053 - noah

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Mit einem unguten Gefühl lief ich in der Kälte und überquerte den Weg zum Ziel. Ich öffnete die Tür, sah, dass Licht brannte und fragte nach meinem besten Freund.

„Theo, bist du hier?"

Ich sah mich um, lief zu den Duschen, bei denen ich bei der Ablage Theos Bademantel fand, ebenso seine Duschtasche.

Irritiert, weil er mir nicht antwortete, er ganz offensichtlich jedoch seine Sachen hier hatte, lief ich um die Ecke.

Geschockt blieb ich stehen. Nicht, weil er nackt war — wir hatten uns schon öfter so gesehen —, sondern, weil ich sah, wie er zugerichtet war.

Blaue, frische Flecke zierten seinen schmalen Körper, Blut klebte in seinem Gesicht und erst dachte ich, er wäre nicht bei Bewusstsein, aber dann hörte ich ihn wimmern.

„N-Noah? Bist du das?"

Ich begann zu zittern. Ich erkannte dieses Werk und die Künstler — und die unbändige Wut, die sich in mir entfachte, drohte herauszuströmen. Aber nun musste ich erst einmal meinem Theo helfen.

„Ja, ich bin es", versuchte ich einigermaßen stark zu klingen. Er sollte nicht bemerken, wie mich dieses Bild von ihm tatsächlich mitnahm. Aber meine Maske würde sowieso fallen, sobald ich ihn im Arm hatte.

Schnell schritt ich auf den nackten Körper zu, der zitterte und zusammenzuckte, sobald ich mich näherte.

Als ich mich herunterkniete und noch einen besseren Blick auf ihn hatte, zog ich scharf die Luft ein.

„T-Theo", stotterte ich fassungslos und begann langsam die Schnitte auf seiner Hüfte nachzufahren. Tränen trieb es mir in die Augen, sie begannen höllisch zu brennen und ich hörte, wie mein bester Freund schluchzte. „Es tut mir leid...", flüsterte er.

Die erste Träne rollte meiner Wange herunter und ich beugte mich herunter, um Theo seine unausgespülten Haare voll Shampoo nach hinten zu streichen und ihm einen langen Kuss auf die Stirn zu geben. „Bitte", flüsterte ich, „bitte versuch damit aufzuhören... I-Ich bin doch für dich da — immer."

Wieder nur ein Wimmern und ich versuchte ihn sanft auf den Rücken zu drehen, da er auf der Seite lag. Sofort verzog er quälend das Gesicht und stöhnte laut. „Scheisse...", murmelte ich, kraulte beruhigend durch sein Haar, auch wenn ihm das den Schmerz nicht nehmen würde.

„Shh...", flüsterte ich leise in sein Ohr und hoffte, seine Tränen erreichten bald nicht mehr die Fliesen.

„Ich würde gerne versuchen, dich abzuduschen und mit dir rüberzulaufen... Wollen wir das versuchen, hm?" Meine Stimme war sanft, ich strich weiter durch sein Haar.

„J-Ja", erklang dann hauchend seine Stimme.

Gemeinsam versuchten wir, dass er auf die Beine kam. Dabei begann er nur wieder doller zu weinen, aber als wir ihn dann zum Stehen gebracht hatten, hielt ich ihn, half ihm beim Abduschen und wusch ihm den Schaum aus dem Haar.

„Das hast du super gemacht", lobte ich ihn dann mit einem gezwungenen Lächeln. Auch ich kämpfte weiterhin mit den Tränen. Es tat mir so weh, ihn so zu sehen.

Theo lehnte sich sachte an die Fliesenwand, als ich zur anderen Seite tapste und seinen Bademantel holte, um ihn ihm dann umzulegen und ihn zuzubinden. Ich setzte ihm die Kapuze auf den Kopf, gab ihm einen Wangenkuss, was ihn die Augen schließen ließ und ich versuchte dann, die ersten Schritte zu laufen.

Sofort taumelte Theo und er hielt sich sein Steißbein. „Es tut so weh", weinte er, „alles tut so weh."

Mitleidig presste ich meine Lippen aufeinander und plante dann um. „Halt' das", bat ich ihn, gab ihm seine Tasche und seine Schuhe, und legte einen Arm um seinen Rücken und den anderen unter seine Kniekehlen, um ihn mit bedacht hochzuheben. So lief ich also mit ihm zurück.

Natürlich spürte ich und merkte, dass es ihm immer noch schmerzte, wie ich ihn hielt, aber er blieb tapfer und sagte nichts.

Zu unserem Glück war es schon spät, was bedeutete, dass die meisten in ihrem Zimmer waren und die Gänge frei.

Wir gingen zum Zimmer 23, schloßen es auf und ich legte Theo auf sein Bett. Danach suchte ich seinen Schlafanzug und half ihm beim Anziehen.

„Wir gehen gleich zu mir rüber, okay? Ich lass dich nicht alleine", beschloss ich sofort und mein bester Freund nahm es so hin.

„Das war Erik, mit Aaron", verriet er mir leise, als ich ihn wieder hochhob.

Seufzend nahm ich es zur Kenntnis. Es war mir viel zu klar gewesen...

Im Schlafanzug verließen wir Theos Zimmer, schlossen es wieder zu und Theo drückte für mich die Klinke, zwei Türen weiter, nach unten. Schweigend lief ich hinein, ignorierte die Blicke der anderen und legte Theo dann auf mein Bett.

„Was zur Hölle ist passiert?!", rief Colin panisch, stand sofort auf und verfolgte meine Schritte.

Es war still geworden, Maximilian hatte die laufende Musik ersticken lassen und weiter blieb ich still. Ich antwortete nicht. „Holt bitte jemand von euch was zum Kühlen?"

Joel nickte, machte sich schweigend auf den Weg.

„Wer war das?" Der Lockenkopf berührte meine Schulter, drehte mich zu sich und ich schluckte nervös, als ich seine Besorgnis sah. „Noah", sagte er flehend, „bitte sag doch was! Das soll dir doch nicht auch passieren!"

„Das passiert mir nicht mehr", krächzte ich, drehte mich weg und sah zu Theo, der sich versuchte mit meiner Decke zuzudecken. Sofort half ich ihm, als er Schwierigkeiten damit hatte.

Nicht mehr?!" Colin keuchte erschrocken, sah rüber zu Maximilian und Marc. „Wisst ihr, wer das gewesen sein könnte?"

Warnend sah ich zu dem Paar, weshalb sie schwiegen und sich dann einander ansahen.

„D-D-Denkt denn n-niemand von euch d-daran, das e-einem L-Lehrer zu sa-sagen?"

„Wir wissen mehr damit umzugehen als du", widersprach ich seiner Idee und er hob eine Augenbraue, ebenso verschränkte er seine Arme. „G-Glaub' ich eher n-n-nicht."

„Hier", kam Joel dann durch die Tür, lief zu Theo und überreichte ihm besorgt das Kühlakku.

Mein bester Freund gab ein erschöpftes „Danke..." von sich, hielt es sich an die Nase und verzog das Gesicht.

Nicht, dass die wieder gebrochen ist, dachte ich darüber nach.

Auf einmal klopfte es an der Tür, wenig später wurde sie geöffnet und ich schluckte.

„Na ihr? Ich wollte nur daran erinnern, dass bald Nacht-" Herr Chung verstummte, als er Theo erblickte.

Fuck.

𝐈𝐦 𝐒𝐜𝐡𝐚𝐭𝐭𝐞𝐧 𝐝𝐞𝐬 𝐁𝐥𝐮𝐭𝐞𝐬 | ⁿᵒˡⁱⁿ ᶠᶠ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt