𝐓 𝐄 𝐍

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Ich stehe vor meinem Spiegel

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Ich stehe vor meinem Spiegel. Meine Augen sind rot vom ganzen weinen, weswegen ich versuche, es zu überschminken. Das Bad heute Nacht tat mir zwar gut, aber als ich danach wieder einen Heulkrampf bekommen habe, war es schon längst in Vergessenheit geraten.

Nun föhne ich meine langen Haare und ziehe mir eine Kette mit einem Mond an. An Alessandros und meinem ersten Treffen, hat er sie mir geschenkt, weswegen sie sehr besonders für mich ist. Ich trage sie mit Stolz. Vorsichtig ziehe mir das rote Sommerkleid an und betrachte mich wieder im Spiegel.

Er hätte niemals gewollt, dass ich schwarz trage, also warum nicht einfach das rote Kleid? Ich laufe die Treppen runter und ziehe mir schnell meine Schuhe an, ehe ich mir Tasche und Rose schnappe und das Haus verlasse. Bald ist es soweit. Mateos Auto steht vor mir.

Wir haben vorgestern vereinbart, dass er mich heute abholt, da ich auf dem Weg zu Alessandros Beerdigung definitiv nicht fähig wäre, Auto zu fahren. Ich steige ein und knalle die Tür zu. Leise flüstere ich ein Hallo und schnalle mich an. Er sieht fast genauso fertig aus, wie ich.

Gleich werde ich Ales Eltern wiedersehen. Sie waren die Eltern für mich, die meine Erzeuger nie sein konnten. Mateo und ich schweigen uns an. Die Stadt rennt an uns vorbei. Nach einiger Zeit kommt das Auto langsam zum stehen. Jetzt wird es ernst.

Mateo räuspert sich und sagt: »Wir sind da.« Ich atme einmal tief ein und aus, ehe ich die Autotür öffne und aussteige. Gemeinsam laufen wir den langen Weg entlang. Fast stolpere ich, da ich nicht auf den Weg achte.

Wie vermutet, trägt jeder schwarz. Shit. Somit falle ich noch mehr auf. Egal, ich wollte das Kleid anziehen und fertig. Mindestens 50 Menschen stehen vor dem Eingang des großen Tores. In der einen Hand, meine Tasche. In der anderen, die weiße Rose. Hätte ich doch eine rote nehmen sollen? Oder eine rosane? Welche hätte er genommen?

Eine in schwarem Anzug gekleidete Frau kommt mit schnellen Schritten auf mich zu. Sie hält vor mir an und legt meinen Kopf in ihre Hände. Ihre Augen, voller Trauer. Sie tut mir am meisten leid. »Dios mío, Kind! Hast du denn gar nicht geschlafen?«

Stumm schüttel ich meinen Kopf und Lucía schließt mich in eine Umarmung. Ich zucke für eine Millisekunde zusammen, doch lasse es zu. Sie streichelt behutsam meinen Kopf. Hinter ihr tritt Luciana hervor und umarmt mich ganz herzlich. Sie ist die Schwester von Alessandro. Ein wunderbarer Mensch, finde ich. So lieb und herzlich.

In ihren Augen bilden sich immer mehr Tränen, obwohl sie diese scheiternd versucht, sie zurückzuhalten. Sie ringt sich zu einem kleinen Lächeln, welches ich erwidere. Pablo nickt mir schweigend zu und langsam öffnet sich das Tor.

Ich atme nun tief ein und aus. Alle stürmen in das Gebäude und lassen sich auf einen Platz nieder. Unsicher laufe ich an Lucías Hand in die erste Reihe. Habe ich es überhaupt verdient, in der ersten Reihe zu sitzen? Generell auf seiner Beerdigung zu sein? »Setz dich.« sagt sie liebevoll. Dankbar nehme ich dann doch Platz.

𝐃𝐀𝐍𝐂𝐄 𝐋𝐈𝐊𝐄 𝐈𝐓'𝐒 𝐘𝐎𝐔𝐑 𝐋𝐀𝐒𝐓Where stories live. Discover now