23. Kapitel

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You say you're fine ~ You Belong With Me (Taylor Swift)

„... weg! Wann verstehst du das endlich? Wir haben uns dafür entschieden und müssen mit diesem Gefühl jetzt klarkommen. So wie wir bis jetzt damit klargekommen sind", hörte ich eine männliche Stimme sagen. Sie kam mir wage bekannt vor, doch ich konnte nicht bestimmen, wer es war. „Du denkst, ich bin damit klargekommen? Ich kam damit noch nie klar! Sie war unsere Tochter, verflucht! Ich habe sie gerade mal zwei Minuten im Arm gehalten! Zwei Minuten! Und dann musste sie uns für immer verlassen!", schrie eine Frauenstimme zurück.

Diese Stimme schien ich ebenfalls zu kennen, doch auch hier konnte ich sie nicht zuordnen. „Denkst du, mir ist
das egal? Ich vermisse sie doch auch! Aber wir müssen damit leben! Wir können die Vergangenheit nicht ändern.“ Während der Mann dies sagte, wurden die Stimmen immer leiser, bis ich nichts mehr hörte. Sie waren weitergegangen.

Als ich das nächste Mal etwas mitbekam, spürte ich eine Hand in meiner. Blinzelnd öffnete ich die Augen und kniff sie sofort wieder zu, als grelles Licht in meine Augen fiel. Augenblicklich war die Hand verschwunden. Schade, denn sie hatte sich gut angefühlt. Ich versuchte nochmal meine Augen zu öffnen und diesmal schaffte ich es. Verwirrt schaute ich mich um und mein Kopf dröhnte dabei ganz fürchterlich. Ich verzog vor Schmerzen das Gesicht und legte mich wieder auf das Bett, in dem ich aufgewacht war.

Ich befand mich im Schloss in meinem Zimmer und lag auf meinem alten Bett, auf dem ja jetzt Benjamin schlief. Aniral konnte ich keine sehen. Anscheinend hatte ich mir die Hand nur eingebildet, weil ich noch nicht ganz wach gewesen war.
Jetzt erst nahm ich den intensiven Duft nach Wald wahr, der mich umgab. Ohne nachzudenken sog ich den Geruch in mich ein. Es roch unglaublich gut. Im nächsten Moment machte es Klick in meinem Kopf und ich riss die Augen auf.

Ich lag in Benjamins Bett und roch an seiner Bettwäsche! War ich denn von allen guten Geistern verlassen?! Das war schon das zweite Mal, dass ich das getan hatte. Mühsam setzte ich mich auf und musste innehalten, da sich alles um mich drehte. Ich hielt mir den Kopf und hatte das Gefühl, dass er gleich explodieren würde. Stark pochte es hinter meinen Schläfen. Trotzdem wollte ich nicht länger in diesem Bett liegen.

Also stand ich auf und hielt mich am Bettpfosten fest. Ich musste mir auf die Unterlippe beißen, um nicht vor Schmerzen aufzuschreien. Mein kompletter Körper schmerzte unglaublich und es fühlte sich an, als würden sich tausende Nadeln in meine Haut bohren. Wankend erreichte ich meine Matratze und beim Versuch mich hinzulegen konnte ich einen Schmerzenslaut nicht unterdrücken.

Ich stand nun auf allen Vieren und atmete heftig. Windböen strichen bei jedem Ausatmen über meinen stechenden Körper. Es tat höllisch weh und meine Unterlippe hatte ich bereits blutig gebissen. Dann verlor ich zum dritten Mal an diesem Tag das Bewusstsein.

Mir ging es besser. Das fühlte ich. Das Stechen im Körper war verschwunden und einzig ein leichtes Pochen hinter meinen Schläfen war zurückgeblieben. Langsam öffnete ich die Augen und sah in zwei Augenpaare, die sich über mir befanden. Schnell registrierte ich, dass es Marie und Sophia waren und schluckte den Angstschrei herunter, der kurz davor gewesen war, meine Kehle zu verlassen.

„Geht es dir wieder besser?", fragte Marie. Ich nickte. „Ja. Wie lange war ich bewusstlos?" Marie schien zu überlegen, dann antwortete sie: „So ziemlich genau einen ganzen Tag."
„Bitte was?!", entfuhr es mir. Ich musste anscheinend die Welt retten und lag einen ganzen Tag nur rum? Das war unfassbar.

„Du hast dich beim Training wohl überanstrengt. Das ist nicht schlimm und kann jedem mal passieren", sagte Sophia mit ruhiger Stimme. Warum war sie so nett zu mir? Da war doch was faul. Misstrauisch beobachtete ich sie, doch alles was ich sah, war ein Mädchen, dass sich Mühe gab, ein anderes Mädchen zu beruhigen. „Warum liegst du nicht mehr im Bett?", fragte Marie und riss mich damit aus meinen Grübeleien.

„Ich ... äh ... wollte keinen Ärger von Benjamin bekommen", log ich. Die Wahrheit hätte ich ihnen nie und nimmer erzählt. Das war einfach zu peinlich.
"Also so wie der dich nach dem Feuer ange...", fing Sophia an, wurde aber von Marie unterbrochen, indem sie ihr einen Hieb in die Rippen gab. „Autsch!",
beschwerte sie sich. Was hatte sie sagen wollen? „Wie hast du eigentlich letzte Nacht geschlafen? Hattest du keine Albträume?", erkundigte sich Marie um höchstwahrscheinlich von Sophias halben Satz abzulenken.

„Nein", sagte ich. „Ich schlafe in der Nacht nach einem erschreckenden Ereignis immer gut. Die Albträume kommen bei mir wahrscheinlich erst in ein paar Tagen." Das war schon so seit ich ein kleines Kind war. Marie nickte und sagte dann: „Wir haben beschlossen, dass wir erst morgen mit Lektion 1 fortfahren. Du musst dich erstmal ausruhen."

„Was? Aber das geht nicht! Wenn die Lage wirklich so ernst ist, wie ihr sagt, dann dürfen wir keine Zeit verlieren!", rief ich empört.
„Das stimmt schon, aber es bringt uns auch nichts, wenn du dich überschätzt und heute wieder umkippst", sagte Marie entschuldigend. Ich musste zugeben, dass da was Wahres dran war, aber ich wollte unbedingt etwas tun. Etwas in mir trieb mich dazu.

„Bitte. Ich verspreche dir, dass ich mich nicht überanstrenge." Marie sah mich skeptisch an und nickte schließlich. „Dann zieh dich an und komm auf die Lichtung. Den Weg müsstest du ja jetzt
kennen." Dankbar lächelte ich sie an und stand auf um mich anzuziehen. Kurz fingen meine Schläfen an zu pochen. Egal. Ich musste das tun. Für Mina und für Marie. Ein bisschen auch für Benjamin und Sophia. Und für die beschissene Welt.

Die Kraft der Elemente - Alles liegt in deiner HandWhere stories live. Discover now