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„Nymeria!"
Unsanft wurde das Mädchen aus dem Schlaf gerissen.
„Was..." Verwirrt sah sie sich, mit noch leicht zusammengekniffenen Augen um und versuchte, sich an das Licht zu gewöhnen, das in ihren Augen brannte.
Erst nach einem Moment konnte Nymeria erkennen, wer da vor ihr stand: Es war Ronal, die ihre Arme vor der Brust verschränkte.
„Auf mit dir wir haben viel zu tun", sagte sie trocken und verließ kurz darauf das mauri, während das Mädchen noch verschlafen da saß und versuchte, klarzukommen.

Nachdem sie es dann doch geschafft hatte, aufzustehen und sich etwas zu Essen nahm, fiel ihr auf, dass keiner mehr da war. Seltsam. Ohne sich weitere Gedanken zu machen, verließ sie das mauri und sah sich nach Ronal um, die nicht weit von diesem vor einem anderen mauri wartete.
Schnellen Schrittes ging Nymeria hinüber und sah aus dem Augenwinkel, wie Tsireya und Aonung mit den Sullys auf den Ilu ritten.
„Lenk dich nicht ab!" Ronal sah das Mädchen ernst an, während dieses nur leicht nickte.
„Wir haben einen langen Tag vor uns.", fügte sie noch hinzu und betrat kurz darauf das mauri.
Seufzend folgte Nymeria ihr.

Der Tag zog schnell an ihr vorbei und ehe Nymeria sich versah, gab es auch schon Abendessen. Schweigend saß sie mit den anderen am Tisch und konnte es kaum erwarten, Neteyam zu treffen, den ganzen Tag schon waren ihre Gedanken bei dem Omatikaya Jungen gewesen.
Nach dem Essen stand Nymeria auf und wollte gerade das mauri verlassen, als Tonowaris Stimme sie aufhielt.
„Wohin des Weges?" Seine Stimme monoton, sodass Nymeria nicht wirklich einschätzen konnte, wie er drauf war.
„Ich wollte noch ne Runde schwimmen... der ganze Tag war so vollgepackt, dass ich keine Zeit dazu hatte...", fing sie an und sah zu ihrem Onkel, dieser schüttelte jedoch nur leicht den Kopf.
"Schwimm nicht zu weit raus und bleib nicht so lange weg!"
Das Mädchen nickte leicht und ging hinaus Richtung Strand. Neteyam war noch nicht da, als Nymeria an dem verabredeten Punkt ankam, deshalb setzte sie sich erstmal hin und wartete darauf, dass dieser auftauchen würde. Es verging einige Zeit und als der Junge immer noch nicht da war, stand das Mädchen auf und seufzte leise. Was hatte sie sich eigentlich gedacht? Dass er wirklich nochmal kommen würde, nach dem, was sie alles erzählt hatte? War sie wirklich so naiv gewesen, zu glauben, dass er tatsächlich Interesse an ihr hatte? War das alles einfach nur ein Spiel für ihn?
Fragen über Fragen gingen durch ihren Kopf, als erneut ein leises Seufzen ihre Lippen verließ. Sie drehte sich um und ging langsam zurück, als plötzlich eine Hand ihre Schulter berührte.
Erschrocken drehte sie sich um und sah in die gelben Augen von Neteyam.
„Tut mir leid, es war echt schwer, sich weg zu schleichen.", sagte dieser außer Atem und lächelte das Mädchen entschuldigend an.
„S..Schon okay, ich dachte nur...", fing Nymeria an und schüttelte dann leicht den Kopf. „Egal. Komm mit, ich wollte dir doch noch was zeigen!", sprach sie ruhig und nahm seine Hand in ihre, ehe sie ihn hinter sich her ins Wasser zog.
„Es ist nicht weit, aber wir müssen etwas schwimmen.", erklärte sie ihm und tauchte kurz darauf auch schon ins Wasser. Neteyam schüttelte nur grinsend seinen Kopf und tauchte kurz nach ihr Unterwasser, immer noch war er von der Schönheit des Meeres fasziniert. Ob er sich wohl jemals daran gewöhnen würde, oder es immer so etwas Besonderes blieb?
Länger konnte er jedoch nicht darüber nachdenken, denn er versuchte, Nymeria zu folgen, die schon ein Stück vor ihm schwamm.

