12 - Eye of the Storm

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Augenblicklich kommt Schocker dem Befehl seiner Reiterin nach und verkneift sich weitere Fragen dazu. Der Ton ihrer Stimme war schon deutlich genug, dass sie etwas sah, was Gefahr bedeuten kann. Lieber Vorsicht als Nachsicht, insbesondere auf dem offenen Meer.
Sobald er sich sicher sein kann, in den Wolken mehr Deckung zu haben, folgt er dem Blick seiner Reiterin. Und versteht ihre Reaktion. Denn zwei Wikingerschiffe, bei denen man nicht ausmachen kann, ob diese nun zu Jägern oder doch den eher „harmloseren" Wikingern gehört, will man lieber einmal mehr meiden.

Tatsächlich sollte Violenes Anfangsverdacht sich erhärten.
Auf den Schiffen sind weder Käfige noch ähnliche Gerätschaften zu sehen, wie sie es sonst bei den verschiedenen Drachenjägerschiffen gesehen hatte. Auch die Wikinger, die auf den zwei Schiffen zu arbeiten scheinen, tragen... normale Wikingerkleidung? Nichts davon sieht auch nur ansatzweise nach einer Rüstung aus, geschweige denn Panzerungen gegen Drachen oder anderen Angreifern.
Um keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, beginnt Schocker etwas größere Kreise zu ziehen. Dabei geht er zum Großteil ins Gleiten über, damit der unnötige Lärm die Wikinger nicht alarmiert. Doch diese sind tatsächlich mehr in ihre Arbeit vertieft als gedacht.
Im selben Moment beobachtet Violene, wie große Fischernetze aus dem Meer auf die Schiffe gezogen werden. Wenn die Wikinger auf Fischzug waren, dann mit vollem Erfolg. Denn dafür sind die Netze rappelvoll, das können die beiden sogar von hier oben erkennen.
Es werden Rufe laut, doch die genauen Worte kann Violene hier oben nicht verstehen. Dies sollte sich aber als gar nicht so großes Problem darstellen, denn anscheinend ging es darum, wieder die Segel zu setzen und loszufahren. Jedenfalls würde Violene dies daraus schlussfolgern, als die Schiffe sich mit etwas Verzögerung wieder in Bewegung setzen.

(DS) „Schocker, lass uns ihnen folgen! Es scheinen keine Drachenjäger zu sein, vielleicht wissen sie ja etwas über das alte Dorf?"
„Du bist lebensmüde, oder?!" Ungläubig sieht der hellblaue Drache auf.
(DS) „Und wenn wir ihnen erst mal heimlich folgen und uns das Dorf von außen anschauen? Wenn die doch Drachenfeinde sind, können wir immer noch abhauen! Bitte..." Sehnsucht schwingt in ihrer Stimme mit, da ist Schocker sich sicher. Aber warum sollte er es ihr übelnehmen?
„Okay. Wir folgen ihnen aus sicherer Entfernung und landen auf der Insel nur, wenn wir in keine Lebensgefahr reinrennen. Bei der ersten Gefahr, die ich witter, verschwinden wir sofort!" Nachdrücklich betont er die letzten Worte.

So war es zwischen den beiden schnell beschlossene Sache.
Während die zwei Schiffe auf dem Meer nichtsahnend ihre Heimatinsel mit den großen Fischfängen ansteuern, werden sie von einem Leuchtenden Fluch samt Reiter hoch in den Wolken begleitet. Oder verfolgt, je nachdem wie man dies auslegen möchte.
Für Violene gab es da keinen nennenswerten Unterschied. Sie hatte keineswegs vor die beiden Schiffe so wie die vergangenen bei den Expeditionen zu überfallen. Oder sie nur zu verfolgen, um dann Grodan über diese Wikinger alles erzählen zu können. Sehr wahrscheinlich mit derselben Konsequenz für diese Menschen, wie es schon die Schiffe davor erleben mussten. Nein, wenn es sich vermeiden lässt, will sie nie wieder Menschenleben vernichten müssen. Die Alpträume dazu verfolgen sie noch immer und das Monster namens Schuld denkt nicht im Geringsten daran, seine Krallen von ihrem Brustkorb zu lösen.
Den Kopf wieder einmal schüttelnd hält sie Ausschau nach näherkommenden Inseln, welche die beiden Schiffe vielleicht ansteuern könnten. Und tatsächlich lässt die scheinbare Heimat der beiden Schiffe nicht lange auf sich warten. Noch sicherer ist Violene sich, als diese Schiffe einen Hafen bei besagter Insel ansteuern.

„Gut, wir haben die Insel gefunden", kommentiert ihr Freund, „Und dieser Insel sind wir auch noch nicht begegnet. Ich umkreise diese einmal, um nach einem Landeplatz Ausschau zu halten."
(DS) „Danke dir, Schocker..."
Ein leichtes Lächeln zeichnet sich auf Violenes Lippen ab, als Schocker einen großen Bogen fliegt und die Insel umkreist. Die Hoffnung hier etwas über das Dorf oder über den Namen „Berk", geschweige denn dem Bild des Leuchtenden Fluchs oder ihrer Herkunft erfahren zu können... sie kann diese Hoffnung nicht stillschweigend begraben. Erst recht nicht, wenn diese Schiffe so nah an der Insel auf Fischfang unterwegs waren und hier anscheinend ihre Heimat haben.
Auf dem ersten Blick sieht die Insel nicht unbedingt anders wie die anderen Inseln aus. Es gibt eine gesunde Natur und auch ein Dorf existiert hier. Das Dorf, zu denen anscheinend auch der Hafen gehört. Nur eine Kleinigkeit lässt Violene verwirrt innehalten. Sie hätte meinen können keine Arena bei diesem Dorf gesehen zu haben. Keine Arena... heißt das auch keine Zellen oder Gefängnisse, um Drachen einzusperren oder zu... missbrauchen?

Dieser Gedanke lässt sie ins Grübeln kommen. Sollte es denn tatsächlich Wikinger geben, die den Drachen eben nicht so feindlich gesinnt sind?
Nur bleibt ihr nicht lange Zeit, um diesen Gedanken nachzugehen, als Schocker in einem Waldgebiet landet und sie so aus ihren Gedanken reißt. „Von hier aus können wir uns mal umschauen. Jedenfalls hab ich keine direkte Gefahr entdecken können", murmelt der Leuchtende Fluch leise, um mögliche Angreifer nicht auf sich aufmerksam zu machen.
Obwohl nur der sachte Wind durch die Baumkronen fährt und entfernt das Gezwitscher von Vögeln zu hören ist. Aber Schocker hat Recht. Lieber zu viel Vorsicht, als es auf dieser fremden Insel im schlimmsten Fall mit dem Leben zahlen zu müssen. Vorsichtig lässt sie sich aus dem Sattel gleiten, um dann neben Schocker sich einen Weg durch das Waldgebiet zu schlagen. Schon nach wenigen Metern mischt sich das Geräusch von plätscherndem Wasser dazu. Ein kurzer Blickwechsel reichte aus, um sich einig zu sein, dass eine Trinkpause gar nicht so verkehrt sei.

So machen sich Drache und Reiter auf den Weg, immer dem Geräusch von plätscherndem Wasser nach. Erst da wird Violene auch bei jedem geschafften Meter bewusst, das es eben nicht selbstverständlich ist, jederzeit mit Nahrung und Trinkwasser versorgt zu sein. Erst recht nicht, wenn man als Reisende unterwegs ist. Sollte sie sich tatsächlich dazu entscheiden, eines Tages ihrem Onkel endgültig den Rücken zu kehren, sollte sie diesen Punkt unbedingt im Hinterkopf haben.
Das fröhliche Gurren von Schocker lässt sie im selben Moment hochsehen. Dieser ist, wieder einmal, schon durch das nächste Dickicht verschwunden. Kaum ist sie ihm dadurch gefolgt, steht auch sie vor einem Fluss, der beständig vor sich dahinplätschert. Ein Fluss müsste man sein... der lässt sich auch von nichts stören...
Durstig hat Schocker schon angefangen zu trinken, während seine Reiterin sich neben ihm hinkniet und selbst Wasser zum trinken schöpfen will. Würde sie da eine Regung im Augenwinkel nicht innehalten lassen. Kurz sieht sie zu Schocker, doch der ist zu beschäftigt mit dem Fluss, als das ihm was aufgefallen wäre.
Vielleicht werde ich dank meinem Onkel auch einfach nur paranoid mit der Zeit... Tja, wer hätte denn auch meinen können, dass so ein Leben ohne Schaden gehen würde? Innerlich mit den Augen rollend will sie sich erneut dem Fluss widmen, als ein erstickter Aufschrei sie wieder innehalten lässt. Wenn es denn wenigstens nur ein Aufschrei von weiter weg gewesen wäre-

Kaum sieht sie diesmal richtig auf, fährt nun auch ihr der Schock in die Glieder.
Und damit ist der junge Mann auf der gegenüberliegenden Flussseite nun nicht mehr alleine.

„Da... da ist ein Drache neben dir!"
Selbst nicht wissend, ob er das junge Mädchen lieber flüsternd warnen will oder doch schreiend, hat er seinen Blick von Schocker abgewendet. Kurz braucht Violene etwas, um zu verstehen, das er damit Schocker meint. Irgendwie kann sie es ihm ja nicht verübeln. Ein Tödlicher Nadder ist schlussendlich immer noch etwas anderes als ein Leuchtender Fluch, der Menschen nicht nur paralysieren, sondern mit seinem Gift auch töten kann.
„Alles in Ordnung. Der Drache gehört zu mir und ist ein freundlicher Drache. Er tut einem nichts!", höflich und doch glaubwürdig rüberkommen wollend legt sie Schocker dabei eine Hand auf die Schuppen. Leider scheint es ihr Gegenüber nicht unbedingt zu beruhigen, vielmehr noch weicht dieser langsam einen Schritt zurück. Nicht wissend, ob er nicht doch lieber die Menschen in seinem Dorf warnen sollte.

„Bitte, wir sind nur auf der Durchreise. Ich heiße Violene und das ist mein Freund, Schocker."
„Du nennst einen Drachen deinen Freund?", skeptisch hat der junge Mann eine Augenbraue hochgezogen, bleibt aber stehen. „Und ihr seid wirklich nur auf der Durchreise? Wohin denn?"
„Ja", nickt bestätigend, „Mein Heimatdorf ist einige Tagesreisen von hier entfernt. Zusammen mit meinem Drachen habe ich in den letzten Tagen aus Neugier die Inseln und die Gegend hier erkundet. Dabei sind wir auch auf ein Ruinendorf hier in der Nähe gestoßen, und als ich wir die Fischerschiffe sahen, hatte ich die Hoffnung hier vielleicht Antworten zu finden, was bei diesem Dorf wohl geschehen sein muss."
„Ein verlassenes Dorf sagst du...? Unsere Dorfälteste hatte immer Legenden davon erzählt, das es da einen Stamm geben sollte...-" Musternd schweift sein Blick noch einmal von Schocker zu Violene, bevor er sich einen Ruck zu geben scheint. „Kommt mit. Ich nehme euch mit zu mir ins Dorf. Wenn ihr schon länger auf Reisen seid, könnt ihr eine Stärkung bestimmt gut gebrauchen."
„Danke dir! ...?", erst da fällt Violene auf, dass sie seinen Namen noch gar nicht kennt.
„Ich heiße Ruki. Freut mich, eure Bekanntschaft zu machen. Bis jetzt hatten wir mit Drachen eher... immer nur Probleme gehabt. Ich hoffe sehr, dein Drache kann sich benehmen und hört auf dich?"
Stumm nickt Violene, während sie und Schocker den Fluss an einer schmalen Stelle kurzerhand überqueren und zu ihm aufschließen.

„Und bitte nehmt es unserem Dorf nicht übel, wenn sie auf deinen Drachen eher... verhalten reagieren. Wie gesagt, wir haben noch nie einen Wikinger getroffen, welcher mit einem Drachen befreundet ist. Geschweige denn... auf seinem Rücken sitzt, wenn dieser fliegt." Dabei fällt Rukis Blick auf den Sattel von Schocker, welcher sich davon nicht beirren lässt und weiterhin wachsam bleibt. Auch wenn dieser Wikinger freundlich zu sein scheint, man weiß ja nie!
Tatsächlich hatte Ruki mit seiner Annahme ins Schwarze getroffen. Kaum haben die beiden nach ihm das Dorf betreten, sind einige Wikinger schnell in ihren Häusern verschwunden. Andere wiederum haben kurzerhand die Vorratskammern geschlossen und die Türen verriegelt. Unangenehme Erfahrungen mit Drachen haben diese Wikinger definitiv schon gemacht...
„Kommt, ihr könnt euch bei mir in meiner Schmiede ausruhen. In meiner Wohnung habe ich Platz genug für einen weiteren Wikinger und auch... einen Drachen. Meine Schmiede ist gleich in der Dorfmitte." Dabei zeigt er auf eine große Hütte samt Anhang.

„Und später müsst ihr unbedingt unsere Dorfälteste kennenlernen. Wenn einer etwas über dieses Dorf wissen könnte, dann Thea!"
„Ich dachte, meine Geschichten langweiligen dich wie die anderen Dorfbewohner hier!" Gespielte Empörung schwingt in der Stimme mit, während hinter den Dreien eine ältere Dame in traditioneller Kleidung aufgetaucht ist.

„Violene, darf ich vorstellen? Das ist Thea."
„Violene ist dein Name? Und ein Leuchtender Fluch dein Begleiter?"
Zögernd nickt die Angesprochene, ein unmerkliches Lächeln versuchend.








Hey, danke dir fürs lesen :p
Ich hoffe, das Kapitel hat dir gefallen. Zeig es mir doch gerne mit einer Rückmeldung durch Votes und Kommis – Geisterleser kriege ich leider nicht wirklich mit 🥺😅

Schatten der Vergangenheit (Httyd)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt