041 - colin

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Ich war verdammt froh, als wir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich ankamen. Mein Körper verlangte dringend nach frischer Luft, um den Kopf freizubekommen. Er verlangte durchgängig nach Noah, nach seiner Hand, einfach nach ihm, und ich wollte, dass es aufhörte.

Mein Kopf pochte und pochte, gab mir einfach keine Ruhe, und ihn dann genau neben mir sitzen zu haben, verstärkte nur meine Platzangst.

„Alles gut?", hatte er gefragt, als er aufgewacht war und meinen überforderten Blick bemerkte.

Ich hatte einfach nur genickt. In dem Glauben, der blonde Junge würde mir das abkaufen. Und das tat er. Zumindest hoffte ich das.

„So, da wir nun da sind, möchte ich euch bitten leise und geordnet den Bus zu verlassen! Macht einen guten Eindruck als Einsteiner:innen!", bat uns unser Direktor und wir versicherten ihm, das zu tun.

Schweigend, nur mit kleinen Quatschereien, verließen wir den Bus. Sahen nach, dass wir auch wirklich alles vom Platz genommen hatten, und warteten dann auf unseren Koffer, den uns der Busfahrer der Reihe nach übergab. Als ich meinen hatte, stand ich mit meinem blauen abseits und wartete auf die anderen.

Joel kam auf mich zu, seiner war grau. „Und? War doch gar nicht so schlimm mit Noah, oder?", grinste mein bester Freund. Wissend, dass Noah eingeschlafen war. Er hatte es gesehen. Hatte sich auf der anderen Seite rumgedreht und schräg zu uns geschaut.

„War eher ruhig", gab ich räuspernd zurück und sah dann weg, da es mich nervös machte. Erneut wurden meine Wangen heiß und ich ärgerte mich über mich selbst.

Er war nur müde gewesen, eingeschlafen. Raff dich, Colin, ging ich mich selbst an.

Noch immer fühlte ich das Gewicht Noahs an meiner Schulter.

„Jaha", stöhnt Noah genervt, während er mit Handy am Ohr auf uns zukam. „Wirklich, jetzt geh mir nich' auf den Sack", knurrte er wütend weiter und legte dann auf.

„Hexe", zischte er augenverdrehend und steckte sein Handy ein.

„Wer war das denn bitte?", fragte Joel verwirrt und Noah ließ die Schultern hängen. „Meine Mutter."

Erschrocken weiteten sich meine Augen. „Du redest so mit deiner Mama?"

Der blonde Junge sah zu mir. „Sie ist ein scheiss Mensch, also ja. Sie hat's verdient", antwortete er kalt und ich sah ihn schweigend an. Seine blauen Augen wirkten wütend funkelnd und er versuchte sich zu beruhigen.

„Was wollte sie denn?", fragte Joel vorsichtig nach und Noah platzte etwas heraus, was uns beiden erschrocken die Luft einatmen ließ.

„Ich hab' die seit Wochen ignoriert und jetzt hetzt sie gegen meinen Vater, weil er mir angeboten hatte, wieder zurückzukommen, und-"

„Du... willst wieder zurück?", hauchte ich überfordert. „Bitte nicht", entkam mir schneller als mein Gehirn es hätte registrieren können.

Noahs Gesichtsausdruck wurde weicher, er sah mir für einen kurzen Moment in die Augen und schien zu überlegen, was er sagen sollte.

„Er hat recht, geh' nicht", stimmte mir jetzt auch Joel zu und legte einen Arm um mich, um mich an ihn zu ziehen, weswegen ich beinahe das Gleichgewicht verlor. „Wir sind doch die besten Mitbewohner, die es gibt!"

Manchmal fragte ich mich, was mit Joel in letzter Zeit los war. Eigentlich war er nicht der Typ dafür, der viel Körperkontakt suchte und machte nur bei bestimmten Personen eine Ausnahme — und selbst da kam es selten vor.

Aber es hatte funktioniert, der Blonde schien glücklich zu sein. „Ich werd' euch nicht verlassen."

Ich hoffte nur, das war nicht einfach dahingesagt.

𝐈𝐦 𝐒𝐜𝐡𝐚𝐭𝐭𝐞𝐧 𝐝𝐞𝐬 𝐁𝐥𝐮𝐭𝐞𝐬 | ⁿᵒˡⁱⁿ ᶠᶠ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt