15.Kapitel

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21:21 Uhr

Als ich das Haus betrete, empfängt mich erst eine Stille, bevor ich die ganzen Stimmen vom Wintergarten wahrnehme. Die Jungs haben sich wohl wieder getroffen. Ehrlicherweise habe ich gerade keine Lust irgendjemanden zu sehen oder zu hören. Deshalb steige ich leise die Treppen hoch, um in mein Zimmer zu gelangen. Ich habe mir vorgenommen ab jetzt immer mein ganzes Zimmer, inklusiv das Badezimmer, durchzuchecken. Ich muss besser aufpassen. Er könnte wieder kommen. Er könnte wieder irgendwas hier ablassen oder mich ohnmächtig machen. Nein, das darf sich nicht wiederholen. Nach meinem fünfminütigen Abchecken, ziehe ich meine Pyjamas an und wasche gerade mein Gesicht mit kaltem Wasser. Ich bin mir bewusst, dass ich sehr ruhig bin. Eine Ruhe ist in mir drinnen, die mich verschließt. Ich will gerade nur alleine sein. Ich will weder was hören noch was sagen.

Nachdem ich gründlich mein Gesicht gewaschen und meine Nachtcreme auf mein Gesicht geschmiert habe, kämme ich mir meine Haare. Fertig damit, schalte ich das Licht vom Bad aus und atme erstmal leise aus. Ich weiß nicht genau was in mir vorgeht. Ich bin ruhig. Äußerlich strahle ich wie die Ruhe selbst, aber innerlich ist es irgendwie nicht so. Langsam laufe ich auf mein Fenster zu und öffne es. Die kalte Luft peitscht auf meine blasse Haut und ich lehne mich über die Fensterbank. Ich schaue raus in die Dunkelheit, die nur durch eine Straßenlaterne beleuchtet wird. Eine einzige Straßenlaterne gegen die Dunkelheit. Die Dunkelheit ist viel größer als eine einfache Straßenlaterne, doch trotzdem schauen Menschen die Straßenlaterne an, um etwas zu sehen. Eine Efsane hat es auch mal getan. Statt in ihrer Dunkelheit zu bleiben, hat sie sich an die Straßenlaterne gekrallt. Aber wieso hat sie niemand gewarnt, dass Straßenlaternen auch kaputtgehen können? Ein einfacher Abriss der Gasentladung im Lampenkörper und siehe da: Die Straßenlaterne schaltet sich aus. Und wieder steht Efsane dumm dar. Wieder in ihrer Dunkelheit, wieder in ihrem Zuhause.

Das Essen mit Yasin verlief wie geplant, aber mit paar neuen Seiteneinwände. Yasin lässt Aslanoğlu verfolgen und hat mir erzählt, dass er in ein Casino gegangen ist. Seufze und fahre mir durch meine offenen Haare. Natürlich ist er zu Tuana gegangen. Natürlich hat er sie...sie unter sich gehabt. Drehe mein Kopf nach links, um irgendwie das Bild vor meinen Augen zu löschen. Ekelhaft. Wir haben mit Yasin gegessen und am Ende des Essen kam seinerseits ein Vorschlag. Yasin will mich morgen seinen Mafiamitgliedern und dem Mann mit der er zusammen seine Mafia führt, vorstellen. Ich habe ganz klar zugestimmt. Das ist ein weiterer, wichtiger Schritt. Ich weiß schon welche Gesichter ich morgen sehen werde. Die Bilder von jedem wichtigen Mitglied von Yasins Mafia hängt an meinem Whiteboard. Ich kenne alle Namen, alle Gesichter. Es wird bestimmt interessant morgen. Ein Mundwinkel von mir zuckt hoch. Nicht mehr lange. Die ersten Schritte werden getan. Ich bekomme bald das, wonach ich strebe. Efsane bekommt bald ihre Rache.

Ich kneife meine Augen etwas zusammen, als ich eine schwarze Gestalt unter der Straßenlaterne sehe. Sie lehnt sich an sie und schaut...schaut hoch zu meinem Fenster. Ich kann nichts erkennen von dieser Person. Sie ist komplett schwarz. Mit der Hoffnung die Person besser sehen zu können, blinzele ich einmal, aber nach meinem Wimpernschlag ist sie plötzlich weg. Was war das denn? Da war doch gerade noch jemand und hat zu mir geschaut. Reibe über meine Augen und trete einen Schritt zurück. Ich schließe mein Fenster, damit sich mein Zimmer nicht mehr mit kalter Luft füllt und damit niemand ohne meines Wissens reinkommt. Ich schalte meine Nachttischlampe an und lege mich auf mein Bett. Ziehe meine Decke bis zu meinem Kinn hoch. Ich hoffe, dass ich wenigstens fünf Stunden durchschlafen kann. Ich stehe wirklich kurz davor mir Schlaftabletten reinzudrücken, um endlich besser schlafen zu können. Meine Augen schließen sich mühsam...

...

Es ist bewundernswert wie oft ein Menschenherz brechen kann. Man denkt immer es kann nicht schlimmer kommen, es kann nicht schlimmer sein. Aber bekanntlich tut das Schicksal immer unerwartete Dinge. Wie einen schlimmeren Schmerz zu geben. Einen schmerzhafteren, einen untragbareren, einen unheilbareren. Kaum schaust du von links nach rechts und plötzlich kommt der nächste Schmerz. Und der nächste. Und der nächste. Manchmal frage ich mich, wie mein Herz noch schlagen kann. Du wurdest so oft gebrochen, mein Herz. Sag mir, wie kannst du noch im Rhythmus schlagen? Mein armes Herz. Erzähl mir, wie kannst du noch nicht in Schwarz gefärbt sein, wie meine kranke Seele? Oder bist du es schon? Man sollte dich von meiner Brust rausreißen und es inspirieren. Wer weiß. Vielleicht ist mein Herz schwarzer als meine Seele.

TURKISH REVENGEWhere stories live. Discover now