Nach einigen Minuten kamen die beiden an einem Höhleneingang an.
Vertraust du mir?", fragte sie den Jungen in Zeichensprache und musterte ihn genau.
Natürlich.", antwortete er auf ihre Frage, als wäre es selbstverständlich.
Nymeria schwamm als erste durch den relativ engen Eingang, dicht gefolgt von Neteyam, der trotzdem etwas nervös wirkte, als er sich durch den Eingang zwängte. Doch es hatte sich gelohnt, denn als die beiden auftauchten, waren sie in einer wunderschönen Höhle.
Das Licht des Mondes fiel direkt auf die beiden, während die Kirstalle, die an den Wänden waren, glitzerten.
Nymeria schwamm an den Rand und kletterte hinauf. Die Beine immer noch im Wasser hängend saß sie da, als ihr Blick auf Neteyam fiel, der immer noch die Schönheit dieses Ortes bewunderte.
„Tsireya und ich haben diese Höhle durch Zufall gefunden.", fing das Mädchen an und lenkte somit die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich, dieser schwamm nun auch hinüber zum Rand, er blieb jedoch im Wasser, direkt vor ihr und legte seine Hände, rechts und links neben ihr ab, während er sie ansah. Nymeria konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden und die Nähe zu ihm ließ Hitze in ihren Kopf schießen.
„Wir...Wir haben uns hier immer versteckt, wenn alles zu viel wurde, oder wir einfach nur ungestört sein wollten.", fuhr sie schließlich fort und wandte den Blick ab.
„Und wieso hast du es mir dann gezeigt?", fragte er schließlich und sah sie neugierig an.
„Naja...jetzt wo diese Sache ist, können wir uns nicht mehr richtig unterhalten, ohne dass jemand das mitbekommt... und sich immer abends zu treffen wird auch nicht immer funktionieren.", fing sie an und sah verlegen zu ihm. „Und so können wir uns auch tagsüber sehen... ohne dass es auffallen würde.", fügte sie noch schnell hinzu und biss sich leicht auf die Lippe.
„Da will mich jemand wohl öfter sehen.", gab er nur grinsend zurück und lachte leicht auf, als Nymeria ihm leicht gegen die Schulter schlug.
„Komm, ich hab doch Recht, oder nicht?", sagte er ruhig und kam ihr etwas näher.
Der Atmen des Mädchen stockte und sie sah ihn mit leicht geweiteten Augen an.
„W..Was nein! Bild' dir nicht zu viel drauf ein!", stotterte sie vor sich hin und würde am liebsten im Erdboden versinken. Ein leichtes Grinsen war auf seinen Lippen zu erkennen, als er ihr noch näher kam und er seine Stirn gegen ihre lehnte.
„Deine Körpersprache sagt aber etwas ganz anderes.", hauchte er und legte eine seiner Hände auf ihren Oberschenkel. Nymeria brachte kein Wort heraus, während es sich so anfühlte, als würde ihr das Herz jeden Moment aus der Brust springen.
„Neteyam...", murmelte sie kaum hörbar, doch ihre Stimme brach kurz darauf wieder. Wie konnte es nur sein, dass er so viel Kontrolle über sie hatte?
„Mh?", gab er nur von sich, als seine Hand sich von ihrem Oberschenkel entfernte und er sie auf ihre Taille legte, woraufhin er sie näher zu sich zog und damit wieder ins Wasser hinein. Automatisch legte Nymeria ihre Hände um seine Schultern, da sie den Boden nicht berühren konnte, wo Neteyam noch stehen konnte, denn er war ein ganzes Stück größer als sie.
„Neteyam...", fing sie wieder an, die Stimme immer noch leise.
„Nymeria", sagte er nun und sah sie abwartend an, seine Stirn immer noch an ihre gelehnt.
Oel ngati kameie Neteyam." Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern, erstmal, weil sie immer noch nicht ganz darauf klar kam, was hier gerade passierte, des Weiteren, weil sie etwas Angst hatte, ob es nicht eine dumme Idee gewesen war, diese Worte zu sagen.
Überrascht lehnte Neteyam seinen Kopf zurück und musterte ihr Gesicht, als würde er nicht ganz glauben, dass sie das gerade wirklich gesagt hatte. Sein Griff um Nymerias Taille verstärkte sich etwas, während er seine freie Hand an ihre Wange legte.
Oel ngati kameie, Nymeria.", hauchte er nun auch und lehnte sich zu ihr vor und noch bevor das Mädchen irgendwie reagieren konnte, lagen seine Lippen schon auf den ihren.

My little Healer || Neteyam Where stories live. Discover now