Flucht ist keine Schande

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Alle waren in Aufruhr, niemand wusste, was genau zu tun war und die Beißer überrannten alles, was ihnen auf ihrem Beutezug in die Quere kam. Alles lief wie in Zeitlupe ab und sie konnte keinen der anderen richtig verstehen. T-Dog rannte mit einer Schrotflinte an ihr vorbei aus dem Haus, Andreas Rufe kamen nur gedämpft und unheimlich verzerrt bei ihr an. Im Inneren des Hauses schien ebenfalls jemand zu schreien.

Ihr Atem ging Stoßweise und der kalte Angstschweiß brach aus. Solch eine Panik vor einem Beißerangriff hatte sie, als sie das erste Mal allein einer ganzen Herde entgegentreten musste, um das, was ihr am Herzen lag, zu retten. Niemals hätte sie sich träumen lassen nach all der Zeit, erneut eine solche Panik zu verspüren. Und doch stand Samantha wie gelähmt auf der Veranda, während Carol versuchte, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen.

Plötzlich spürte sie einen Schmerz im Gesicht und ihr Kopf wurde zur Seite gedrückt. So schnell es kam, ließ es auch nach. Blinzelnd und mit dem Kopf schüttelnd, als wolle sie ihre eigene Paralyse bekämpfen, hielt sie sich an ihrem Bogen fest, der immer noch um ihre Schultern hing.

„Bist du wieder da?", hörte sie endlich Carol sagen und blickte in ihre sorgvollen Augen.

Die Brünette nickte und gewann langsam ihr altes Selbstbewusstsein zurück. Dann drangen wieder alle Stimmen und Geräusche zu ihr durch und ihr wurde klar, dass sie bereits mitten im Überlebenskampf waren.

T-Dog, Hershel und Daryl standen vor der Veranda verteilt und bekämpften die Beißer, die vereinzelt zum Haus gefunden hatten. Andrea rannte mit ihrer Pistole aus der Haustür an Samantha vorbei, als sie im Hintergrund Lori nach Carl rufen hörte. Die Brünette schritt zur Tür und beugte sich, am Türrahmen festhaltend, hinein.

„Er ist bei Rick, ich hab ihn draußen mit ihm zusammen gesehen", rief sie ihr entgegen und sofort konnte man der Mutter die Erleichterung ansehen.

Sie hätte es ihr vermutlich früher sagen müssen, doch die Beißer setzten diese Information in den Hintergrund. Lori würde ihr dies wohl im Nachhinein nicht verübeln.

„Wir müssen alles in die Wagen bringen", trug die First Lady ihnen auf und sofort gingen fünf Frauen an die Arbeit, während die Männer alle Beißer von ihnen weghielten.

Es dauerte so nicht lange und alle Sachen waren verstaut. Sie konnten von Glück reden, dass die meisten der Untoten vom Feuer angelockt wurden. Doch je mehr Schüsse fielen, desto eher wurden sie auf die Lebenden aufmerksam. Allerdings sollte schon längst wieder das Wohnmobil hier sein. Alles ging viel zu schnell, die Beißer, das Feuer, der Aufbruch. Das alles hätte überhaupt nicht passieren dürfen. Sie hätten von Anfang an vorsichtiger sein und regelmäßig Wache halten müssen. Doch nun war es zu spät und Samantha musste einsehen, dass bei dieser enormen Horde Beißern selbst das Wachehalten nichts geholfen hätte.

„Es sind zu viele Beißer!", rief T-Dog, als zehn von den Untoten auf ihn zuliefen und ihm gefährlich nahekamen. „Alle sofort weg hier!"

Rückwärtslaufend schoss er einem Beißer nach dem anderen in den Kopf, während Samantha dafür sorgte, dass Beth, Maggie und Patricia zu ihr in den Wagen stiegen. Dabei tauchten zwei von den Untoten neben ihr auf. Blitzschnell reagierte die Bogenschützin. Sie zog ihr großes Kampfmesser aus dem Rückenhalfter und stieß es dem ersten in den Kopf. Dem zweiten trat sie mit voller Wucht in den Bauch, sodass er rückwärts taumelte und sie genügend Zeit hatte, die Wagentür zu schließen. Dann wirbelte sie herum und rannte auf die Fahrerseite, um gleich darauf einzusteigen.

Sie öffnete das Fenster und konnte draußen erkennen, dass T-Dog zusammen mit Lori und Hershel in den grünen Hyundai geflohen waren. Ein entferntes Dröhnen verriet ihr, dass Daryl es zu seinem Motorrad geschafft hatte. Allerdings konnte sie Carol und Andrea nirgendwo entdecken und vom Wohnmobil fehlte immer noch jede Spur.

Fremde FamilieWhere stories live. Discover now