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Asche. Staub. Geröll.
Nichts existierte mehr von dem Ort, welchen sie einst ihr Zuhause genannt hatte. Nichts mehr als zerbrochene Hütten und schwere, graue Asche.
Asche, die den Boden bedeckte, wie sanfter Schnee im tiefsten Winter, die sich wie eine Decke über die verbrannten Reste ihres Dorfes legte und nichts zurückließ, als die ihr bleibenden Erinnerungen.
Ihre Augen wanderten langsam über die zerfallenen Überreste, versuchten, jedes Detail zu analysieren, um es in ihrem Kopf abzuspeichern.
Sie wollte diesen Ort nicht vergessen,
wollte nicht vergessen, dass es endgültig vorbei war. Selbst, wenn die Last auf ihren Schultern nur schwerer zu werden schien.
Je weiter sie durch das Dorf ging, desto schlimmer wurde es. Leichen überall.
Die Übelkeit stieg in ihr hoch und Nymeria musste sich zusammenreißen, um sich nicht zu übergeben.
Das Mädchen stockte, es fühlte sich an, als würde die Luft aus ihr herausgezogen werden, als sie ihre Familie sah. Ronal. Tonowari. Ao'nung. Tsireya. Sie alle lagen einfach da, keiner von ihnen bewegte sich...doch bevor Nymeria sie erreichen konnte, ertönte ein unangenehmes Piepen.

Nymerias Körler zuckte leicht, ausgelöst durch den Alptraum, den sie hatte, während ein leises Piepen an ihr Ohr drang, das immer lauter wurde.
Sie öffnete langsam ihre Augen.
Ihr Blickfeld war verschwommen, weshalb sie einige Male blinzelte, in der Hoffnung, dass es dadurch besser würde. Tatsächlich konnte das Mädchen nun wieder etwas besser sehen und als sie vorsichtig ihren Kopf zur Seite drehte, konnte sie ein ihr unbekanntes Gerät erkennen, welches das unerträgliche Piepen verursachte.
„Was zum...", murmelte Nymeria und setzte sich langsam auf, als für einen kurzen Moment schwarze Punkte vor ihren Augen tanzten. Ihr ganzer Körper schmerzte, doch sie versuchte es zu ignorieren und ihren Arm zu bewegen. Wenn sie das tat, zog es etwas, wie ein kleiner Stich. Der Blick des Mädchens fiel direkt auf ihren Arm: Etwas war in ihrer Haut, das am anderen Ende mit irgendetwas an diesem piependen Ding verbunden war, auch an ihrer Brust war etwas befestigt. Nymeria zog dieses heraus, was etwas schmerzte, aber erträglich war. Die Pflaster an ihrer Brust waren im Gegensatz dazu deutlich angenehmer abzuziehen, dennoch hörte das Piepen nicht auf, im Gegenteil: es wurde unregelmäßiger. Genervt stand das Mädchen auf. Auch wenn sie noch ziemlich wacklig auf den Beinen war, versuchte sie doch, Schritt für Schritt weiterzukommen, Hauptsache weg von diesem unerträglichen Geräusch. Das Mädchen stützte sich an der Tür nach draußen ab und ließ ihren Blick über den Strand wandern. Es war relativ ruhig, was Nymeria etwas verwunderte, da zu dieser Zeit eigentlich immer recht viel los war.
„Komisch...", murmelte sie und verließ langsam die Hütte. Die Sonne schien ihr direkt ins Gesicht, weshalb sie ihre Augen für einen Moment zu kniff, denn das grelle Licht brannte darin.
Für einen Augenblick stand sie einfach nur da und versuchte, sich an das Licht zu gewöhnen, was ehrlich gesagt schwerer war, als sie gedacht hatte.
Als es dann doch langsam ging und Nymeria ihre Augen wieder öffnen konnte, taumelte sie weiter über den Strand in die Richtung des mauri der Sullys.
Sie musste ihn einfach sehen, sicher
gehen, dass es ihm gut ging. Ihr Herz schlug schneller, je näher sie der Hütte kam, es fühlte sich an, als würde es jeden Moment aus ihrer Brust springen.
Dort angekommen, zögerte sie für einen Moment, traute dich nicht, durch die Tür zu gehen. Was ist, wenn es doch schief gegangen war? Wie lange war sie überhaupt weg gewesen? Fragen über Fragen schossen durch ihren Kopf und erneut begann dieser zu schmerzen. Nymeria atmete einmal tief durch, fasste sich ein Herz und betrat die Hütte.

Im Kreis saßen die Erwachsenen zusammen und unterhielten sich gerade, doch als diese Nymeria bemerkten, die in der Tür stand, starrten sie sie nur an. Ungläubig, dass sie wirklich hier vor ihnen stand, stand Ronal auf und ging langsam auf die junge Heilerin zu.
„Nymeria...", hauchte sie und legte ihre Hände an die Wangen des Mädchen, um sicherzugehen, dass sie es sich nicht nur einbildete. Als Ronal sich nun sicher war, dass es sich wirklich um Nymeria handelte, zog sie ihre Nichte in eine Umarmung, so fest, als würde das Mädchen jeden Moment wieder verschwinden können.
„Oh Eywa...ich danke dir!", murmelte die Tsahìk und ließ langsam von dem Mädchen ab. Die anderen Erwachsenen standen nun neben ihr und musterten Nymeria, die einfach nur da stand und keinen richtigen Ton herausbrachte.
„Wie...Wie lange?", war das einzige, was sie schließlich doch herausbekam.
„Mein Kind...", sprach nun Tonowari und sah Nymeria mitleidig an, wusste aber nicht genau, wie er es ihr sagen sollte.
„Einige Wochen.", beantwortete Ronal die Frage kurz und knapp, während Nymeria leicht schluckte. Vorsichtig nickte sie mit dem Kopf.
„Neteyam...", sagte sie, ihre Stimme beinahe nur ein Flüstern.
„Ihm geht es gut...Dank dir.", sagte nun Jake und ging auf Nymeria zu.
„Du hast ihn gerettet. Wir können dir nicht genug dafür danken-", fing Jake an, wurde jedoch von Nymeria unterbrochen, die nach seiner Hand griff und sie in ihren Händen hielt.
„Ihr braucht mir nicht zu danken...", sprach die Heilerin und lächelte ihren Gegenüber leicht an.
„Solange es ihm gut geht, reicht mir das." Vorsichtig ließ sie wieder seine Hand los und musterte die Erwachsenen.
„Die Kinder sind gerade unterwegs, aber sie sollten jeden Moment wieder kommen. Du solltest dich noch etwas ausruhen, ehe sie zurückkehren...sie haben dich ziemlich vermisst.", sagte Neytiri nun und nahm Nymerias Hand. Sanft zog sie diese zu sich und setzte sich mit ihr wieder hin, die anderen setzten sich dazu und erzählten dem Mädchen, was es alles verpasst hatte.

My little Healer || Neteyam Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