Kapitel 7

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Ich war ein bisschen enttäuscht, als Niels und ich in ein unscheinbares, schwarzes Auto steigen mussten. Innerlich hatte ich auf ein echtes Polizeiauto gehofft, aber Officer Beetles erklärte mir, dass das zu auffällig sei und man so unseren Wohnort verraten könne. Unter diesen Umständen hielt ich meine Klappe und meckerte nicht weiter rum.

Wir kamen zuerst bei meinem Haus an. Während der Fahrer im Auto sitzen blieb, kam Officer Beetles mit mir raus und sagte: "Sie haben eine Viertelstunde Zeit zum Packen, Miss. Beeilen Sie sich." Das brauchte er mir nicht zweimal sagen.

Etwa eine Sekunde, nachdem ich gekligelt hatte, flog die Tür auch schon auf und meine Mutter lag in meinen Armen. Sie weinte und drückte mich so fest, dass es wehtat.

"Mom, bitte... es ist doch alles gut. Komm, lass mich los." Ich tätschelte ihr den Rücken und schob sie von mir. Schließlich beruhigte sie sich und schnäuzte sich die Nase. "Entschuldige bitte, Schatz."

"Schon okay", lächelte ich. Jetzt tröstete ich schon meine Mutter, obwohl es andersrum hätte sein müssen.

Hinter ihr standen Grace und meine älteren Brüder, Phil und Richard. Ich lächelte den dreien zaghaft zu.

Von der Haustür her meldete sich Office Beetle. "Miss, ich habe Ihnen bereits gesagt, dass Sie sich besser beeilen. Wir können es uns nicht leisten, den Flug zu verpassen."

Ich nickte und lief die Treppe nach oben in mein Zimmer. Mein Zimmer. Mein tolles, unglaubliches Zimmer. Es würde mir fehlen.

Nicht sentimental werden, ermahnte ich mich selbst. Doch dann stand ich vor meinem leeren Koffer und war ratlos. Was sollte ich einpacken?

"Nimm leichte Sachen mit. Und dann was wärmeres, du weißt ja nicht, wie die Temperaturen dort sind. Ich geh ins Bad und packe da deine Sachen zusammen, und du siehst zu, dass du möglichst viel aus deinem Kleiderschrank in den Koffer bekommst", sagte Grace' Stimme hinter mir. Dankbar sah ich sie an, und sie verschwand in Richtung Bad.

Schließlich griff ich einfach blind in den Schrank und packte alles ein, was mir in die Finger kam. Dann schnappte ich mir noch ein Foto meiner Familie und die kleine, gläserene Eule, die ich von Grace zum 12. Geburtstag geschenkt bekam.

Die kam in diesem Moment auch wieder in mein Zimmer und ließ alles, was sie in ihren Armen trug, in den Koffer fallen. Zufrieden betrachteten wir unser Meisterwerk und setzten uns dann gemeinsam auf den Koffer, um ihn zuzubekommen. Phil half uns, ihn die Treppe runterzutragen.

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus. Jetzt kam das, wovor ich am meisten Anst hatte- der Abschied. Richard kam als erster auf mich zu, wuschelte mir durch die Haare und packte mich. Er war kräftiger, als er wusste, und so musste man bei seinen Umarmungen jedes Mal um sein Leben fürchten. Ich kam mir in seinen Armen immer so klein und zerbrechlich vor. Als ich meinte, meine Rippe knacken zu hören, löste ich mich von ihm. Jetzt war Phil an der Reihe. Er war das komplette Gegenteil von Richard. Phil war der liebevolle, vorsichtige Typ. Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn und umarmte mich zärtlich. Langsam brannten Tränen in meinen Augen, obwohl ich mir geschworen hatte, nicht zu weinen. Mom gab sich wirklich Mühe, nicht wieder in Tränen auszubrechen, und drückte mich fest an sich. Eine Weile hielten wir uns im Arm, dann ließ sie mich los und wandte sich ab. Schließlich war nur noch Grace übrig. Sie versuchte ein Lächeln, scheiterte aber kläglich. Es verzog sich zu einer gequälten Grimasse, und schließlich lagen wir uns heulend in den Armen. Daraus entstand ein großes Gruppenkuscheln, in dem alle mich drückten und mir aufmunternde Worte zuflüsterten.

Ein Räuspern ließ uns zusammenfahren. Officer Beetle schaute demonsrativ auf seine Uhr und sagte: "Man sollte den Abschied nicht zu lange herauszögern. Wollen wir, Miss Collins?"

Ich nickte und wand mich unter all den Armen hervor. Der Oficer nahm meinen Koffer und ich ging ihm nach. Die Haustür fiel hinter mir ins Schloss.

Als ich mich wieder neben Niels auf die Bank setzte, schaute er mich mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung an. "Was guckst du so?" fauchte ich. Meine Nerven waren überstrapaziert und er bekam das gerade ab. "Deine Schminke ist nur ein bisschen verschmiert", meinte er schulterzuckend und wandte sich ab.

Wir waren nun auf dem Weg zu Niels' Haus, und ich wunderte mich, wieso wir dabei aus London rausfuhren und die grauen Hochhäuser verschwanden und durch weite Felder ersetzt wurden.

Schließlich hielten wir vor einem riesigen Haus. Es war schon fast kein Haus mehr, Villa würde es eher treffen. Mit herunterhängender Kinnlade beobachtete ich, wie Niels ausstieg, das Eisentor öffnete und verschwand.

Undercover || Niall HoranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt