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Luke POV

Nachdenklich saß ich mit dem Controller in meiner Hand auf der Couch. Noch nie hatte ich wirklich in Frage gestellt ob Ballerspiele gut oder schlecht sind. Schon lange war das eines der Spiele die wir am meisten zockten. Aber jetzt? Nun saß ich auf der Couch und starrte in unseren TV. Das Spiel war bereits geöffnet aber ich konnte einfach nicht auf Play drücken. Ist es falsch, zum Spaß Menschen du erschießen? Auch, wenn es nur ein Spiel ist? Ich wusste es nicht. Der Amoklauf gestern hat mich viel zum nachdenken gebracht. Ballerspiele verherrlichen Waffengewalt, wie ich finde. Es verschwimmt zu sehr mit der Realität. Gibt es auch deswegen eine so hohe Waffengewalt bei uns? Vielleicht war es einfach an der Zeit, mit den ganzen Ballerspiele aufzuhören. Ich bekam ein schlechtes Gewissen wenn ich daran dachte das man in den Spielen einfach so und aus Spaß Menschen erschießen kann. Sowas sollte kein Spaß sein. Langsam legte ich den Controller auf die Seite, als Jake zu mir ins Wohnzimmer kam. Sein Blick fiel erst auf den TV und dann auf mich. "Keine Lust zu spielen?". Mein Bruder setzte sich neben mich auf die Couch. "Ich weiß es nicht, es fühlt sich nicht richtig an" antwortete ich ehrlich. "Ich kann verstehen, dass sich das nach gestern komisch anfühlt, aber deswegen brauchst du nicht damit aufhören das zu spielen", sagte Jake zu meinem Überraschen. "Cole und du wart doch nie große Fans von solchen Spielen, warum findest du jetzt, dass ich nicht damit aufhören sollte?". Etwas irritiert richtete ich meinen Blick zu meinem Bruder. "Das stimmt, hängt aber auch einfach damit zusammen, dass wir wollen, dass ihr verantwortungsbewusst mit Waffen und generell dem Thema umgeht und solche Spiele das Ganze immer sehr spaßig und entspannt darstellen, was es im echten Leben aber nicht ist. Für euch bedeuten die Spiele aber einfach auch Spaß, Ablenkung vom Alltag und den Kopf abschalten. Das ist euer Ausgleich zur Schule und dem ganzen Football Training und das ist auch völlig in Ordnung", antwortete Jake ernst. Ich konnte nachvollziehen was er sagte, aber trotzdem weiß ich nicht, ob ich das noch kann. Als ob mein Bruder meine Gedanken lesen könnte, meinte er: "Es ist okey wenn du Zeit brauchst, oder auch gar nicht mehr spielen willst, aber denk dran, dass es nur ein Spiel ist und eigentlich nichts mit der realen Welt zu tun hat. Es ist wirklich absolut in Ordnung, wenn du das spielst". Ich wendete mein Blick wieder von Jake ab und blicke auf den TV. Keine Ahnung was ich von all dem halten soll. "Willst du über gestern reden?", hörte ich die Stimme meines Bruder neben mir. Eigentlich hatten wir gestern schon über alles geredet und ich hatte so viel über all das nachgedacht, dass ich inzwischen kaum noch einen klaren Gedanken dazu fassen kann. Dylan ging es genau so. So blöd sich das auch anhört hat uns das Ganze gestern nochmal ein ganzes Stück näher gebracht, obwohl wir schon immer sehr close waren. Letzte Nacht haben wir uns auch beide nicht so ganz wohl gefühlt und das erste mal seit einer Ewigkeit wieder im gleichen Bett geschlafen. Wir konnten uns zwar auch echt gut streiten, aber er war nun einmal mein Zwilling und ohne ihn fühlte ich mich manchmal nicht komplett. Wir hatten eine Verbindung die sehr schwer zu erklären war und noch schwerer nachzuvollziehen ist, wenn man das nicht selber erlebt hat. Sowas hilft extrem, vorallem in Situationen wie dieser. Man ist einfach nie alleine und hat immer den Menschen, der einem am wichtigsten ist, an seiner Seite.
"Ich weiß nicht, was ich über all das denken soll. Es ist einfach eine komische Situation", antwortete ich schließlich auf Jakes frage. "Kann ich gut verstehen. Ich glaube es würde euch allen gut tun, mal an was anderes zu denken. Wir könnten ein paar neue Spiele kaufen gehen. Welche ohne Waffen und Schießereien", schlug mein Bruder vor. Ich dachte kurz darüber nach, aber ehrlich gesagt war ich über ein wenig Ablenkung ganz froh. Zustimmend nicke ich. "Gehst du Dylan fragen, ob er auch mitkommt?". Nickend stand ich auf und machte mich auf dem Weg zu meinem Zwilling. Eigentlich war mir eh klar, dass er dabei ist, aber trotzdem war es cool, einige Minuten später mit ihm und Jake zu einem der größten Läden der Staaten zu fahren, in dem es eine rießige Auswahl an allen möglichen Spielen für den PC, die X-Box, ps5 usw gab. Es ist schon ewig her, dass wir das letzte Mal mit Jake unterwegs waren, auch wenn es eigentlich nur einkaufen ging. Aber irgendwie ergab sich das sonst nicht. Dadurch, dass Dylan und ich auch einen Führerschein und eigene Autos haben, konnten wir auch einfach überall selber hingehen, wo wir wollten und waren nicht mehr auf Jake oder Cole angewiesen. Aber selbst als das noch der Fall war, haben unsere Brüder uns eigentlich überall hingefahren oder abgeholt. Es ist immer schön gewesen, weil wir durch die ganzen Autofahrten viel Zeit mit Jake und Cole hatten. Die gab es jetzt immer noch, aber halt anders. Wir waren ja auch eigentlich alle viel beschäftigt. Jake, Cole, Mike und Alex mit ihren Jobs, Liam, Dylan, Mason und verbrachten viel Zeit mit unserem Football Training und unseren Freunden und dadurch sahen wir uns nicht mehr so viel, wobei wir uns immer noch oft sahen. Es gab eigentlich immer ein gemeinsames Abendessen bei uns und auch am Wochenende oder unter der Woche abends waren meine älteren Brüder meistens zuhause. Ich war ihnen aber dankbar für das was sie machten. Das wurde mir in Situationen wie gerade immer wieder bewusst. Jake und Cole sind Mitte 20, beide beruflich sehr erfolgreich und kümmern sich trotzdem noch um uns alle. Sie haben sich ihr Leben bestimmt auch anders vorgestellt und jetzt richten sie es fast komplett nach uns aus. Auch wenn wir das noch nie zu ihnen gesagt haben, wir verdanken ihnen echt viel. Wenn Jake und Cole sich nach dem Tod unserer Mutter nicht gekümmert hätten, würden wir sicher nicht das Leben haben, das wir gerade leben. Und wir haben ein verdammt gutes Leben. Wir haben ein schönes, sicheres Zuhause, genug Essen und materielle Dinge, aber vor allem eine Familie und Brüder, die sich um uns sorgen und kümmern. Wir sollten echt mehr wertschätzen, wie viel Glück wir eigentlich hatten...

Big Brothers 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt