Xiao Xingchen's Soul

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Du lachst auf. "Was für eine Überraschung!" Deine Augen treffen auf meine und ein Hauch von bekannter Freude, die so ehrlich ist, wie die eines Kindes, leuchtet in ihnen auf. Ich starre, kann meinen Blick nicht abwenden. Dein Anblick ist surreal und flatterhaft und ich fürchte, du könntest meiner Fantasie entspringen, wie in all den Nächten davor.
"Nah, was führt dich hierher?" Noch immer ein breites Grinsen, die Hände fest in die Hüfte gestützt. Wei Ying wendet sich den Untoten zu. "Das die hier rumrennen." Er schüttelt den Kopf.
"Also?" Meine Zunge klebt an meinen Gaumen und will kein Wort über die Lippen kommen lassen. In meinen Kopf schwirren die Gedanken, überschlagen sich fast und Stimmen machen sich laut, Stimmen die mir befehlen, es ihm zu sagen. Aber es ist zu früh.
"Ich habe dich gesucht", erwidere ich und halte seinen fragenden Blick stand. Darüber lacht er knapp und schwingt sich auf einen umgestürzten Baum, der sich kaum von den anderen dort unterscheidet. Die Berglandschaft ist gezeichnet von morschen hohen Bäumen und von Schnee bedeckt, bis an die Spitze.

Er wechselt das Thema, während er die Lippen an seine Flöte ansetzt und eine Melodie spielt. "Du fragst gar nicht, warum ich hier bin? Ich bin hier, weil ich Baoshan Sanren gesucht habe. Aber - tja - ich finde sie nicht." Er zuckt mit den Achseln und wie eine Katze gleitet er vom Baumstumpf hinunter, steht mir nun direkt gegenüber.
"Warum das?", frage ich verwundert. Wirklich, was sucht er bei Baoshan Sanren?
"Das hier" - Wei Ying klopft auf einen Beutel, den er mit sich trägt, "ist das, was von Xiao Xingchen übriggeblieben ist."
Er versucht Xiao Xingchen's Seele zu reparieren. Wei Ying, was tust du nur? Warum versuchst du anderen schon immer zu helfen? "Das ist verrückt", sage ich dazu und umklammere Bichen fest. Adern drücken sich durch meine blasse Haut durch.
"Nein, für den Yiling Patriarch sollte das möglich sein." Seine Augen wandern über den Boden und mit einem Ruck wendet er sich wieder mir zu. Die Goldringe, die in dicken Zöpfen in sein hochgebundenes Haar eingeflochten sind rascheln leise. Eine sanfte dunkle Ausstrahlung heftet sich an seine Fersen, aber als er mir einen Schritt näher kommt wird sie augenblicklich stärker, stärker als sie es jemals gewesen war.
Gedankenlos sagt er verbittert: "Siehst du, diesmal wird mich niemand aufhalten können. Auch nicht du!"
Sein Gewand fließt um seine Gestalt, als er sich abwenden will. Diesmal nicht, diesmal wirst du mich nicht verlassen, wie du es so oft getan. Diesmal werde ich dir meine Liebe beweisen, deine Seele erobern und dir nicht von der Seite weichen. Ich werde immer bei dir bleiben, solange du es willst.

"Warte." Meine Finger schließen sich um sein Handgelenk. Ich kann seinen Puls spüren, dass Blut in seinen Venen, seine Schwäche, die ihn mir näherbringt. Wir beide sind sterblich, wir beide werden eines Tages in der Unterwelt aufeinandertreffen und zu einem Schemen verschmelzen, einen Schemen, der sich nie wieder trennen wird.
Er stockt, ein Zischen kommt ihn über die Lippen und er will sich losreißen. Erstaunlicherweise, ist er nicht stärker geworden, ich kann ihn halten, mühelos und das erschreckt mich. "Lass mich mitkommen."
"Das glaubst du nicht selber? Was hast du vor?" Die einstige Wärme, die er mir entgegengebracht ist geschwunden und seine Stimme ist schneiend hart.
"Wei Ying", spreche ich deinen Namen aus. Er schmeckt süß, aber der bittere Nachgeschmack ist wie Galle. "Lass mich mitkommen, ich werde dir helfen."
Ich flehe dich an, lass mich nicht noch einmal allein mit meinen Verlangen nach dir. Es reicht, wenn ich dich sehen kann, es reicht, wenn ich dir Untertan bin.
Nein, was für eine Lüge, ich will das du mir gehörst, nur mir und keinen anderen, und dass du mich liebst, wie ich dich liebe, die Erde zum Himmel wird, sobald du mich erblickst.
"Wie willst du das?"
Ich überlege, ich will dir nicht entblößen, warum ich dich gesucht habe. Du würdest mich ablehnen. "Komm einfach mit." Da erinnere ich mich an die Massen an Bücher, die in Gusu sind und unter ihnen einige, die verboten sind. "Es gibt Bücher, die Anleitungen zur Wiederherstellung einer Seele haben. Sie sind in Gusu."
"Das soll ich dir glauben? Weshalb hast du mich gesucht? Um mich dort einzusperren?" Du schnaufst und deine Worte sind wie Messerschnitte, die mich mit meinem eigenen Blut besudeln.
"Nein."
"Warum dann?"
Meine Lippen drücken sich aufeinander und plötzlich wird mir Übel. Wellen von Dunkelheit überkommen mich und ich muss mich an einen Baum anlehnen. "Sag es mir!" Ich kann seinen Atem auf meiner Haut spüren, hastiger aufgebrachter Atem und eine Klinge, die sich beinahe durch meinen Hals bohrt. Die Erinnerungen kommen hoch. An die sinnlosen Kämpfe, die wir miteinander ausgetragen haben, an Missverständnisse, die nie geklärt wurden sind.

Nach so vielen Jahren ist es schwer meinen Gefühlen keinen Ausdruck zu verleihen. Ich hätte dich gepackt und dich geküsst, bis dir die Luft wegbleibt, aber das würde ich nie tun, niemals mehr. "Du hast dich verändert", bemerke ich und sehe dir in die Augen. Man sagt die Augen sind der Spiegel zur Seele. In deiner Seele ist so viel Schönheit, Flammen die sich ineinander verschlingen, Leuchten das seinen Platzt findet. Ich hoffe du wirst diese Seele wahren, bis in die Ewigkeit.
Wei Ying weicht von mir ab und lässt Suibian in seiner Hand baumeln. Er fasst sich an den Kopf, verwundert über seine Radikalität. "Tut mir leid. Klar kannst du mit."
Irritiert mustere ich ihn. Er wirkt vollkommen gelassen.
"Das passiert mir manchmal, aber ich habe es im Griff."
"Bist du sicher?"
"Es ist nicht wie letztes Mal."
Mir wird warm ums Herz, als ich die gutmütige Tonlage seiner Stimme höre. "A-Yuan hat sich verlobt."
"Das hat er auch verdient, der Gute. Hat er eine Hübsche abbekommen? Sicher, oder? Ist sie nett?" Der Strom an Fragen will nicht aufhören und ich habe Mühe ihn jede zu beantwortet, am Ende scheint er zufrieden und gähnt, als er die sich senkende Sonne betrachtet.

"Meintest du das ernst, mit mich begleiten?", fragt er mich mit großen Augen und spielt mit Chenqing. Ich habe keine Ahnung, woher er seine Waffen hat. Ich habe geglaubt, sie wäre für immer verloren gewesen. Aber er ist zurück, sowie ich ihn damals vor seinen Tod gekannt habe. Vielleicht sogar in verstärkter Form. Und obwohl man meinen könnte, er hätte sich besonders verändert, stimmt das nicht.
"Natürlich, ich scherze doch nicht."
"Ohhh", macht er melodramatisch. "Ich vergaß, der große Hanguang-Jun hat keinen Humor."
"Haha", erwidere ich ironisch und kann das Anheben meiner Lippen nicht verhindern.
Er schreitet voran und als er versteht, dass ich ihn nicht folge, weil ich zu versunken in meinen Gedanken bin, die sich alle um ihn drehen, fragt er: "Wolltest du mir nicht die Schriften zeigen?"


Again, again and again? - WangXianWo Geschichten leben. Entdecke jetzt