Unangenehme Gespräche

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Jemand rüttelte sie. Reflexartig versuchte sich, die Brünette festzuhalten, doch sie griff ins Leere. Ihr Name ertönte und sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter. Das Schütteln hörte auf.

„Sam, aufstehen, es ist schon spät", sagte die ihr bekannte Stimme.

Mit einem Male war Samantha hellwach und saß kerzengerade im Bett. Verwirrt durch ihre eigene Einbildung sah sie sich erst einmal in der kleinen Zelle um. Alles war wie am Abend zuvor. Auch der Wassereimer stand neben dem Bett.

„Hast ganz schön verschlafen. Ich hoffe, du hast dich gut amüsiert", sagte Carol mit einem schiefen Grinsen.

Dann erinnerte sich die Brünette an die gestrige Unterhaltung mit Theodore und fuhr sich nervös mit der Hand durch ihre Haare.

„Nicht wirklich", nuschelte sie und schlug die Decke weg, um aufzustehen.

„Aber Besuch hattest du", erwiderte die Ältere und nickte in Richtung des Eimers.

Die Bogenschützin atmete hörbar aus und stand von dem durchgelegenen Bett auf. Sie wusste, was sie heute erwarten würde: ein klärendes Gespräch mit T-Dog. Dabei hasste Samantha solche Unterhaltungen, da sie generell selten potenzielle Bewerber ablehnen musste. Diese hielten sich bislang in Grenzen, genauso wie ihre Suche nach einem Partner.

„T-Dog wollte mir eine Freude machen. Das Wasser war für meinen Knöchel", erklärte sie leise, woraufhin Carol die Augenbrauen hochzog und ein schelmisches Grinsen auflegte.

„Ich dachte, er hat dich aufgefordert, dich zu waschen", sagte sie.

Samantha schnaubte, erwiderte das Grinsen nur halbherzig.

„Schlimmer", entgegnete sie und stemmte eine Hand die Hüfte, während sie sich mit der anderen am Hinterkopf kratzte.

Carol hielt in ihrer Bewegung inne und sah sie grüblerisch an.

„Was ist schlimmer, als sich waschen zu müssen?"

Samantha biss sich auf die Unterlippe und schnappte sich die Klamotten von dem Stuhl in der Ecke, die sie am Abend zuvor darauf gepfeffert hatte. Schnell tauschte sie das alte, zu große Hemd, gegen das übliche schwarze Shirt und die braune underbust Korsage. Dazu die passenden Jeans.

„Ich erzähl es dir, wenn wir die Vorräte dokumentieren", sagte die Brünette, als sie den vorderen Reißverschluss der Korsage zuzog.

Carol nickte, dann gingen beide in den Aufenthaltsraum. Samantha aß eine Schüssel mit Haferflocken, welche sie aus dem Vorrat der Insassen bekommen hatten. Zehn Minuten später standen die Kurzhaarige und sie vor dem Berg an Essen, bestückt mit Papier und Stift.

„Ich übernehme das Zählen, du kannst aufschreiben", meinte sie zu Carol und zählte die ersten Säcke ab.

Nach wenigen Sekunden sagte Samantha ihr die Anzahl, welche sie direkt neben der Produktbezeichnung aufschrieb.

„Also", stimmte Carol mit einem Grinsen an. „Was genau ist denn nun passiert?"

Die Brünette atmete tief durch, dann begann sie vom gestrigen Abend zu erzählen. Wie Rick sie besucht hatte, danach Daryl auftauchte und dieser von T-Dog vertrieben wurde. Davon wie nett das Gespräch eigentlich gewesen war, bis zu diesem einen Moment.

„Er hat dich geküsst?", fragte die Kurzhaarige keinesfalls leise nach.

Samantha blickte sich um, sah zum Glück niemanden, der es hätte falsch verstehen können.

„Er wollte es, aber ich habe es rechtzeitig gemerkt. Dann habe ich ihn weggeschickt und jetzt stehe ich hier."

„Dann sag ihm, was er für dich ist", sagte Carol mit einem Zwinkern.

Fremde FamilieWhere stories live. Discover now