Strenge Bettruhe

86 4 1
                                    

Ein Stimmengewirr ließ Samantha hochschrecken, wurde jedoch gleich wieder von zwei Händen in die Horizontale gedrückt. Sie sah auf und erblickte Carol, die besorgt zu ihr heruntersah. Danach wanderten ihre Augen durch den Raum. Es war eines der Zimmer im ersten Stock des Hauses, in welchem sich die Gruppe zurzeit aufhielt. Neben Carol saß Hershel auf einem Stuhl, dahinter, eine Hand auf Hershels Schulter gelegt, stand Patricia und an der Wand gegenüber ihrem Bett, lehnte Rick.

Alle wiesen den gleichen Gesichtsausdruck auf, wie Carol. Sie musste unweigerlich schlucken bei so viel Aufmerksamkeit. Dazu spürte sie, dass man ihr die dreckigen Klamotten ausgezogen und ihren ganzen Körper gewaschen hatte. Das einzige, was sie trug, war Unterwäsche und ein zu großes T-Shirt.

„Wie geht's dir?", fragte Carol und setzte sich vorsichtig zu ihr aufs Bett.

Nachdem sie versuchte, ihren rechten Fuß zu bewegen und von keinem Schmerz durchzuckt wurde, antwortete sie, dass es ihr für den Moment gut ginge.

„Das sind die Schmerzmittel", erklärte der Tierarzt und lehnte sich nach vorne. „Du hast vermutlich eine Verstauchung im Knöchel. Leider kann ich das ohne Röntgenaufnahmen nicht genau genug sagen, deshalb muss abtasten fürs Erste reichen. Ich nehme an, dass die Bänder durch deinen Sturz einfach überdehnt worden sind, zumindest sind Schwellung und Bluterguss ein Anzeichen dafür."

Samantha schloss genervt die Augen. Dies bedeutete ein Ausfall von Wochen und die Gruppe brauchte sie.

„Wie lange kann ich nicht laufen?"

„Einen Monat circa. Um ganz sicher zu gehen vielleicht sogar zwei", antwortete er. „Im Moment kann ich leider nicht mehr für dich tun. Alles, was du brauchst, ist Wärme und Ruhe."

Damit stand er auf und verließ zusammen mit Patricia den Raum. Rick stieß sich von der Wand ab, schlenderte zu dem nun leeren Stuhl und stützte sich auf dessen Lehne ab. Sein ernster Blick verhieß nichts Gutes.

„Wie ist das passiert?", wollte er mit ernstem Ton wissen und verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere.

Die Brünette sah erst Carol an, bevor sie ihm alles schilderte. Schweigend nickte der Sheriff, als sie geendet hatte.

„Und du bist dir sicher?"

„Ich hab ihn wirklich gehört", bestätigte sie seine Frage. „Aber nicht gesehen."

Erneut nickte er.

„Ich will nicht, dass das noch einmal passiert. Wir brauchen jeden kampfbereit, das weißt du. Alle bleiben zusammen, passen aufeinander auf. Einzelaktionen können wir nicht gebrauchen, Samantha!"

Als Rick seine Standpauke beendete, stieß die Brünette die angehaltene Luft aus. Sie wusste, dass diese Aktion dumm gewesen war und sie nur durch eine gehörige Portion Glück überlebt hatte. Und dieses erneut herauszufordern war nicht ihre höchste Priorität.

„Wir werden wohl eine Weile hierbleiben müssen, das bedeutet, dass ständig jemand Ausschau halten muss. Sobald du ein paar Tage Schonzeit hattest, wird es deine Aufgabe sein, verstanden?"

Die Brünette nickte knapp. Sie würde alles tun, um zu helfen, schließlich war ihr Missgeschick ihre eigene Schuld. Und vor allem fiel sie mit dieser Aktion bereits in Rick's Ansehen. Da sich seit der Farm die Regeln in ihrer Gruppe geändert hatten, war niemand besonders scharf darauf diese zu verletzen. Und Samantha hatte dies nun auf jeden Fall getan.

„Sie sollte sich wieder etwas ausruhen", sagte Carol zu Rick und gab ihm so zu verstehen, dass es Zeit war zu gehen.

Er warf ihr einen letzten Blick zu, der ihr verriet, wie wütend er war, ehe er aus dem Raum verschwand. Sie sah zu Carol und formte mit dem Mund ein lautloses „Danke".

Fremde FamilieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt