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Nach einer Weile bekam Nymeria langsam Panik, da viel zu viel Zeit verging. So gut wie das ganze Dorf folgte Jake und den anderen, nur einige Frauen und Kinder blieben zurück. Das Mädchen versuchte, ihren Aufgaben nachzugehen und gleichzeitig die Frauen und Kinder zu beruhigen, wobei sie aber nicht sehr erfolgreich war.
„Wird Papa wiederkommen?", fragte sie ein kleines Mädchen, was neben Nymeria stand, als diese aufs Meer hinaus schaute.
Am liebsten würde sie sagen, dass alles gut werden würde, dass sie sich keine Sorgen machen müsse und ihr Vater bald wieder nach Hause käme. Das wäre aber gelogen, denn wie könnte Nymeria dem Mädchen so etwas sagen, obwohl sie genau wusste, was alles passieren konnte!
„Mach dir keine zu großen Sorgen. Geh lieber zu deiner Mutter, sie braucht dich.", sprach die Heilerin sanft und schenkte dem kleinen Mädchen ein Lächeln. Das Mädchen erwiderte das Lächeln etwas und ging, wie ihr befohlen, zurück zu ihrer Mutter. Erst jetzt fiel Nymeria auf, dass es das Mädchen war, das sie vor einigen Wochen geheilt hatte. Überrascht aber auch zufrieden, dass es sich so gut erholt hatte, beobachtete sie das Mädchen noch für einen Moment, ehe sie wieder an die Arbeit ging, um sich irgendwie abzulenken.

Die Sonne ging langsam unter und die ersten Krieger kamen zurück, einige stärker verletzt, als andere. Direkt machte Nymeria sich daran, die Wunden zu versorgen und etwas Ordnung in die Situation zu bringen. Irgendwann kamen auch Tonowari und Ronal zurück, sowie Ao'nung und Rotxo, aber von Tsireya und den anderen war weiterhin keine Spur zu sehen.
„Ao'nung!", rief Nymeria und lief auf ihn zu. Ohne etwas zu sagen, zog er sie in eine Umarmung, etwas überfordert erwiderte die Heilerin diese und strich über seinen Rücken.
„Wo sind die anderen?", fragte sie schließlich und löste sich aus der Umarmung.
„I...Ich weiß es nicht... Ich dachte, sie wären schon wieder hier." Leichte Panik war in seinem Gesicht zu erkennen.
„Hey, hey..." Nymeria nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände, damit er sie endlich anschaute, anstatt sich die ganze Zeit panisch umzusehen.
„Beruhig' dich erstmal... lass' dich verarzten, ich werde nachsehen, wo sie sind, okay?", sprach sie langsam, damit er sie auch verstand, da er gerade nicht wirklich mit dem Kopf bei der Sache war. Abwesend nickte er nur und somit ließ Nymeria sein Gesicht wieder los.
Kurz ließ sie ihren Blick über den Strand wandern und sah, dass Ronal gerade damit beschäftigt war, einige der Verletzten zu verarzten. Ihre Chance.
So schnell ihre Beine sie trugen, lief sie zum Meer und rief ihren Ilu. In diesem Moment bemerkte Ronal, was Nymeria vorhatte, doch es war bereits zu spät: Das Mädchen verschwand in den Wellen und ließ ihre besorgte Tante zurück.
Ihr tat es Leid, einfach so zu verschwinden, aber Nymeria konnte nicht einfach da bleiben und warten. Was ist, wenn die Anderen Hilfe brauchten? Was, wenn es schon zu spät war?
Nein, darüber wollte die Heilerin lieber nicht nachdenken. Positiv bleiben!
Konzentriert darauf, so schnell wie möglich zum Ort des Geschehens zu kommen, stockte das Mädchen für einen Moment.

Langsam ließ Nymeria ihren Ilu durch das Wasser gleiten, in dem einige leblose Körper der Metkayina Krieger herumtrieben. Es sah einfach schrecklich aus und das Blut, das aus den tödlichen Wunden lief, färbte das Wasser in der Nähe in einem tiefen Rot, das weiter nach außen immer heller wurde, bis es irgendwann durchsichtig war und im Blau des Wassers verschwand.
Nymeria sah sich die Gesichter der Na'vi an und hoffte, nicht einen der Sullys oder ihre Cousine zu finden. Ihr Magen zog sich zusammen und es fühlte sich an, als müsse sie sich übergeben. Nymeria versuchte, dieses Gefühl zu unterdrücken und tauchte auf.
An der Wasseroberfläche angekommen, atmete sie erst einmal tief durch und versuchte, sich wieder etwas zu beruhigen. Das alles war zu viel für sie und die Angst wuchs umso mehr, doch sie musste sich konzentrieren und ihre Aufmerksamkeit auf die Rettung ihrer Freunde lenken.
Die Heilerin atmete tief ein und tauchte erneut unter. So gut es funktionierte, navigierte sie ihren Ilu durch die Leichen, die um sie herum trieben, was mehr oder weniger gut funktionierte. Ab und an stieß sie mit ihrem Ellbogen oder Beinen gegen einen von ihnen, was sie immer leicht zusammenzucken ließ.

My little Healer || Neteyam Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon