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,,Was? Nein, bestimmt nicht. Ich glaube eigentlich nicht, dass ich gay bin", gab Ju stirnrunzelnd zu und dachte noch im selben Moment darüber nach, ob das wirklich so stimmte. ,,Eigentlich ist die stärkste deutsche Verneinung. Es ist doch Okay! Muss dir nicht peinlich sein, Ju", versuchte Thomas die Situation etwas aufzulockern. ,,Schreib ihm einfach was du denkst. Je ehrlicher du bist, desto besser. Ist noch jemand anders da?", wechselte er wieder das Thema. Ju sah ihn etwas überfordert an, schüttelte langsam mit dem Kopf. ,,Nur ich" ,,Ha Ha", machte Thomas mit tiefer Stimme, was Ju zum grinsen brachte. ,,Sorry", lächelte während er sich der Reaktionshalber das Lachen verkneifen musste. 

,,Dann: Nachtschicht für mich", stellte Thomas etwas betrübt mit, nahm seinen Rucksack und ging die Treppe hoch. ,,Aber Thomas! Du musst auch nicht so lange machen heute! Morgen ist Wochenende, mach lieber da nh bisschen länger, als jetzt", schlug Ju vor, setzte sich nach einem genervten Stöhner von Thomas zurück auf die Chouch. 

Mir geht's gut, wie geht's dir?, schrieb er einfach. Ihm war auf die Schnelle nichts besseres eingefallen. Rezo war auch nicht mehr online, also wartete Ju nicht, ging offline und startete den Film wieder. Er legte sein Handy auf den Tisch, nahm sich in diesem Zuge seinen Kakao und trank einen großen Schluck. Er lehnte sich gerade wieder an, genoss den Film, die Wärme an seinen Fingern und wie der heiße Kakao seinen Körper von innen wärmte, als sein Handy vibrierte. Vorfreudig schwang er sich vor, stellte den Kakao wieder auf den Tisch und nahm sein Handy. Er öffnete WhatsApp erneut, ging auf ihren Chat und las seine Nachricht schnell.

Mir geht's auch gut.
Hey, hättest du Lust sich Mal zu treffen?

Jus Herz fing an etwas schneller zu pochen. Fragte er gerade nach einem Date? Warum wurde er jetzt so nervös? Er hatte doch schon so viele Dates gehabt, alle nicht spektakulär. Warum machte ihn diese indirekte Frage jetzt so nervös? Nervös im positiven Sinne natürlich. Vielleicht, weil es das erste Date mit einem Mann war? Selbst wenn, warum war das ein Grund nervös zu werden? Er hatte schon Erfahrungen gesammelt. Klar, mit Frauen, aber waren Männer so anders? Zumal sie vorher ja nicht miteinander geschrieben hatten, er praktisch nichts über den anderen wusste. Aber.. sollte er Nein sagen? Wenn er es nicht wollte, klar, aber wollte er es denn? Wahrscheinlich schon, denn sein Kopf schrieb schon sämtliche Nachrichten an ihn, überlegte wie er es formulieren könnte. Sollte er mit einer Nachricht sicher stellen, ob es wirklich ein Date werden sollte? Sollte er sich überraschen lassen? Was, wenn Rezo ihn gar nicht im Romantischen Sinne, sondern nur als Freund, Kumpel oder so kennenlernen wollte?

Zu viele Fragen, die seine Finger vom schreiben abhielten. Er könnte es indirekt formulieren, fragen ob, es ernst werden sollte, oder nicht. Schließlich wusste er ja nicht, ob Rezo überhaupt Interesse an Männern zeigte. Er wollte ihn so oder so nicht falsch verstehen. Wäre er vielleicht schockiert und angeekelt, wenn Ju von einem Date ausging? Vielleicht wollte Rezo ihn dann nicht mehr kennenlernen.. Vielleicht wollte er nicht mit einer Schwuchtel befreundet sein. Wäre er ja nicht, Ju war schließlich nicht gay. Stand er überhaupt auf Männer? Wollte er sich überhaupt auf Rezo einlassen? Würde Rezo es verstehen, wenn er es im laufe des Dates abbrechen wollen würde? Was wäre ein plausibler Grund, ein solchen Date abzubrechen? "Hey, ich finde Männer doch nicht geil."? Das wäre dumm. Danach würde er ihm nie wieder in die Augen sehen können. Es musste etwas anderes geben. Wie konnte er denn jetzt so unkreativ sein? Warum dachte er jetzt eigentlich darüber nach, dass Date abzubrechen? Noch könnte er absagen. Er hatte noch nicht zugestimmt, und es war keine Frage, zu der er gezwungen wurde, wenn er es nicht wollte. Er war sich sicher, dass Rezo ihn verstehen würde. Aber was wenn nicht? Wenn er eigentlich ganz anders war, als er ihm ersten Augenblick schien? 

Meinst du.. als Date?, fragte er entschlossen. Hoffentlich hatte er jetzt nichts kaputt gemacht. Ein schlechtes Gefühl breitete sich in ihm aus, als aus dem 'online'  'schreibt...' wurde. Er würde ihn jetzt sicher für dumm erklären. Wenn er Date gemeint hätte, hätte er es so formuliert, und nicht anders. Er war so dumm. So unfassbar dämlich. Er schämte sich für sich selbst, als er ein Vielleicht.. las. Also Ja? War er doch nicht so blöd, hatte tatsächlich zwischen den Zeilen gelesen?

Also ja?, stellte er nochmal sicher, bevor er sich vertat. Er wollte sich schließlich auf das richtige einlassen. Eigentlich schon ja. Wäre das ein Problem?, schrieb er zurück. Man konnte die Unsicherheit in der Nachricht praktisch lesen. Was sollte er jetzt darauf antworten? er hatte komischer Weise, entgegen seiner Erwartungen nichts dagegen. Ganz im Gegenteil. Er freute sich nur noch mehr. Aber warum?

Nein, alles gut. Wann und wo?

15 Uhr? In dem Café an der Ecke. Da beim Weihnachtsmarkt, weißt du wo?

Ja. Warst du da schonmal?

Ja, kann ich dir morgen alles erklären.

Gut okay, dann bis morgen :)

Bis morgen :), schrieb Rezo zurück und ging dann offline. Er erzählte offensichtlich lieber, als dass er schrieb. Warum aber wollte er genau in dieses Café? Es gab so viele andere in Aachen. Genau aus diesem Grund war er auch noch nie vorher in diesem Café gewesen. Er lief öfters daran vorbei, das ja, aber er hatte noch nie den Mut gefasst, alleine dieses Café zu betreten. Im Winter war es immer schön geschmückt, dekoriert und alles in allem sah man, das Weihnachten war. Allerdings sah man oft nur Paare aus den großen Fenstern sehen, wie sie erzählten und lachten. Würde er von außen genauso glücklich mit Rezo aussehen? Würde er ihn verliebt ansehen? Würde er sich zurück halten müssen, ständig übertrieben glücklich zu lachen, weil er so verliebt war? Das war alles, was er sich dieses Jahr zu Weinachten wünschte. Glücklich zu sein.

Das Fest der Liebe || Juzo "Adventskalender"Where stories live. Discover now