Das Gefängnis

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Die Sonne wärmte Samanthas Gesicht, als sie von der Veranda des Hauses in den grünen und bunt blühenden Vorgarten trat. Der Frühling war vollends eingetroffen, was ihr Gemüt noch mehr erhellte, wie die Nachricht, dass Rick und Daryl eine neue Unterkunft gefunden hatten. Vor ein paar Tagen waren die beiden von der Vorratssuche heimgekehrt und erzählten von ihrem Fund. Es war ein Gefängnis mitten im Wald und so wie es die zwei beurteilen konnten noch unversehrt. Es wäre also möglich, sich darin ein neues Leben aufzubauen.

Und nun waren sie dabei, alles, was sich im Laufe des Winters angesammelt hatte, in den Autos zu verstauen. Wichtiges wurde mitgenommen, die Gruppe aufgeteilt. Da Samantha zwar keine Krücken mehr brauchte (trotzdem lagen sie im Wagen), allerdings noch humpelte, musste T-Dog ihren Range Rover fahren. Daryl hatte die Position des Gefängnisses auf der Karte bestimmt, da es nicht eingezeichnet war.

Nun mussten ihm alle folgen und die Karte gab es zur Not. Da die Brünette nicht fuhr, konnte sie sich auch nicht verfahren. Ihr Erlebnis im Wald genügte ihr als Misserfolg ihrer Orientierungsversuche. Ein zweites Mal sollte dies nicht passieren.

Samantha sah noch einmal zurück auf das Haus, zum Teil voller Vorfreude, da sie vielleicht endlich ein neues Zuhause haben würden. Zum Teil ängstlich, da sie nicht wussten, was sie erwarten würde. Wer ahnte schon, was sich hinter den dicken Mauern dieses Gefängnisses verbarg. Es konnte alles sein, von Menschen bis zu Beißern. Obwohl ihr die Untoten lieber waren.

Wenn in der Anstalt alle Insassen verstorben waren, egal wann und egal wie, musste es dort nur so von Untoten wimmeln. Eigentlich müsste sie dieser Gedanke mehr als nur ängstigen, doch auf irgendeine Weise freute sie sich darauf etwas tun zu können. Das Rumgehocke in diesem Haus hatte sie in den Wahnsinn getrieben.

Mit einem Lächeln drehte sich Samantha zu ihrem Wagen um, in dem T-Dog bereits auf sie wartete.

„Na steig schon ein", rief er ihr zu und sofort humpelte sie los.

Der Knöchel tat noch weh beim Auftreten, jedoch war sie froh, nachts wieder schmerzfrei schlafen zu können. Die Brünette setzte sich auf den Beifahrersitz und T-Dog gab ein Hupzeichen. Sofort setzte sich die Kolonne in Bewegung.

Auf dem Weg lagen Samanthas Augen nur auf der Umgebung. Es war ihr egal, wie lange die Fahrt dauerte oder ob ihnen Beißer begegneten. Sie freute sich einfach, wieder die Wälder zu sehen, Straßen, andere Häuser. Die Eingeschränktheit durch ihren Knöchel hatte ihr große Langeweile beschert und die Monotonie des Ausblicks gab ihr den Rest. Endlich aus diesem Zimmer draußen zu sein war ein befreiendes Gefühl und gab ihr mehr Hoffnung als alles andere.

Nie wieder würde sie kopflos losstürmen. Lange genug musste sie Entscheidungen alleine treffen und niemandem Rechenschaft ablegen. Doch in dieser Gruppe galt es das Überleben aller zu sichern, was unkoordiniertes Verhalten nicht duldete. Von nun an musste jeder Schritt von ihr durchdacht und mit Rick oder einem anderen Gruppenmitglied abgesprochen sein.

Der Anführer entschied, die Wagen erst einmal außerhalb abzustellen, um im Notfall eine Fluchtmöglichkeit zu haben. Den Rest des Weges gingen sie zu Fuß. Samantha bestand darauf, ihren Bogen mitzunehmen, schließlich war sie nicht an den Armen, sondern nur an ihrem Fuß verletzt. Die zwölfköpfige Gruppe verließ den Wald und trat an einen kleinen Bach, der sie von einer Wiese abgrenzte.

Bei genauerem Hinsehen erkannte die Bogenschützin die doppelte Umzäunung des Geländes. Ihr Blick wanderte weiter. Auf einem Hügel, mitten in diesem Forst gelegen stand das Gefängnis. Seine Wachtürme stachen sofort ins Auge und das mächtige Gebäude wirkte in dieser Idylle seltsam fehl am Platz. Dann zog etwas anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich. Hinter den Zäunen auf der Wiese tummelten sich die Beißer. Diejenigen, welche ihnen am nächsten standen, streckten hungrig ihre Arme aus und torkelten auf die Gruppe zu.

Fremde FamilieWhere stories live. Discover now