Schwarze Zinnen

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Elphias' Haare klebten an seiner Stirn. Dumbledore brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass er sich nicht aus Versehen zu tief ins Denkarium gebückt hatte, sondern dass Angstschweiß sein Gesicht bedeckte. Mit aufgerissenen Augen, in denen mehrere Äderchen geplatzt waren, schaute Elphias ihn an. Die Finger hatte er so fest um sein Glas Elfenwein geschlossen, dass es zu zerbrechen drohte. „Warum weihst du mich ein?"

Es klang herausgepresst.

„Das Versprechen."

„Ich verstehe nicht." Elphias schüttelte den Kopf, als wollte er einen Geist loswerden. Sein Blick war starr auf den Tisch gerichtet. „Welches Versprechen? Weshalb bist du ausgerechnet hier?"

„Elphias, ich weiß, es kommt ungelegen, aber ich brauche deine Hilfe." Dumbledore griff nach seiner Hand, aber er zog sie weg. „Du hast mir vor vielen Jahren gelobt, einen Gegenstand für mich aufzubewahren. Ich brauche ihn jetzt."

Am liebsten hätte Dumbledore diesen Teil seiner Vergangenheit verdrängt. Er schämte sich, dass er damals so beeinflussbar gewesen war. Nein, das stimmte nicht wirklich. Aberforth hatte beinahe gebettelt, dass er sie — Ariana und ihn — nicht verließ, dass er Elphias allein um die Welt reisen ließ. Aber er hatte ihn dafür verspottet. Aberforth hatte ihn auch gewarnt, er solle sich von Grindelwald fernhalten, er hätte einen schlechten Einfluss auf ihn. In dieser Hinsicht war Aberforth ihm voraus gewesen. Er hatte gebraucht, um das einzusehen, zu lang, denn da war Ariana schon tot gewesen.

Elphias' Kopf schnellte nach oben und unerbittlich starrte er ihn an. „Was für ein Gegenstand?"

„Ein Buch."

Er nickte. „Kannst du mir auch den Namen nennen?"

„Das Nekronomikon."

Elphias hatte wie erstarrt zu nicken aufgehört. Einige Sekunden blickte er ihn nur an, fassungslos, als wüsste er nicht, was er sagen wollte. Seine Augen huschten umher, schielten in alle Ecken. Betont langsam stand er auf, die Stuhlbeine schabten über den Boden. „Woher weißt du davon?"

„Ich verstehe die Frage nicht."

„Wer hat es dir verraten?"

„Niemand? Ich habe es dir selbst übergeben. Hast du es noch?"

Elphias wich einen Schritt nach hinten, dann noch einen und er stieß mit dem Rücken gegen den Küchentresen. „Albus, sag, wie heißt deine Mutter?"

„Kendra Dumbledore."

„Geborene?"

„Dumbledore. Du weißt doch-"

„Und dein Vater?"

„Percival Dumbledore. Als sie sich kennenlernten, hießen sie beide schon Dumbledore. Ein Zufall-"

Elphias schien immer noch nicht beruhigt. Mittlerweile hob und senkte sich seine Brust in heftigen Stößen. „Dein Vater-" setzte er zur nächsten Frage an, aber diesmal war Dumbledore derjenige, der ihn unterbrach.

„Starb in Askaban, man kannte ihn als Muggelhasser."

„Das ist zu einfach!"

„Dann frage etwas Schweres."

Elphias raufte sich durch die Haare. „Das kann nicht sein ... Das kann nicht dein Ernst sein! Was sagtest du mir, als du mir das Buch übergeben hast?"

„Dass du mir sein Versteck nie verraten sollst."

„Du erinnerst dich also daran."

Dumbledore lehnte sich vor, damit er seinem alten Freund in die Augen schauen konnte. Die nächsten Worte mussten so eindringlich wie möglich sein: „Ich würde dich nicht drum bitten, wenn es nicht von äußerster Dringlichkeit wäre. Denk daran, wie in meiner Erinnerung ein schwarzes Wesen in den Himmel aufstieg. Und nun schau aus dem Fenster!"

Der Herrscher der TräumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt