Jesus begegnete den Frauen, entgegen der Gewohnheit seiner Zeit, unvoreingenommen und ohne Herablassung. Nach seiner Lehre sind Mann und Frau vor Gott gleichwertig. Am sogenannten Jakobsbrunnen, ein heute noch existenter, ca. 35 m tiefer Brunnen, unterhielt sich Jesus sogar mit einer Samariterin über Fragen des Glaubens. Das galt zur damaligen Zeit als religiöser Affront.
Bezeichnend für die Haltung Jesu ist auch die Geschichte von der Prostituierten, von der wir schon gehört haben. Sie tauchte plötzlich bei einem Essen auf, zu dem Jesus vom Pharisäer Simon eingeladen worden war. Die Gäste waren empört. Die Hure weinte und ihre Tränen fielen auf die Füße Jesu. Sie küsste sie sogar und salbte sie als Zeichen besonderer Hochachtung. Der Weg in die Prostitution war zur damaligen Zeit leicht. Schon die finanzielle Not einer Witwe konnte dazu führen. Die Tränen der Hure waren daher wohl ein Ausdruck ihres Leidens, aus dem sie keinen Ausweg sah. Sie erhoffte sich von Jesus Befreiung von ihrer fortwährenden Erniedrigung. Jesus sah den stummen Hilfeschrei der Frau und ihre aufrechte Bemühung, das alte Leben hinter sich zu lassen. Den übrigen Gästen beteuerte Jesus, dass diese Frau ihm große Ehre und Liebe erwiesen habe: „Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben; und darum hat sie mir so viel Liebe erwiesen. Wem aber wenig vergeben wird, der liebt auch wenig" (Lukas 7,47).
Jesus verbot die Ehescheidung außer in Fällen von Ehebruch. Es waren besonders die Frauen der damaligen Zeit, die Jesus dadurch schützte. Nach den rabbinischen Gesetzen konnten sich die Männer schon bei nichtigen Anlässen von ihren Frauen scheiden lassen. Es genügte, wenn der Ehemann eine andere Frau schöner fand oder die Ehefrau das Essen anbrennen ließ. Jesus verpflichtete den Mann zur Treue gegenüber seiner Frau, was damals - wie zu allen Zeiten - nicht immer üblich war (Matthäus 19,9).
Ursprünglich, vor dem Sündenfall, hatten sich Mann und Frau mit ihrem unterschiedlichen Wesen ideal ergänzt (1. Mose 1,27).
Bis zur Zeit Jesu war die Frau in allen Kulturen dem Mann völlig untergeordnet. Sie hatte so gut wie keine öffentliche Bedeutung. Berühmtheiten wie die Prophetin und Richterin Debora (um 1.100 v. Chr.), die Königin von Saba aus dem Gebiet des heutigen Jemen oder die ägyptische Königin Kleopatra waren die Ausnahme. In der Gemeinde Jesu jedoch ist die Frau dem Mann völlig gleichwertig. „Jetzt ist es nicht mehr wichtig, ob ihr Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen seid" (Galater 3,28).
Die Kirche des Mittelalters wurde von einigen herausragenden Frauen mitgeprägt. Am bekanntesten ist wohl Hildegard von Bingen, die als Benediktiner-Äbtissin im 12. Jahrhundert bedeutende heilkundliche und geistliche Schriften verfasste.
Auch Katharina von Siena (1347- 1380) war im Mittelalter eine namhafte Persönlichkeit. Katharina trat mit 16 Jahren in den Orden der Bußschwestern vom Heiligen Dominikus, den sogenannten Mantellanten, ein. Bei einer Pestepidemie in ihrer Heimatstadt Siena pflegte sie monatelang die Kranken, steckte sich selbst aber wie durch ein Wunder nicht an. In den folgenden Jahren scharten sich Männer und Frauen um Katharina, weil sie von ihrer Ausstrahlung und Tugend fasziniert waren. Katharinas Lehrer und Mentor Raimund von Capua schrieb: „Schon ihr bloßer Anblick oder gar eine Unterredung mit ihr reichte aus, dass manch einer sich seines schlechten Lebenswandels plötzlich schämte und reuig seine Sünden beichtete." Katharina besuchte Papst Gregor XI. in Avignon, wo die Päpste seit 1305 im Exil weilten. Sie überzeugte ihn, den päpstlichen Sitz wieder nach Rom zu verlagern. Etwa 80 Jahre nach ihrem Tod wurde Katharina von Siena heiliggesprochen. Im Jahr 1970 erhob sie die katholische Kirche - als zweite Frau überhaupt - posthum in den Stand einer Kirchenlehrerin.
Es handelt sich um den gleichen (Heiligen) Geist, der in gläubigen Frauen und Männern wirkt. Deshalb darf bei der Verkündigung der christlichen Botschaft zwischen Frau und Mann kein Unterschied gemacht werden. Es entspricht nicht dem Willen Jesu, dass die Teilhabe an kirchlichen Ämtern nur in der evangelischen, altkatholischen und anglikanischen Kirche erlaubt ist. Gott behält es sich vor, mit Weisheit auszustatten, wen er will, egal ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt.