Again, again and again? - WangXian

A-Yuans Love

Sonnenschein, einfache Leinenkleider, die Bauern tragen, selbstgemachte Strohhüte, schlecht bemalte Lehmfiguren. Kleine ausgehungerte Wesen, aufgedunsene Gesichter mit Schmollmündern und großen runden Augen. Rufe von hohen Stimmen, die gerade erst ihre ersten Worte erlernen müssen und an der Schärpe meines schneeweißen Gewandes ziehen, mich anbettelten mit ihnen ihr Rollenspiel mitzuspielen. Die Sonne brennt mir auf meiner Haut, meine Augen ziehen über die Kinder her, zu meinen Sohn, der ahnungslos die Kinder musterte. Noch nie hat er auf junge Geschöpfe wie diesen aufgepasst. Er weiß weder was für sie am besten ist, noch was für sie schlecht ist.
Lan Yuan zieht an seinen langen schwarzen Haaren und wirft mir hilflose Seitenblicke zu.
Auf meinen Arm habe ich ein kleines Mädchen, die eine zurückhaltende Einfachheit umgibt, mit ihren selbst genähten braunen Gewand und den langen Zöpfen, die ihr über den Rücken fallen.
"Gege, ich will spielen." Mit ihren kurzen pummligen Händen zeigt sie auf die Gruppe Kinder, die mich umringen.
Wortlos setzte ich sie ab und streichel das seidene Haar, das auf ihren Kopf wächst.
"Hanguang Jun, können wir kurz reden?", fragt er mich höflich. "Selbstverständlich nur, wenn Ihr Zeit habt."
Genauso habe ich ihn erzogen, ruhig und höflich, mit einem sanften Temperament.
"Warte kurz", sage ich und sehe mich nach anderen Kultiverenden um.
In der Gegend halten sich einige kleinere Clans auf, in Grüppchen verteilt besichtigen sie das Dorf, in dem ich heute zu Gast bin. Ich frage herum und schließlich stimmt ein blutjunges Mädchen, mit Augenrändern und ungewöhnlich hellen Haar zu, ihre Wangen sind jugendlich gerötet.

"Was gibt es denn?", frage ich ihn gelassen.
Abseits vom Rest der Anwesenden wandern wir auf einer Lichtung umher. Grüne prächtige Bäume sprießen nebeneinander aus der taunassen Erde, Gräser verdecken die Hälfte unserer Gestalt.
"Bitte sag ja", fleht er mich undeutlich an.
Irritiert hebe ich meine Augenbrauen. "Zu was?"
"Ich möchte heiraten Hanguang Jun. Es ist an der Zeit mir eine Frau zu suchen und eine Familie zu gründen."
"Du hast noch viel Zeit Lan Yuan. Lass dir Zeit beim Suchen. Die richtige wird irgendwann da sein."
"Nein, Hanguang Jun, ich habe sie gefunden. Sie ist in mir in Liebe ergeben und ich ihr. Wir sind jung, uns stehen alle Wege offen. Erlaub mir um ihre Hand anzuhalten."
"Es ist deine Entscheidung." Mein Sohn wollte also heiraten. Wie glücklich er sein muss. Wie viel Neid er auf sich ziehen würde, das war ihm wohl nicht klar. Jeder Mensch sucht einen anderen Menschen, den er lieben und ehren konnte. Die Götter allein wissen wann uns jedem das Recht zusteht, die Person fürs Leben zu treffen, ob wir je mit ihr ein Leben teilen werden.
Denn einige bleiben bis zu ihrem Tod, bis nach ihrer Wiedergeburt mit sich selbst allein, es sind jene, die sich selbst lieben, aber sich trotzdem nach einem perfekten zweiten Ich sehnen, der ergänzt was er nicht hat.
Über Liebe zu sprechen fällt mir schwer, seit ich ein kleines Kind war und meine Mutter umgekommen ist, zweifle ich täglich an ihr. Warum muss sie so ungerecht sein?
Meine Mutter war die schönste Frau, die ich gekannt habe. Schwarzes seidenes Haar, durchsichtige jadeglänzende Haarnadeln aus echter Jade, Gewänder weiß, wie Schnee, ohne Flecken oder Makel. Ihr sanftes Lächeln mit dem sie mich und Lan Xichen beobachtete, die verschwommen weichen Züge ihres Gesichtes. Man hatte sie gefangen gehalten, in einem abgelegenen Teil unseres Clans. Sie liebte meinen verstorbenen Vater nie, aber er sie und als sie mit Lan Xichen schwanger geworden war, blieb ihr nichts anderes übrig, als meinen Vater zum Mann zu nehmen. Manchmal konnte ich Tränenspuren auf ihrer Porzellanhaut erkennen, verblasst, doch da wie Narben, die einen an Vergangenes erinnern. Ihr Leben muss sehr unglücklich verlaufen sein. Wir - ihre eigene leiblichen Kinder - wurden ihr nach der Geburt, eins nach dem anderen, entrissen und Lan Qiren - unseren Onkel - übergeben. Ich weiß, die Meinungen über ihn sind geteilt. Die Kultiverungswelt fürchtet sich vor ihm und seiner pedantischen Art Kinder zu erziehen, aber bisher ist jeder, den er unterrichtet hatte, zu einem jungen höflichen Mann herangewachsen.
Wei Ying ist eine Ausnahme. Er ist ein Feuer das nicht herunterbrennt, immer neu Feuer fängt und sich nicht bändigen lässt. Eine Flamme ist er, warm und mit großen roten Herzen, das er mit dem Feuer beschützt. Man kann sein Temperament nicht zähmen. Ohne es, wäre er nicht er.
"Du bist Lan Xichen um Erlaubnis bitten."
"Ja- Danke Hanguang Jun."
Er verbeugt sich vor mir, seine Stimme angeschwollen vor Freude und Erleichterung. Ich hätte nicht abgelehnt. Es ist sein Leben, seine Entscheidung. In der Liebe kann man sich oft irren, doch noch kenne ich seine Auserwählte nicht und über sie zu urteilen gefällt mir nicht.
"Gib auf dich Acht."
Erschrocken, vielleicht überrascht fährt er im Weggehen herum und fragt: "Warum? Wovor?"
"Du wirst es verstehen, wenn die Zeit gekommen ist", erwidere ich.
"Hanguang Jun, sagt mir doch was Ihr damit meint? Redet nicht in Rätsel!", regt er sich auf, seine Wangen sind vor Aufregung rot angelaufen.
"Ich rede nicht in Rätsel. Nur für die, die keine Ahnung davon haben."
"Meint Ihr die Liebe? Redet Ihr über die Liebe?!", errät er hastig.
"Das tue ich."
"Habt Ihr je geliebt? Also -" Die Frage, die er mir gestellt hast, ist ihm unangenehm und auch unangebracht, wie er bemerkt. "Also ich meine, wart Ihr je in jemanden verliebt oder seid Ihr verliebt?"
"Ja."
"Heiratet die Person doch!", sagt er fröhlich, unreif in seinen Worten und verloren in seiner erwachenden Jugend.
"Ich kann nicht. Sie ist nicht mehr da."
"Oh ... Ist sie ... Ihr wisst schon."
"Nein, nur nicht da. Ich weiß nicht wo sie ist", rede ich mir die Last von der Seele.
"Kenne ich sie? Ich könnte helfen sie zu finden." Es war eine nettgemeinte Geste, er wäre nicht in der Lage ihn zu finden.
"Du kennst sie, ja."
"Wer ist es? Ihr müsst es mir natürlich nicht sagen, aber ich bin schon ein bisschen neugierig Hanguang Jun."
"Es ist Wei Ying."
"Ach so. Oh, es ist Wei Wuxian?"
"Ja."
"Er ist gegangen. Vor sechs Jahren, oder?"
"Das ist er. Und ich habe keine Ahnung wo er steckt."
Die Stille zwischen uns, die eintritt, drängt zum Gehen und mit ein paar freundlichen Worten verabschieden wir uns und ich gehe mit dem Wunsch: Lan Xichen bitte erlaub es ihm. Erlaube ihn das größte Glück zu erfahren das es gibt, auch wenn du es nie erfahren hast.

Im schwindenden Licht des Mondes, setze ich an meinen Schreibtisch, das Gewicht der Schreibfeder, drückt auf meine Hand, als ich das unbeschriebene Papier vor mir sehe, welches darauf wartet, mit Worten der Liebe beschrieben zu werden.
Ich wünschte du könntest hier sein und miterleben wie glücklich A-Yuan ist. Vor einigen Jahren war er noch unsicher, hat noch nichts von dem gesehen und gefühlt, was wir damals durchgemacht haben. Wir sind alle Menschen die sich nach Liebe sehnen. Es fühlt sich falsch an Glück ohne dich zu empfinden, es fühlt sich auch falsch an, jammernd zu beklagen das er eine Liebe gefunden hat. Vielleicht eine von vielen oder es ist die Einzige, die er haben wird. Wo auch immer du gerade bist, vergiss nicht das A-Yuan auf dich genauso wartet, wie ich.
Würdest du bei mir sein, ich glaube, mein Glück wäre vollkommen und ich würde erfüllt von Zufriedenheit und Liebe sein. Ein Kind beim Wachsen beizuwohnen ist etwas Besonderes. Es wird geboren, lernt das erste Wort und kaum sind ein paar lange und kurze Momente vergangen, steht es vor die und bittet dich, um die Hand einer Frau anzuhalten. Ausgewachsen und in voller Pracht, mit allem ausgestattet was das Schicksal der Jugend geschenkt hat. Einst waren wir auch mit den Eigenschaften der Jugend gesegnet, doch bald sie sind ausgebraucht. Mit der Liebe werden sie erhalten, die Fröhlichkeit und all das, was Jugendliche eben haben. Morgen werde ich mich auf den Weg in das Dorf machen, dass du zuletzt durchquert haben musst. Ich hoffe du hast Hinweise für mich hinterlassen, die uns wieder zusammenführen.
Bis auf das wir uns ein drittes Mal treffen Wei Ying.