𝐈𝐧𝐟𝐢𝐥𝐭𝐫𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧

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Hunter's POV

Was zur Hölle tut sie, verdammt? »Lass los.« Ich bemühe mich um einen ruhigen, aber eindringlichen Ton in meiner Stimme. Ich weiß nicht recht, ob mir das gelingt, denn ich kann meinen Herzschlag in meinem gesamten Körper spüren. Lola reagiert nicht. Ihre Finger schließen sich noch kräftiger um die Scherbe und ich muss kurz den Blick abwenden, um nicht dabei zuzusehen, wie sich das Glas tiefer in ihre Haut bohrt. Kurz schweifen meine Augen zu Danilo, der mit sichtlicher Genugtuung seitlich zur Bar steht und auf Lola hinabblickt.

»Verschwinde!«, bringe ich mühsam hervor. Meine Stimme muss wohl so bedrohlich geklungen haben, dass der Wichser sich mit einem letzten Blick zufriedengibt. »Wenn ich dir noch einen Tipp geben darf: Lass lieber deine Finger von der Kleinen! Die ist offensichtlich total abgefuckt.«

Ich presse meinen Kiefer gewaltsam aufeinander, um der Versuchung zu widerstehen, ihm nachzulaufen. Wenn er nur wüsste, wie überflüssig es war mir irgendwas über Lola zu erzählen. Ihren Bruder zu erwähnen war ein verdammt mieser Schachzug gewesen. Statt mich Danilo zu widmen, lenke ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Lola, die immer noch in den Scherben kniet und in ihre blutige Handfläche starrt. Es sieht aber nicht danach aus als würde sie wahrnehmen, was sie sich da gerade antut. Ihre Gedanken scheinen weit weg. Fest entschlossen mir das nicht länger mitanzusehen, greife ich nach ihren blutverschmierten Fingern und zwinge sie mit sanften, aber bestimmten Druck ihren Griff zu lösen.

»Verdammt«, murmle ich, als ihre Handinnenfläche zum Vorschein kommt. Bevor sie sich noch mehr wehtut, greife ich nach der Scherbe und lege sie schnell außer Reichweite.

»Oh«, höre ich ihre Stimme leise. »Oh.« Nochmal.

»Hey, alles ist gut«, versichere ich ihr. Ich vermute, dass sie gerade aus ihren schrecklichen Erinnerungen zurück in die Wirklichkeit entfliehen ist. Schnell lege ich meine Hand über den großen Schnitt, den die Glasscherbe hinterlassen hat. »Du hast dich nur geschnitten. Komm!« Mit meiner sauberen Hand greife ich um ihre Taille, ehe ich mich zusammen mit ihr im Arm aus der Hocke erhebe. Lola schnappt kaum merklich nach Luft, als ich sie fest in meinem Arm aus dem Scherbenhaufen hebe und sie ein paar Meter entfernt wieder absetze. Ihre Füße kommen auf dem Boden auf, ich bin mir aber nicht sicher, ob sie in der Lage ist aufrecht zu stehen, oder ob ihre Beine nachgeben würden. Deshalb lasse ich meinen Arm dort, wo er ist, und ignoriere dabei, dass mein Puls merklich in die Höhe schießt. Denkbar schlechter Zeitpunkt, Chase.

Ich kann mir natürlich einreden, dass das an dem Blut liegt, das an mir und an Lola klebt. Aber mit Blut habe ich nun wirklich noch nie ein großes Problem gehabt, vor allem, wenn es nicht mein eigenes ist.

»Ich bringe dich ins Badezimmer«, erkläre ich ihr. Sicher, ob sie mich überhaupt richtig versteht, bin ich mir nicht.

Meine Augen scannen die Umgebung ab. Danilo hat sich glücklicherweise endgültig aus dem Staub gemacht. Von Ace fehlt jedoch ebenfalls jede Spur. Lediglich ein paar Gäste in den hinteren Bereichen der Bar, schauen neugierig in unsere Richtung. Als ich mir sicher bin, dass hier keine Gefahr lauert, drehe ich ihnen den Rücken zu. Ich verstärke meinen Griff um Lolas schmale Taille. Unter meinen Fingern kann ich deutlich spüren, dass sie sich regelmäßig sportlich verausgabt. Ihre seitlichen Bauchmuskeln sind leicht angespannt. Ich merke, dass sie versucht eigenständig zu gehen, ihre Füße ihr jedoch wohl nicht richtig gehorchen wollen, als ich sie mehr oder weniger zu den Toiletten trage.

Mit meiner Schulter trete ich schließlich die Damentoilette auf, die sich nur ein paar Meter entfernt von der Bar entfernt befindet. Dabei erschrecke eine Frau, die sich im Spiegel betrachtet und die Nase pudert. Ihre Augen werden ganz groß, als sie mich und Lola entdeckt. Ihr Blick fällt sofort auf Lolas blutverschmierten Arm. Einige Blutstropfen sind ihren Arm hinuntergewandert. Ich möchte gar nicht wissen, was sie sich in ihrem Kopf gerade zusammenreimt.

»Es sieht schlimmer aus, als es ist«, sage ich, »Sie kann kein Blut sehen.«

Die Frau nickt nur, und quetscht sich dann schnell an mir vorbei, um das Bad zu verlassen. Ich manövriere Lola die letzten paar Schritte auf die kleine Sitzecke, die sich direkt neben den Waschbecken befindet. Ich habe mich schon immer gefragt, wer gerne auf dem Klo auf einer Bank chillt, aber gerade war ich sehr dankbar für die Sitzgelegenheit. Ich setze sie vorsichtig ab und gehe dann vor ihr in die Hocke. Zuerst betrachte ich ihre schwarzen Turnschuhe. Der Stoff ist sehr dünn und ich kann erkennen, wie sich einige kleine Scherben in das Material gebohrt haben. Schnell öffne ich die Schnürsenkel und streife ihr beide Schuhe von den Füßen. Glücklicherweise sieht es nicht so aus, als hätte das Glas ihre Haut zerschnitten. Ich kann mir zwar nicht sicher sein, ohne ihre Socken ebenfalls auszuziehen, ich weiß aber nicht, ob sie das als übergriffig empfindet, weshalb ich es erstmal dabei belasse. Die Turnschuhe würde ich später von den Scherben befreien.

Meine Augen wandern ihre Beine hinauf. Sie trägt nur einen Rock mit einer dünnen Strumpfhose. Ich kann durch den Stoff erkennen, dass sie kleine Schnitte auf ihren beiden Knien hat. Ich widerstehe dem Drang mit meinen Fingern über ihre verletzte Haut zu streichen. Konzentrier dich, verdammt.

Als ich weiter aufsehe, blickt mir Lola aus ihren braunen Augen entgegen. Obwohl sie zu verstehen scheint, wo sie ist und vielleicht auch, was passiert ist, sieht sie nicht aus, als wäre sie wirklich hier. Ich schlucke schwer. Diese Frau könnte mir gefährlich werden. Das weiß ich. Trotzdem greife ich nach ihrer verletzten Hand und begutachte ihre Schnittwunde. Ich stehe auf und nehme mir einige Papiertücher von der Ablage, die ich in kaltes Wasser halte. Dann gehe ich zurück zu Lola, die sich keinen Millimeter bewegt hat. Ich knie mich erneut vor sie. Mit einer Hand umfasse ich sanft ihr Handgelenk, während ich mit der anderen Hand ihre Haut von dem Blut säubere. Im Hintergrund dudelt leise Klaviermusik. Ich bin so auf meine Arbeit konzentriert, dass ich mich beinahe erschrecke, als Lolas leise Stimme die Stille zerschneidet.

»Hunter-«, sie stockt. Ich sehe auf und irgendwas in meinem Magen verknotet sich, als ich geradewegs in ihre Augen blicke. »Ich habe keinen Bruder«, sagt sie plötzlich.

Oh Lola. Wir wissen beide, dass das nicht stimmt.

Aber es war nicht der richtige Zeitpunkt ihr das zu sagen. Wir waren noch nicht an diesem Punkt. Ich habe noch nicht genug Vertrauen zu ihr aufgebaut,

»Okay«, erwidere ich deshalb schlichtweg. Ihre Schultern sacken hinunter und ich kann förmlich spüren, wie etwas von ihr abfällt.

»Du hast keinen Bruder«, füge ich hinzu. Und ich weiß, dass ich in diesem Moment nicht aus reinem Zweck der Sache gegenüber gelogen habe. Ich habe es für sie getan. Und das ist gar nicht gut. Es ist falsch. Dabei fühlt es sich gleichzeitig so richtig an.


Wahrscheinlich liest das hier keiner mehr, nach so langer Zeit! Oder, ihr müsst erstmal von Anfang an wieder beginnen

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Wahrscheinlich liest das hier keiner mehr, nach so langer Zeit! Oder, ihr müsst erstmal von Anfang an wieder beginnen. Ich habe aber gerade so Lust wieder an Lolas und Hunters Geschichte zu schreiben.

Es würde mich freuen, wenn ihr mit dabei seid :) <3

Falls ihr überhaupt noch wisst, was abgeht, was denkt ihr geht gerade ab? lol 

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⏰ Last updated: Nov 12, 2023 ⏰

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𝐀𝐋𝐋 𝐃𝐀𝐘 𝐀𝐍𝐃 𝐎𝐍𝐄 𝐍𝐈𝐆𝐇𝐓Where stories live. Discover now