Kapitel 6

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Am nächsten Morgen stand ich schon früh auf und machte mich fertig. Ich zog einen weißen engen Pullover an und darüber ein schwarzes Spaghettikleid, dazu hohe schwarze Stiefel. Meine Haare ließ ich einfach offen und steckte eine Seite hinter mein Ohr.
Ich putze mir die Zähne und schminkte mich dezent. Dann blickte ich in den Spiegel und ein unglaublich trauriges Gesicht schaute mir entgegen. Alles würde sich heute ändern, ich würde die Person treffen, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen müsste. Ich blinzelte die Tränen weg und setzte ein Lächeln auf. Dies war nun mein Leben, eine Fassade, ein Spiel, eine ewige Lüge.
Ich nahm meine magisch vergrößert Tasche, in der alle meine Sachen Platz gefunden hatten und verließ, immer noch lächelnd, mein Zimmer, um zu meinen Eltern hinunter zugehen. Daraufhin apparierten wir auch gleich.

Als ich die Augen wieder öffnete, erblickte ich ein gewaltiges Herrenhaus. Das große Tor vor uns öffnete sich und ein kleiner Hauself erschien, er verbeugte sich gefühlte hundert Mal und führte uns anschließend die lange Allee hinunter zum Haus. Meine Mutter hakte sich bei mir ein, so wie sie es immer tat. Ihre Hand ruhte auf meinem Oberarm, mit dem sie jederzeit Druck ausüben konnte, wenn ich mich nicht verhielt, wie sich es wollte. Immer wieder presste sie ihre Fingernägel in genau diese Stelle, um mir ein Zeichen zu geben, dass ich mich mehr anstrengen müsste oder besser benehmen sollte. Das tat sie schon mein ganzes Leben über und ich hatte kleine Narben an der Stelle. Dank eines Zaubertrankes, hatte ich es geschafft, diese fast unsichtbar wirken zu lassen, sodass man sie nur noch in einem bestimmten Lichteinfall schimmern sehen konnte.

Ich war erstaunt, wie riesig dieses Haus war. Die große Tür öffnete sich und wir traten ein, ein Mann mit langen hellblonden Haaren stand uns gegenüber.
Das konnte nicht wahr sein. Mein Herz pocht immer schneller, meine Gedanken überschlugen sich. Ich kannte nur eine Person, die solche hellen Haare hatte. „Mister Queens", der Mann kam mit einem Höflichkeitslächeln auf den Lippen auf meinen Vater zu und reichte ihm die Hand. Sie begrüßten sich. „Mr. Malfoy."
Also doch. Das war das Anwesen der Malfoys und ich würde in diese Familie heiraten. Soweit ich wusste, war Malfoy ein Einzelkind, er hatte keinen älteren Bruder und es war mir nicht bewusste, dass es eine weitere Familie Malfoy gab, vor allem mit diesem Haar. Aus einem weiteren Raum trat eine hübsch aussehende Frau mit einem strengen Blick, welche mir jedoch ein Lächeln schenkte und hinter ihr erschien er. Er stand da, in einem schwarzen Anzug, seine Haare zurechtgemacht wie immer, mit seinem eiskalten, desinteressierten Gesichtsausdruck.
Draco Malfoy.

Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, meine Gefühle fuhren Achterbahn und mein Herz fühlte sich an, als würde es gleich aus meiner Brust springen.
Doch das alles ließ ich mir nicht anmerken. Sein Blick blieb kurz an mir hängen, sein Gesicht sah für eine Millisekunde überrascht aus. Wahrscheinlich wusste er genauso wenig wie ich, welche Familie jeweils gemeint war. Doch schon stellte sein Vater ihn vor und sein Blick wanderte zu meinen Eltern, welchen er die Hand gab. Nun stellte meine Mutter mich vor und ich machte einen kleinen Knicks und lächelte.
Wir gingen in einen großen Salon und unsere Eltern erzählten viel, Draco und ich schwiegen die ganze Zeit.
Meine Mutter fand es eh besser, wenn ich den Mund hielt und wahrscheinlich würde meine Stimme viel zu hoch und zittrig sein, da ich noch immer nicht darauf klarkam, dass ich wirklich Malfoy heiraten sollte.

Als es draußen langsam dämmerte, gingen wir in den Speisesaal neben an und aßen zu Abend. Danach führte er mich auf sein Zimmer, während wir die Eingangshalle durchquerten, kam uns Bellatrix Lestrange entgegen. Sie musterte mich und mir lief ein Schauer über den Rücken. Was tat die denn hier? Doch Draco lief unbeirrt weiter und ich musste mich beeilen, um mit ihm mitzuhalten.

Meine Tasche stand schon in seinem Zimmer, da ich hier nun wohnen würde. Aus den Gesprächen hatte ich herausgehört, dass die Hochzeit schon in zwei Tagen stattfinden sollte. Bei dem Gedanken daran, zog sich mein Magen zusammen. Es war alles viel zu schnell. Ich öffnete meine Tasche und suchte nach meinem Nachthemd.
„Was wird das hier Queens?", seine Stimme war kühl und genervt. Ich erhob mich langsam, drehte mich ihm zu und lächelte.
„Ich suche mein Schlafzeug, ich bin müde." Dann wanderte mein warnender Blick zur Tür.

Meine Mutter war ein unglaublicher Kontrollfreak und es würde mich nicht wunder, wenn sie an der Tür lauschen würde. Anscheinend verstand er meine Geste, denn er kam näher und stand neben mir, was mich unendlich nervös machte.
„Wieso verhältst du dich so merkwürdig?", flüsterte er mir ins Ohr. Ich konnte seinen Atem spüren und ein Kribbeln schlich sich über meinen Körper. Ich atmete ganz langsam aus, drehte meinen Kopf zu ihm, unsere Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Ich sah ihm direkt in die Augen und meine Stimme war ebenfalls kühl, aber auch ich flüsterte.
„Ich würde eher einen Tag mit du weißt schon wem persönlich verbringen, als 2 Minuten mit meiner Mutter in einem Raum." Dann wandte ich mich wieder meinen Sachen zu. „Das Bad?", ich nickte mit dem Kopf in Richtung einer weiteren Tür im Zimmer. Er nickte und ich ging hinein, verschloss die Tür und fing an, mich bettfertig zu machen.

Doch weit kam ich nicht, die ersten Tränen bahnten sich ihren Weg. Ich presste meine Hand vor den Mund, um kein Geräusch von mir zugeben. Auf der einen Seite war ich wirklich glücklich, denn ich würde Draco Malfoy heiraten, die Person, die ich über alles liebte. Gleichzeitig war dies aber auch mein Ende. Ich würde niemals das eigenständige selbstbestimmte Leben führen können, welches ich mir so sehr wünschte und zum Anderen würde er mich niemals lieben. Er verabscheute mich, vielleicht hasste er mich sogar, das war bei unserer Begegnung im Krankenflügel deutlich geworden. Mein Herz freute sich und gleichzeitig fühlte es sich an, als würde es jemand in tausend kleine Stücke reißen.

Ich lief ein paar mal auf und ab, um mich zu beruhigen. Dann wusch ich mein Gesicht, legte meine Sachen zur Wäsche und zog mein rosa Nachthemd an. Es hatte einen tiefen Ausschnitt am Rücken, war recht kurz und auch vorne hatte es einen kleinen Ausschnitt. Für etwas zum Schlafen war es schon recht sexy, aber so sahen alle meine Nachthemden aus. Meine Mutter erlaubte nur solche, schließlich müsste ich mich immer von meiner ‚besten' Seite zeigen.
Ich verließ das Bad und stockte kurz, Draco hatte sich ebenfalls umgezogen oder besser gesagt ausgezogen. Er trug lediglich eine schwarze Boxershorts. Sie war ein starker Kontrast zu seiner blassen Haut. Er stand am Fenster und schaute traurig, im Gedanken versunken auf seinen linken Unterarm. Er bemerkte mich nicht, doch ich durchbrach die Stille. „Das Bad ist frei."
Er zuckte ein wenig zusammen, seinen Arm zog er schnell an sich. Er musterte mich von oben bis unten, was gemischte Gefühle in mir auslöste.

Ich tapste zu der anderen Seite des Bettes und er ging ins Bad. Zu meinem Glück lagen zwei Decken auf dem Bett. Ich hatte schon die Befürchtung, wir müssten uns eine teilen. Meiner Mutter würde ich sowas zutrauen. Mein Herz pochte wie wild, ich nahm die Decke und kletterte ins Bett. Es war recht groß, sodass wir beide genug Platz darin hatten.
Die Bettwäsche war weich und roch frisch. Ich fühlte mich sogar recht wohl, auch wenn es ein unglaublich komisches Gefühl war. Noch vor einigen Wochen hatten wir uns vor dem Raum der Wünsche gestritten, im Krankenflügel hatten wir uns angezickt und er hatte mir solch hasserfüllte Blicke zugeworfen. Und nun saß ich hier, wir würden uns ein Bett teilen und schon in zwei Tagen wären wir verheiratet.

Dieser Gedanke war immer noch absurd. Er kam aus dem Bad, ich konnte nicht anders, als ihn zu beobachten. Draco war groß und schlank, dennoch konnte man die Muskeln erkennen. Er war einfach wunderschön. Draco ließ sich auf der anderen Seite des Bettes nieder, mit einem Wisch seines Zauberstabs erlosch das Licht. Er legte sich hin, mit dem Rücken zu mir. Die Stille im Raum war unerträglich, doch hatte ich wirklich gedacht es würde anders sein? Ich legte mich ebenfalls hin, mit dem Rücken zu ihm. In meinem Kopf tobte ein Chaos, wie ich es noch nie erlebt hatte. Ich fühlte alle Gefühle, die es nur gab.

Am liebsten würde ich wegrennen und dieses Leben hinter mir lassen. Doch das würde auch bedeuten, ich würde Draco niemals wiedersehen und das würde ich nicht übers Herz bringen. Meine Hand krallte ich in die Bettdecke und stumm lief mir eine Träne über das Gesicht. Dies würde von nun an meine Zukunft sein.

MatrimoniumWhere stories live. Discover now