Überleben und Leben lassen

37 4 2
                                    


Der Geruch um sie herum zerrte an ihrem Magen und sie hoffte auf die Erlösung, doch sie kam nicht. Samantha öffnete die Augen, wurde grob an der Hand gepackt und auf die Füße gezogen. Sie erhaschte einen Blick auf die Beißer und sah, wie ein Teil von ihnen leblos auf dem Boden lagen, während der Rest sich erst sammeln musste. Jemand hatte sie weggestoßen, um an die Brünette heranzukommen. Doch Zeit weiter darüber nachzudenken hatte sie nicht, denn sie wurde weitergezogen, weg von den Beißern.

Samantha drehte den Kopf nach vorne und blickte auf die ihr so bekannten Flügel auf der schwarzen Weste. Erleichterung durchfloss sie, da sie sicher nicht mehr sterben würde. Ihr Schutzengel hatte ganz offensichtlich dafür gesorgt. Sie rannten den Gang entlang, der noch immer von Beißern bevölkert war, wichen ihnen aus oder Daryl verpasste ihnen einen Hieb mit der Armbrust. Sie musste ihm vertrauen, denn sie wusste nicht mehr, woher sie alle überhaupt gekommen waren. Die Gänge sahen gleich aus und nirgends war ein Schild auf dem Ausgang stand.

Unweigerlich kam die Frage in ihr auf, wie sich die Häftlinge hier orientiert hatten. Doch die Brünette fand darauf keine Antwort. Daryl blieb schlagartig stehen, sodass Samantha in ihn hineinrannte und ihn somit beinahe von den Füßen riss. Er rappelte sich auf, schnappte sich sofort wieder ihre Hand und bog mit ihr um die Ecke, anstatt geradeaus weiter zu laufen.

Aus dem Augenwinkel erkannte sie den Grund für seinen Richtungswechsel: Beißer. Durch diese uneinsichtigen Gänge war es schier unmöglich, alle zu erwischen. Anscheinend waren sie miteinander verbunden, sodass die Untoten im Kreis liefen. Anders konnte sich Samantha den Angriff vor wenigen Minuten nicht erklären, der so überraschend über sie hereingebrochen war.

Nach einem weiteren Gang hielt Daryl an und ließ ihre Hand los. Mit ernster Miene wandte er sich zu ihr um.

„Du hättest draufgehen können!"

Samantha war so perplex über seinen wütenden Tonfall, dass sie den Mund zwar öffnete, um etwas zu erwidern, ihn jedoch gleich wieder schloss.

„Warum bist du nich' bei uns geblieben? Jetz' sind die anderen sonst wo und wir müssen sie suchen!", zischte er weiter und trat näher an sie heran, was bei ihm eindeutig eine Drohung war.

Die Brünette straffte ihre Gestalt und öffnete den Mund, um zu antworten.

„Die haben mich eingekesselt. Ich bin nicht durchgekommen und habe niemanden von euch gesehen. Außerdem hatte ich überhaupt keine Möglichkeit, nach euch zu suchen, ich war mit den Beißern beschäftigt. Muss ich mich jetzt schon für meine Verteidigung rechtfertigen?", sprudelte es wütend aus ihr heraus, darauf bedacht trotzdem leise zu sprechen, um die Untoten nicht anzulocken.

„Aufem Boden liegen und warten bis du gebissen wirst, nennst du also Verteidigung, ja?", konterte Daryl und starrte sie an.

Samantha schwieg, presste die Lippen so stark aufeinander, dass es wehtat. Natürlich war dies nicht ihre Art von Abwehr gewesen, allerdings dachte sie, es sei aus mit ihr. Der Schütze hatte recht damit, dass sie hätte draufgehen können, weil sie aufgegeben hatte. Sie wollte nie aufgeben, da sie ihr Leben lang kämpfen musste. Doch dieser Moment, dieser kurze Augenblick, führte bei ihr zu einer Art Blackout und die kleine Panikattacke hatte für den Rest gesorgt. Er hatte sie erneut gerettet und das, obwohl er dies nie wollte. Daryl sorgte sich um sie, weshalb für die Brünette feststand, dass sie nun auch bei ihm den Status 'Familie' erhalten hatte.

„Danke", sagte sie nach einer Weile des Anstarrens und senkte den Blick gen Boden.

Er erwiderte nichts, wie so oft, sondern legte nur eine Hand auf ihre Schulter. Sie sah auf.

Fremde FamilieWhere stories live. Discover now