016 - noah

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Seine Hände an meiner Hüfte. Die Blitze, die durch meinen Körper jagten.

Sein Blick in meine Augen.

Sein Wille, dass ich mich tragen ließ - von ihm.

Die Wärme, die von ihm ausging.

Sein Wunsch, zu wissen, warum ich geweint hatte, und dass er mich nicht bedrängte, zu reden.

Ich erzitterte, als ich an ihn dachte. Weil nur alleine der kleinste Gedanke an den Jungen meinen Körper von Gänsehaut übersehen ließ.

Meine Haut brannte an meiner Hüfte, meine Wangen begannen zu glühen und ich verfluchte mich dafür, dass ich so ein großes Ding aus sowas machte.

Es war nur eine nette, hilfsbereite Geste gewesen - und ich verfiel ihm. Ich verfiel ihm viel zu schnell. Ich konnte nicht mehr aufhören daran zu denken. An ihn zu denken.

Langsam nahm ich wahr, wie mir die Tränen in die Augen stiegen, spürte, wie sie anfingen zu brennen und ich schweigend darum bat, dass dieses kleine, noch schwache Gefühl in meiner Brust, aufhörte zu existieren. Warum passierte mir das? War es, weil er der Einzige war, der sich hin und wieder noch um mich bemühte? Oder war es seinem Aussehen geschuldet? Seinen braunen, weichen Locken, seinem hübschen Lächeln, seinen Grübchen, die sich schon bei der kleinsten Anspannung seines Gesichts deutlich an die Oberfläche begaben? Colin hatte eine verflucht freundliche Ausstrahlung, die mich immer wieder einknicken ließ. Die mein, eigentlich einfaches, Vorhaben zum Einstürzen brachte.

Frustriert stöhnend drückte ich mich mit dem Gesicht nach vorn in den Stoff meines Kissens. Ich hasste Gefühle. Die brachten mir nur Probleme und langsam hatte ich echt keinen Bock mehr. Was brachten mir diese Emotionen und Empfindungen, wenn ich sowieso nur bestraft wurde? Warum konnte es keinen Aus- und Anschalter geben wie bei den Vampiren? Wenn sie wirklich existieren würden, würde ich mich voller Überzeugung für eine Blutspende bewerben und als Gegenleistung eine Verwandlung verlangen. Alles war besser als dieser Druck in der Brust, den man sowieso wieder bekämpfen müsste.

Ätzend. Einfach nur ätzend.

„Also, ich hoffe ja, dass ich dich nicht störe, aber hast du nicht auch Schule wie wir anderen auch?", erklang plötzlich eine Stimme und ich zuckte zusammen.

„Bei was solltest du bitte stören?", tat ich auf cool, richtete mich auf und drehte mich zur Seite, um den Brünetten anzusehen.

„Na- egal. Stehst du mal auf wegen dem Unterricht?", fragte Colin mich musternd und ich rollte die Augen, drehte mich noch ein Stück, damit ich auf den Rücken fiel und seufzte. „Nö."

„Nö?", hinterfragte er mit hochgezogenen Augenbrauen und ich nickte, hatte dabei meine Augen zu.

Auf einmal spürte ich ein Ziehen an meiner Decke, fröstelte, als sie mir entrissen wurde und sah Colin unzufrieden an. „Glotz nich' so", sagte er, als er meinen Blick bemerkte, lief zu meinem Schrank, nahm irgendeinen Pullover und warf ihn mir hin. „Zieh dich an, dann schaffst du's vielleicht noch zum Vorletzten."

Tief einatmend beobachtete ich ihn, zog mir sogar brav mein Oberteil um. „Wer bist du? Meine Mutter?"

„Vielleicht. Hören tust du ja", grinste der Junge dann und ich schwieg. „Du bist echt nicht witzig, hat dir das mal jemand verraten?"

Gespielt enttäuscht über meine Worte legte er den Kopf schief, grinste dann wieder und würde er gerade nicht so niedlich aussehen, hätten sich meine Mundwinkel unter keinen Umständen gehoben. „Oh, aber was seh' ich denn da? Ein Lächeln!"

„Das war keins", korrigierte ich ihn sofort und musterte sein Gesicht. „Hab' mich nur darüber lustig gemacht, dass du dich wirklich witzig fühlst."

„Jaja, das wird's sein", grinste Colin wissend und zog mich dann auf die Beine. „Aber jetzt los."



So genau wusste ich nicht, warum ich Colins Anweisung gefolgt war, aber ich hatte es getan.

„Und? War doch gar nicht so schlimm", lächelte der Brünette und ich zuckte mit den Schultern. „War richtig sinnlos", erwiderte ich.

„Kannst du mir erklären, wie du das machst?", fragte Joel von der Seite.

Ich sah zu ihm. „Was?"

„Dass du die ganze Zeit keinen Bock auf Schule hast und dann trotzdem gute Noten schreibst." Verständnislos schüttelte er den Kopf und ich setzte ein Lächeln auf, um zu erwidern: „Tja, ich bin halt schlau."

Joel rollte die Augen, zog seinen Rucksack näher an seinen Rücken heran und blickte dann wieder nach vorne auf den Nachhauseweg zum Einstein. „Aha."

Die Schule, die ich dank Colin unbedingt betreten musste, war für uns nun erstmal für zwei Wochen erledigt und ich freute mich.

„Kommen bei euch eure Eltern", ich nieste, „zu Besuch?"

„Gesundheit", murmelte Colin, weshalb ich mich bedankte.

„Ja - wenn sie es schaffen - und bei dir?" Der Brünette mit den glatten Haaren sah zu mir, ich nickte. „Mein Vater mit meiner Schwester auf jeden Fall - und mein bester Freund kommt!", begann ich zu erzählen und lächelte zum Ende hin. Ich freute mich so unglaublich.

„Du hast eine Schwester?", hinterfragte Joel überrascht mit einem Unterton, der nicht wirklich freundlich wirkte.

„Ja", antwortete ich mit einem fragenden auseinanderziehenden Ton. „Warum so überrascht?"

„Kommst mir nicht wie ein Bruder vor... Du bist so hart."

„Du bist ja auch nicht meine kleine Prinzessin", wandte ich ein und wurde rot, als der Brillenträger mit grinsen begann und seine Augen aufleuchteten. „Das ist das Süßeste, was du in den letzten Wochen von dir gegeben hast."

Verlegen sah ich weg, warf einen Blick auf Colin, der leicht in sich rein schmunzelte. Seine Augen spiegelten einen leicht traurigen Ton wider, aber das stempelte ich als Einbildung ab. Ich öffnete meinen Mund, wollte etwas sagen, aber weit kam ich nicht, da Julia mit ihrer Freundin Ava zu uns stieß und den Lockenkopf einnahm. „Naaa, endlich Ferien!", war das Erste, was sie sagte, als sie ankam und legte - wie öfter - ihren Arm um Colin. Dieser begann zu lächeln, wendete seine Augen von mir ab und das hinterließ einen kleinen Stich in mir, weshalb ich mich schnell mit Joel befasste. „Also bleibt ihr die Ferien beide hier?"

„Ja, genau", bestätigte er nickend und ich bewegte meinen Kopf ebenso.

In unserem Zimmer angekommen, zogen wir uns alle etwas kühler an, da wir - die Heizung in der Schule war ausgefallen - ziemlich dick bedeckt waren.

Durch das Gespräch mit meiner Mutter schielte ich vorsichtig zu den beiden Jungen rüber und mir fiel auf, dass Joel sich immer ziemlich versteckte, wenn es ums Umziehen ging. Das Einzige, das ich mal von ihm erhaschen konnte, war sein Bauch gewesen und der Rest war immer ziemlich bedeckt. Dass ich also die Oberkörper von beiden gesehen hatte, war nicht ganz die Wahrheit gewesen. So hatte ich mich aber, glaubte ich, auch nicht gegenüber meiner Mutter ausgedrückt.

Mit den Augen zu Colin wandernd musterte ich seinen geraden, muskulösen Rücken, der unglaublich rein wirkte und seine Arme, die leichte Muskeln versprachen. Weiter runterfahrend kam ich an seinem unteren Körperbau an und hätte ich nicht bemerkt, wie mich Joel beim Mustern erwischte, hätte ich wohl noch etwas länger gestarrt.

Der Brünette sah mich undefinierbar an, sah in meine Augen und blickte dann zu Colin, welcher seinen Blick auffing.

„Was?", stieß der Lockenkopf irritiert aus und ich setzte mich schweigend auf mein Bett, nahm mein iPad und versuchte der unangenehmen Situation zu entfliehen.

„Nichts nichts", murmelte Joel abwinkend und ich dankte ihn im Stillen, dass er nichts verraten hatte.

Wie hätte ich mich nur erklären sollen?, fragte ich mich und merkte, wie meine Wangen anfingen zu glühen.

𝐈𝐦 𝐒𝐜𝐡𝐚𝐭𝐭𝐞𝐧 𝐝𝐞𝐬 𝐁𝐥𝐮𝐭𝐞𝐬 | ⁿᵒˡⁱⁿ ᶠᶠ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt