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Es dauerte nicht lange, bis sie alle zurück waren und vor der Hütte der Sullys standen. Es herrschte eine bedrückende Stille, während die Erwachsenen drinnen alles versuchten, um Kiri zu helfen.
Nymeria sah kurz rüber zu Tsireya, die ihren Kopf schüttelte und sie ernst ansah. Das Mädchen wusste genau, worauf die Heilerin hinaus wollte, aber hielt es für eine schlechte Idee, nach dem, was erst gestern passiert war.
Nymeria verdrehte nur ihre Augen, als sie sich kurz darauf zwischen den Anderen durchquetschen wollte, um das mauri zu betreten. Dieses Mal war es nicht Tsireya, der ihr Verhalten auffiel, sondern Ao'nung.
„Nymeria, nicht.", war das Einzige, was er sagte, als er das Mädchen sanft zurückzog.
Noch bevor Nymeria antworten konnte, kam Ronal und scheuchte die Kinder zur Seite, ehe sie in dem mauri verschwand. Kurz darauf wurden die ganzen Maschinen, die anscheinend von den Himmelsmenschen mitgebracht worden sind und die Nymeria bis jetzt nicht bemerkt hatte, herausgetragen. Ao'nung und Rotxo waren schon wieder verschwunden, entweder hatten sie irgendetwas zu tun, oder sie waren wirklich skxawng, denen es egal war, was gerade passiert war.
Tsireya hingegen war gerade bei Lo'ak und versuchte, ihn etwas zu beruhigen, ihm positiv zu zureden.
Nymerias Blick blieb an Neteyam hängen, der nervös auf und ab ging, sein Blick ging immer wieder zum mauri hinüber. Unsicher stand sie für einen Moment da und überlegte, ob sie zu ihm rüber gehen, oder ihm etwas Zeit geben sollte.
Schlussendlich fasste das Mädchen sich ein Herz und ging zu ihm hin.
„Neteyam?", fragte sie vorsichtig, als dieser vor ihr stehen blieb.
Er sagte nichts, sondern sah sie einfach nur an, als würde er darauf warten, dass sie weitersprach, egal worüber. Irgendwas, das ihn ablenkte.
„Es wird ihr wieder besser gehen. Unsere Tsahik weiß, was sie tut... Kiri ist in guten Händen!", fing sie an und nahm seine Hand vorsichtig in ihre. „Gib dir nicht die Schuld dafür. Wie hätte man wissen sollen, dass sowas passieren würde." Sie war sich nicht sicher, ob ihre Worte überhaupt halfen, aber es war immerhin besser, als nichts zu sagen.
Dass Neteyam sie immer noch nur ansah und nichts dazu sagte, machte das Mädchen etwas nervös und unsicher.
„Tut mir leid...Ich bin nicht gut in sowas.", murmelte sie und ließ seine Hand wieder los, kurz darauf wurde sie in eine Umarmung gezogen. Etwas überfordert stand Nymeria nun da und wusste nicht genau, wie sie darauf reagieren sollte.
„Danke.", flüsterte er schon beinahe in ihr Ohr, wodurch sich eine leichte Gänsehaut auf ihrem Körper ausbreitete. Vorsichtig legte Nymeria ihre Arme um ihn und erwiderte somit die Geste.

Für einen Moment standen die beiden einfach nur da, als Nymeria etwas auffiel. „Neteyam.", sagte sie sanft und schob ihn leicht von sich weg, den Blick auf seine Hüfte gerichtet. Verwirrt folgte er ihrem Blick und bemerkte, was sie meinte: Eine kleine Wunde war zu sehen, jedoch hielt er sie für unwichtig, bis eben hatte er sie ja nicht einmal bemerkt. „Komm mit, ich kümmere mich darum." Erneut nahm sie seine Hand und wollte ihn mit sich ziehen.
„Das ist doch nichts, außerdem kann ich nicht weg, was ist mit Kiri!"
„Lo'ak und Tsireya sind hier... Sie werden schon Bescheid geben, wenn sie wach wird. Die Wunde ist zwar klein, aber sie kann sich dennoch entzünden und dann wirst du Probleme haben, die Entzündung wieder loszuwerden." erklärte sie und zog ihn hinter sich her, diesmal ließ Neteyam sich mitziehen, wenn auch widerwillig.

Bei dem mauri angekommen, wo gestern noch das Mädchen behandelt wurde, wies Nymeria ihn an, sich zu setzen, während sie anfing, einige Kräuter zusammen zu mischen.
„Seit wann lernst du das Heilen?", fragte Neteyam nach einer Weile der Stille, während sein Blick jeder Bewegung des Mädchens folgte.
„Ich habe schon sehr früh angefangen.", antwortete sie und drehte sich zu ihm um, eine kleine Schale mit der Mischung in der Hand. Nymeria ging auf ihn zu und Kniete sich vor ihn auf den Boden. „Nachdem ich den Menschen, die mir am Wichtigsten waren, nicht helfen konnte, da ich noch zu unerfahren war, habe ich mich sehr früh dazu entschieden, mich von Ronal lehren zu lassen." Vorsichtig fing sie an, die Mischung auf der Wunde zu verteilen, was Neteyam ein leises Zischen entweichen ließ, was Nymeria etwas zum Schmunzeln brachte. Bewusst erzählte das Mädchen ihm nicht die ganze Geschichte, dazu war sie noch nicht bereit. Außerdem kannte sie ihn nicht lange genug, selbst Tsireya und Aonung kannten die komplette Geschichte nicht sondern nur das was Nymeria sie wissen ließ. Ronal und Tonowari waren die einzigen die die komplette Geschichte kannten.
„Das findest du also amüsant, was?", sagte er, ein Grinsen auf seinen lippen, jedoch verzog er einen Moment danach dennoch sein Gesicht.
„Ein wenig vielleicht." erwiderte das Mädchen und sah zu ihm rauf, erst jetzt fiel ihr auf, wie nah sich die beiden eigentlich waren.
Sie merkte, wie ihr Herz schneller schlug und ihr Blick sich nicht von seinen Augen abwenden konnte, diese gelben Augen hatten irgendwas an sich, aber was genau es war, konnte sie sich nicht erklären. Erst als ihr Gegenüber scharf die Luft einzog, konnte sie sich von seinen Augen losreißen.
„Oh Eywa...das tut mir leid, ich wollte nicht-" Nymeria sah ihn mit großen Augen an.
„Ach alles gut... ", beschwichtigte er das Mädchen und legte seine Hand auf ihren Kopf.
Beschämt sah sie zur Seite und legte die Schale ab. „Achte darauf, dass du dich vorerst vom Wasser fern hältst, damit es einwirken kann. Sonst war das hier alles umsonst.", erklärte sie nun und sah unsicher wieder zu ihm hoch.
„Ich werde dran denken maite hì'i zeykoyu." (meine kleine Heilerin), sagte er grinsend und nahm seine Hand wieder von ihrem Kopf.
Bevor Nymeria etwas erwidern konnte, geschweige denn überhaupt realisierte, was er gerade gesagt hatte, kam Tuk in das mauri gelaufen und musterte die beiden zunächst etwas verwirrt.
„Kiri ist wieder wach!", sagte sie schließlich mit einem breiten Grinsen in ihrem Gesicht.
Neteyam sprang förmlich auf, während Nymeria noch etwas verwirrt da saß und versuchte, ihr Herz zu beruhigen, was ihr gefühlt bis zum Hals schlug.
„Kommt ihr endlich?", grummelte Tuk etwas, ehe sie auch schon wieder abhaute.
Neteyam hielt Nymeria nun die Hand hin, die sie zögernd nahm.
Anstatt sie wieder loszulassen, hielt er sie weiter fest, bis sie am mauri der Sullys ankamen.

My little Healer || Neteyam Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt