, dass ich mich befreien konnte. Cheerleaderin, Arschloch! Das war passiert!

Dann wurden seine Augen schmal.

„Das war ein Fehler, Püppchen," meinte er.

Als ob ich das nicht wüsste, Sherlock! Aber ich würde das sicher nicht ihm ausdiskutieren. Ich kam zurück auf meine Beine und stürzte wieder davon. Er stöhnte genervt, aber das war mir egal. Ich wollte wieder losrennen, kam aber keine drei Schritte weit, bevor ich am Handgelenk gepackt und an eine ziemlich harte Brust gezerrt wurde.

„Süß. Wirklich niedlich. Wird dir aber nichts nützen", meinte er verdrehte meinen Arm und legte eine Hand um meinen Hals. Oh, fuck er würde mich umbringen. Er würde....

Ein dumpfer Ton erklang und ich stürzte wieder auf den Boden, der Kerl bewusstlos auf mir und dann sah ich meine kleine Schwester, die mit der Schaufel in der Hand über uns beide stand.

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Ich liebe dieses Kapitel ja irgendwie XD

Sugar wants to kill youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt