Dark Reign - Die Macht der Monster

Kapitel 10 (Sicht von Calypso)

(Sicht von Calypso)

Wo und wie würde wohl dort aussehen, wo Morrigan lebte?

Die violet-haarige ging nach den anderen durch das blaue, kristallartige Portal und musterte das Gebäude vor sich her. Es war anders als sie erwartet hatte, das musste sie sich insgeheim eingestehen. Caly hatte immer geglaubt dass die Verbrecherin in einer kleinen Wohnung irgendwo im unteren Teil von Ladrana lebte, aber das vor ihr war was ganz anderes. Calypso musterte die Umgebung um sich. Hier musste Regan hin geflüchtet sein, als sie diese angeschossen hatte. Doch wie hatte sie es geschafft noch bis hierhin zu kommen? Der Generalin war klar, dass Morrigan nicht normal war, aber angeschossen noch eine Strecke von der Arena in der Oberstadt bis nach hierhin, an der Grenze von Ladrana und der normalen Landschaft? Das war fast einmal durch ganz Ladrana, oder die Hälfte.
Der Blick von Caly fiel auf die Weißhaarige. Sie wusste nicht, was sie über sie denken sollte, immerhin musste sie nach dieser Mission doch verhaften, oder? Calypso war sich immer noch nicht sicher, ob das eine Falle war. Es war komisch gewesen, als Morrigan auf dem Weg zu Jack und der anderen Geflügelten plötzlich in den Wald gegangen war - und das für eine gefühlte Ewigkeit. Ihr Gefühl als ausgebildete Generalin der Ordnungshüter, sagte ihr, dass die andere ein Geheimnis hatte, was diese Mission gefährden könnte. Abgesehen davon wusste sie nicht mal, ob sie der besten Freundin von ihr vertrauen konnte. Lizzy schien auf den ersten Moment zwar nett, aber lieber vertraute sie keinem der beiden. Das war immer sicherer. Allgemein bei den unteren musste man aufpassen, Jack war eine Ausnahme. Denn Jack kannte sie schon seit sieben Jahren immerhin, da er bei ihrem Vater eine Ausbildung gemacht hatte. Seine Schwester hatte ihn verlassen und Caly hatte den Platz eingenommen. Damals, als sie 17 war, ging sie noch auf die Downingtown Stem Academy. Eine der besten Academys im oberen Teil von Ladrana, dort wo die meisten wichtigen Leute der Ordnungshüter ausgebildet werden. Da für sie schon die ganze Zeit klar gewesen war, dass sie Generalin werden wollte, ging sie ab dem 15 Lebensjahr auf die Downingtown Stem Academy. Und dies bis zu ihrem 20 Lebensjahr. Fünf Jahre hatte sie gelernt und trainiert, was sie sogar immer noch tat. The Monster Witch war ihr erster richtiger Auftrag gewesen. Sie hatte sich oft im Stillen darüber geärgert, dass dieser Auftrag auch nach 4 Jahren immer noch ihr Auftrag war und die Verbrecherin nicht schon längst im Gefängnis außerhalb von Ladrana eingesperrt war.
Calypso erkannte einen kleinen Fluss in der Nähe, der laut plätscherte und drehte sich dann zum Fachhaus um. Die anderen drei waren schon näher an dem alten Haus und sie folgte ihnen, wobei ihr Blick immer noch an dem Haus hängen blieb. Wie alt es wohl war? Sicherlich wurde es vor dem Bürgerkrieg gebaut. Der Bürgerkrieg war damals vor 19 Jahren, dort war sie 5 Jahre alt gewesen. Caly hatte damals in ihrem Anwesen geschlafen, als die Nacht kam, wo die beiden Teile von Ladrana sich angegriffen hatten. Ihre Mutter hatte sie aufgeweckt und ihr erzählt, sie würde in den Keller müssen, mehr auch nicht. Allgemein hatte Caly nicht viel von den darauffolgenden drei Tagen mitbekommen, außer dass sie die Explosion gehört hatte. Ihre Mutter war, nachdem sie Caly aufgeweckt hatte, verschwunden. Stattdessen war ihr Vater bei ihr gewesen, um sie von dem Geschehen, was draußen war, abzulenken.
Als die anderen in dem heruntergekommenen Fachhaus verschwanden, beeilte sie sich und ging hinterher hinein. Von innen wirkte das Gebäude noch älter, besonders die Eingangshalle, in der sie sich befand. Die Wände waren mit dunkelgrünen Farben bestrichen worden, obwohl die Farbe mit der Zeit schon abgekratzt war. Die drei Lampen hingen zwischen den Fenstern, die oben befestigt worden waren. Da es aber dunkel war, konnte man, durch diese die Sterne erkennen. Wäre es ein normaler Abend, den sie in ihrem Zimmer verbrachte, hätte sie die Sterne draußen beobachtet. Lissy schaltete durch einen Lichtschalter an der Wand die Lampen ein. Noch ein Punkt, der das Gebäude alt erscheinen ließ: Das Licht war nicht mehr so hell und ab und zu flackerte es. Zudem wurden die Ecken des Raumes nicht beleuchtet, so das man sich theoretisch gut verstecken konnte.
Wenigstens konnte sie durch das Licht den Raum genauer mustern. Die Eingangshalle war relativ leer, abgesehen von mehreren Kartons und Kisten, zwei Schränken, einer Sofaecke und etwas Ähnlichem wie einer Fotowand. Obwohl an dieser "Fotowand" eher Karten und Pläne hingen und diese einfach an einer Wand befestigt worden waren. Die Generalin sah zur Sofaecke. Diese war etwas schöner eingerichtet. Es stand ein Ecksofa dort, obwohl es nicht an der Ecke war und eine Hängematte war befestigt worden. Eine Tür führte in den hinteren Bereich des Gebäudes. Kurz schaute sie hoch zu den Sternen, dann wandte sie sich Jack zu. Er war müde, das sah sie ihm direkt an. Sie kannte ihren Bruder zu gut, um es zu wissen. Nicht selten war er länger wach geblieben als man es sollte und manchmal sogar eine Nacht durchgemacht, nur um etwas nachzuforschen oder an seinem Projekt zu arbeiten. Auch sie selbst hatte manchmal lange Nächte. Zum Beispiel, wenn sie nach einem weiteren Hinweis zu Morrigan suchte, oder etwas neues über sie herausgefunden hatte.
„Wäre es für euch okay, wenn einer von euch auf dem Sofa und der andere auf der Hängematte schläft?", fragte Lizzy und wandte sich Caly zu. Eigentlich hatte sie nicht vor hier zu schlafen. Aber Jack hatte den Schlaf nötig, sie ja eigentlich auch, da sie schon seit der Mitte der anderen Nacht wach waren. Aber Calypso würde hier nicht schlafen. Das würde sie nicht riskieren, sie traute den beiden einfach nicht! Deswegen wollte sie auch nicht hier schlafen und würde sie nicht.
„Ja, ist gut.", meinte Calypso ärgerlicherweise doch mit erschöpfter Stimme. Konnte sie das nicht mal unter Kontrolle halten?! Sie wollte eigentlich nicht, dass die anderen merkten, dass sie sehr wohl müde war! Die Rothaarige beäugte Caly kurz, bevor sie zu einem der Schränke ging und diesen öffnete. Die violethaarige fragte sich genau in dem Moment wo Regan war. Es wäre sehr auffällig für sie, wenn ihre Erschöpftheit nur so getan wäre und sie, da Jack und sie sich jetzt bei ihr befinden, ihre Maske ablegte und sie angriff. Vielleicht war das alles doch eine Falle?! Genau in dem Moment als sie was sagen sollte, sah sie sie. Die Weißhaarige lehnte sich an die Wand in der Nähe des Eingangs. Ihre Hände waren verschränkt und ihre Augen geschlossen. Caly musste sich eingestehen, dass dieser Anblick genügte, um ihre  Vermutung auf den jetzigen möglichen Angriff auszulöschen. Die schon genug bleiche Haut war noch bleicher als sonst und man konnte Augenringe erkennen, die sich unter ihren Augen bildeten.
„Hier sind Decken und Kissen.", erklang plötzlich die Stimme von Lizzy. Die Generalin drehte sich um und musterte kurz die Kissen und Decken, die die Geflügelte in der Hand hielt, doch bevor sie diese annehmen konnte, kam ihr Jack zuvor. Er nahm die Sachen dankend entgegen und lächelte Lissy an, bevor er sich umdrehte und zur Sofaecke ging.
Prüfend ließ die violett haarige ihren Blick nochmal durch den Raum gehen, bevor sie Lissy einmal zu nickte und Jack hinterher lief.
„Möchtest du auf die Hängematte oder auf das Sofa?", stellte der Weißhaarige ihr die Frage und blickte sie mit den durchdringenden silbernen Augen an. Caly blickte zu ihm auf. Ihre Gedanken überlegten, wie sie sich nicht anmerken konnte, dass sie nicht schlafen würde. Am besten indem sie so tat, als würde sie das eben tun.
„Geh du auf das Sofa, das ist bequemer.", entgegnete sie schließlich. Jack hatte es verdient, auf diesen zu schlafen, außerdem mochte sie selber eher die Hängematte wenn schon. „Und keine Widerrede, verstanden?", fügte sie hinzu, als sie den hitzigen Funken in den müden Augen sah.
„Du weißt, dass du nicht über mich bestimmen kannst? Ich bin schon 20!", gab der Wissenschaftler zurück. Dieser Satz brachte sie dann doch zum Grinsen.
„Du benimmst dich aber immer noch wie ein 13-jähriges Kind.", murmelte sie ihm entgegen und er blickte kurz zu ihr auf, bevor er zur Eingangstür ging und kurz davor stehen blieb.
„Ich geh nochmal kurz raus.", erklärte er Caly. Dann war er auch schon aus der Tür raus.