#1 Neues Jahr, neues Glück

785 33 9
                                    

Silian

Neues Jahr, neues Glück. Ein bisschen genervt saß ich im Auto von meinem Sozialarbeiter, Mister Macini. Es stand schon wieder eine neue Pflegefamilie an. Nur dieses mal war es ein Unterschied zu den anderen Malen. Einmal war ich es nicht selber schuld. Es hatte ein Fehler im System stattgefunden, wodurch ich aufeinmal zu einer Familie mit acht Kindern gesteckt wurde. Zusätzlich passte die Altergruppe nicht. Mister Macini war es erst nach zwei Wochen aufgefallen, aber vor dem neuen Jahren konnte er nicht mehr viel machen außer eine neue Familie zusuchen. In meiner Tasche kramte ich nach einem Schokoriegel, welchen ich sofort aufriss. Durch die häufigen Wechsel, der Familien, hatte ich nicht viel an Zeug, wodurch ich nur mit einem Rucksack und zwei Kisten hinkam.

„Silian, versuch bitte dieses mal keine Probleme zu machen. Mir gehen so langsam die Familien aus, besonders weil du schon siebzehn bist", hielt Mister Macini vor einem riesigen Haus an. „Ich versuche es", stieg ich aus.

Ich schmiss mir meinen Rucksack über die Schultern und ging schonmal auf das Haus zu, während mein Sozialarbeiter meine zwei Kisten nahm. Kurz lächelte er mich an, bevor er die Klingel betätigte. Ein kurzer Knall im inneren, bevor ein Junge, wahrscheinlich in meinem Alter, die Tür öffnete. Unbeeindruckt musterte er mich mit seinen braunen Augen.

„Kommt rein", forderte der Junge uns auf, wodurch wir ihm folgten.

In einem großem Wohnzimmer blieben wir stehen. Ein Paar, vielleicht Mitte 30, saß auf dem Sofa. Sofort sprangen beide auf, als sie uns erblickten.

„Mister Macini, Sie sind viel zu früh", fiel dem Mann auf. „Entschuldigung Mister Santoro. Der Verkehr war nicht so schrecklich wie erwartet. Ich wollte nur kurz den Jungen abliefern", entschuldigte der Mann neben mir sich. „Hallo Silian. Meine Name ist Veronica und das ist mein Mann Phil", wandte sich die schwarzhaarige Frau an mich.

Ein warmes Lächeln lag auf ihren Lippen. Auf den ersten Blick aufjedenfall nett. Nur täuschte man sich meist beim ersten Blick. Schon oft genug war mir das in den letzten Jahren passiert.

„Dante, zeigst du ihm bitte sein Zimmer, während wir noch mit Mister Macini reden?", fragte Phil. „Nein, ich sitze ziemlich bequem", gab der Junge von sich. „Freundlich wie eh und je. Komm mit", lehnte ein blondhaariger Junge am Türrahmen.

Mister Macini gab mir einen leichten Schubser, damit ich dem Unbekannten folgte. Seufzend folgte ich ihm mit meinem Zeug. Treppen waren nicht sonderlich gut, wenn man nicht wirklich etwas sah. Der Junge bemerkte es, wodurch er mir eine Kiste abnahm und ich wieder ein bisschen mehr sah. Oben angekommen liefen wir den Flur entlang, wobei wir bei der letzten Tür auf der linken Seite anhielten. Es waren insgesamt fünf Türen. Mit einer ungeschickten Bewegung öffnte er diese. Vorsichtig stellte er den Karton vor dem großen Doppelbett ab.

„Bin ich unhöflich. Vergesse ich einfach mich vorzustellen. Enzo", hielt er mir seine Hand hin. „Silian", nahm ich die Hand entgegen. „Das ist aufjedenfall dein Zimmer, wenn du ein Problem hast, ist mein Zimmer direkt gegenüber. Habe jeder Zeit ein offenes Ohr", lächelte er über beide Ohren. „Mein Zimmer?", fragte ich ungläubig, wodurch der Blondie nickte.

In den ganzen Jahren hatte ich noch nie mein eigenes Zimmer. Immer musste ich es mir mit mindestens einer Person teilen. Mein Blick ging durch den Raum und blieb am Vorhang kleben. Sofort tritt ich auf diesen zu, um ihn aufzureißen. Ein wunderschöner Balkon verbergte sich dahinter. Jackpot, würde ich mal behaupten.

„Wunder dich nicht über Dantes Verhalten, er ist immer so", sagte Enzo, als ich den Balkon betrat. „Die Aussicht ist schön", bemerkte ich, als ich einen Pool entdeckte. „Ich kann verstehen warum mein Bruder das Zimmer nicht wechseln wollte", trat er ebenfalls auf den Balkon. „Wechseln?", fragte ich verwirrt. „Mom und Dad wollten nicht mehr, dass er auf dem Balkon raucht. Naja, jetzt raucht er im Zimmer am Fenster, nicht gerade viel besser", erklärte Enzo.

Ich schielte zu Enzo, der sich an das Geländer lehnte. Besser war es aufjedenfall nicht, aber für mich war es gut, da ich selber rauchte. Musste ja keiner Wissen. Mister Macini trat in mein Blickfeld.

„Si, ich bin jetzt weg. Wenn was ist, ruf an. Ansonsten hoffe ich, dass wir uns erst beim Gespräch sehen", rief er zu mir hoch. „Hoffe ich auch", antwortete ich, bevor ich wieder rein ging.

Erschöpft von der Fahrt ließ ich mich auf das große Bett fallen. Kurz klopfte es, bevor Veronica und Phil in das Zimmer kam. Ich kannte solche Situationen. Meist war das der Punkt an dem die Wahrheit zu den Menschen herauskam. Der elendige Wendepunkt.

„Enzo, geh mal bitte in dein Zimmer", meinte Phil, als sein Sohn vom Balkon wieder reinkam. „Wir wollen dir nichts antun, Silian. Nur drei einfache Regeln", sagte Phil, wodurch ich die beiden Aufmerksam anschaute. „Erstens, red mit uns, wenn etwas ist, wenn dich etwas bedrückt. Zweitens, schwänger bitte keine. Drittens und letztens, versuch dich bitte nicht mit Dante anzulegen", zählte Veronica auf, wodurch ich nur nickte.

Irgendwas schien nicht so ganz mit Dante zu stimmen, wenn selbst seine Eltern mich vor ihn warnten.

„In den Unterlagen stand, dass du einen Führerschein hast, stimmt das?", fragte Phil, wodurch ich wieder mal nur nickte. „Dann würde ich mal sagen, Glückwunsch. Wir haben nämlich nicht jeden Tag Zeit dich zur Schule oder sonst wohin zu fahren. Ich würde dir aber empfehlen mit einem der Jungs am Mittwoch mitzufahren, damit du die Strecke kennst", hielt er mir einen Autoschlüssel und Haustürschlüssel hin. „Danke", bekam ich nur raus.

Ich war eindeutig mit der Situation überfordert. Bei manchen Familien war man glücklich, wenn man alle zwei Tage etwas zu essen bekam. Beim Ehepaar Santoro bekam man direkt ein eigenes Zimmer und Auto. Das Gespräch erinnerte mich aber wieder daran, dass Freitag war und ich erstmal ein Wochenende in diesem Haus überleben musste.

———

Was ist bis jetzt euer erster Eindruck?

Nur ein Neustart oder mehr?Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang