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Gestern Abend sind Mom und Marlon für das Wochenende nach Miami geflogen, da beide ihren Urlaub ein wenig genießen wollten.

Verständlich, wenn man mich fragt.

Immerhin arbeitet Mom ohne Pause, also ist es da verständlich, dass sie sich mal etwas Entspannung erlauben möchte.

Ich sitze jedenfalls auf meinem Bett und telefoniere gerade mit meinem Vater, was ich schon sehr lange nicht mehr getan habe.

Er hat mich angerufen, um zu fragen, warum ich mich seit einiger Zeit nicht mehr bei ihm gemeldet habe.

"Komm schon, Süße. Habe ich etwas getan, dass dich verärgert hat?", fragt er nun.

Ich beginne an der Haut meines Daumens zu knibbeln, während mein Handy vor mir auf der Bettdecke liegt.

"Du hast mir Jahre lang ins Gesicht gelogen und gesagt, dass ihr euch scheiden lassen habt, weil ihr euch nicht mehr geliebt habt", konfrontiere ich ihn damit, dass ich die Wahrheit kenne.

"Wieso? Was hat deine Mutter dir erzählt?", fragt er jetzt sofort ernster.

Ich lache kurz auf.

"Nichts, Dad. Der Sohn der Frau, die du gevögelt hast, während du in einer Ehe warst, hat es mir erzählt!", sage ich laut.

"Rede nicht so mit mir, Scarlett", mahnt er sofort ernst.

"Machst du Witze? Du lügst mich all die Jahre an, betrügst Mom mit einer ebenfalls verheirateten Frau und willst jetzt, dass ich weiterhin höflich mit dir spreche?", frage ich völlig außer mir.

"Nur damit du es weißt. Mom ist endlich auch wieder glücklich und in einer nicht toxischen Beziehung. Ich bin sauer auf dich und das wird sich glaube ich in kurzer Zeit auch nicht ändern", erkläre ich ihm ernst.

"Scar, ich..."
Bevor er weitersprechen konnte, lege ich auf und lasse mich nach hinten auf mein Kissen fallen, als mein Magen jedoch laut knurrt, setze ich mich wieder auf.

Genervt klettere ich aus meinem Bett, stehe auf, hebe mein Handy auf, laufe über das Bett und dann auf die Treppe zu, die sofort herunter in Mayas Etage führt, bei der ich halte.

Vor ihrem Zimmer bleibe ich kurz stehen und klopfe leise an, doch die Tür geht von alleine auf.

Ein kleiner Zettel hängt neben dem Türrahmen, den ich erst jetzt bemerke, wie ein kleiner Blindfisch.

»Bin mit ein paar Freunden im Kino. Wenn es wichtig ist, ruf an.«

Ich lächle leicht, weil es mich freut, wenn sie auch mit anderen Leuten Zeit verbringt.

Wenn sie nur bei mir ist, fühle ich mich manchmal so, als würde sie nur aus Mitleid mit mir befreundet sein.

Gerade wollte ich mich wieder umdrehen, da bleibe ich erschrocken stehen, da ein Stöhnen meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Zunächst dachte ich, dass es ein schmerzhaftes Stöhnen war, doch dann wurde das Stöhnen verdammt erotisch und es kam aus meinem alten Zimmer.

Ziemlich perplex sehe ich hinter mich, ehe ich langsam auf die Tür zu gehe.

Wie lustig wäre es bitte, wenn ich da rein stürme und eine riesige Szene mache, während ich so tue, als wäre ich Kilians feste Freundin?

Das wäre so zum Tod la...

"Fuck, Scarlett."
Sofort bleibt mir der Atem im Hals stecken, während ich perplex stehen bleibe und zur Tür sehe.

Was?

"Scheiße, Scar."
Ich halte mir die Hand vor den Mund und spüre sofort ein seltsames Kribbeln in meinem Bauch.

Ist das Scham?

Schäme ich mich gerade?

Passiert das gerade wirklich?

Eilig drehe ich mich um und laufe die Treppe wieder hoch.

Das muss ich mir definitiv nur eingebildet haben.

Oder er kennt noch eine andere Scarlett, denn niemals würde er das tun, was ich gerade glaube, während er an mich denkt.

Schnell springe ich auf mein Bett und lasse mir das ganze Szenario noch einmal durch den Kopf gehen.

Es muss eine Einbildung gewesen sein.

Definitiv.

Ohne Zweifel.

Vollkommen durcheinander stehe ich wieder auf, laufe rüber zu meiner Couch und schalte den Fernseher an, um mich davon abzulenken.

Dean Winchenster sei dank schaffe ich das auch.

**

Ich war ziemlich von Supernatural abgelenkt, als mein Handy neben mir aufleuchtet, was mich erst jetzt bemerken lässt, dass der ganze Dachboden dunkel ist.

Kurz sehe ich zu den großen Fenstern.

Es ist schon dunkel draußen.

Habe ich echt so lange ferngesehen?

Als ich wieder auf mein Handy sehe, ploppt eine Nachricht von Marcio auf.

"Keiner von uns kann kochen, also entweder kochst du für alle oder wir gehen und holen schnell was von McDonald’s. Was ist dir lieber?"
Ich habe jetzt ehrlich gesagt keine große Lust etwas zu kochen, also entscheide ich mich für die McDonald’s Idee.

»Du musst Geld dazu geben. War gestern feiern und habe nicht mehr genug.«

»Komm du hoch«, schreibe ich, da ich gerade genauso wenig Lust dazu habe, aufzustehen.

»Ich Schicke Kilian.«

»NEIN! Komm selber hoch!«, antworte ich sofort.

»Was ist dein Problem?«, fragt er.

Schnell überlege ich mir, was ich am besten schreiben könnte, um nicht gleich wie der größte Idiot zu klingen.

»Ich trage nur einen Sport-BH. Jetzt komm einfach hoch«, schreibe ich, da es immerhin nicht gelogen war.

Ich kann ihm ja schlecht erzählen, dass sein bester Freund und mein Erzfeind Slash Mobber sich mit dem Gedanken an mich...

Na ja.

Fünf Minuten später kommt er genervt die Treppe in mein Zimmer hoch.

"I-Ich hasse es, d-dass unser Haus... so verdammt groß ist", atmet er ziemlich ausgelaugt und mit vielen Pausen.

"Warst du ganz unten?", frage ich etwas amüsiert, was er nur mit einem nicken bestätigt.

"Gib mir einfach das verdammte... Geld."
Ich lache und stehe dann auf, ehe ich amüsiert auf meine Tasche zu gehe und meinen Geldbeutel herausnehme.

"Wie viel brauchst du?", frage ich.

"Wie viel hast du?", entgegnet er sofort und geht an mir vorbei zu meinem Bett, neben dem eine Wasserflasche steht.

"Darf ich?", fragt er sofort, doch ich mache nur eine kleine Handbewegung in seine Richtung, um ihm zu signalisieren, dass er machen kann, was ihm lieb ist.

"Wir sind Zwillinge", sage ich, als wäre es selbstverständlich, mit ihm aus einer Flasche zu trinken.

"Ich habe ungefähr. Sechshundert. Nicht das du soviel bräuchtest. Ich geb dir einfach Fünfzig", sage ich und nehme das Geld dann heraus, ehe ich es ihm reiche.

Er setzt die Flasche ab, schließt sie und stellt sie wieder zurück auf den Boden.

"Danke. Was willst du haben?"
Kurz überlege ich.

Mittlerweile habe ich nicht mehr so viel Hunger, wie vorhin.

"Bring mir einfach eine große Pommes mit. Ah und ein großes Eis mit Karamellsoße."
Er nickt und geht dann wieder zur Treppe.

"Jetzt wieder die ganzen Etagen runterrennen. Ich schreibe dir, wenn wir wieder da sind", sagt er genervt, was ich nur mit einem kleinen Lachen erwidere.

My BullyWhere stories live. Discover now