ℙ𝕣𝕠𝕝𝕠𝕘

164 17 0
                                    

2022


Die Musik war laut vernehmbar, als Dag die Stufen nach oben ging. Dieser Déjà-vu-Moment packte ihn. Wie oft in seinem Leben, war er hier bereits rauf und runter gegangen, mit der Tonkunst im Hintergrund?!

Etwas, wovon er damals als junger Spund dachte, was unvergänglich so sein würde. Zu jener Zeit war er tatsächlich der Meinung, alles würde in Ewigkeit so bleiben. Es war ein schöner Zeitabschnitt gewesen, den er keineswegs missen wollte.

Oben angekommen öffnete er die nicht verschlossene Türe und betrat die WG, in welche er damals irgendwie mitgehaust hatte. Mehr oder weniger gehörten Vincent und er von Beginn an zum Inventar.

Hätte ihm in jenen Tagen jemand gesagt, wie viel Leid noch auf ihn eintreffen würde, hätte er es nicht geglaubt.

Doch es war nicht alles schlimm. Es gab auch gute Zeiten. Schöne Erinnerungen, auf die er gedanklich nie verzichten wollte. Die er immer bei sich tragen würde.

Er sah sich um ... hin zu dem Balkon, wo er damals den ersten Song mit Isabelle sang, als es urplötzlich wie aus Eimern geschüttet hatte. Dag musste schmunzeln. Auch eine Erinnerung, die ihn an das schöne in seinem Leben erinnerte.

Er öffnete die Balkontür und ging nach draußen. Es war bereits recht spät. Dag atmete tief ein und blickte auf die Sterne, als er sich im Zuge dessen eine Kippe anmachte. Auch da oben waren Menschen, die ewig in seiner Erinnerung bleiben würden.

Allen voran ... Rio. Sein Sohn, den er immer noch schmerzlich vermisste und wo er sich oft fragte, wie er jetzt in dem Moment ausgesehen hätte. Was seine Hobbys gewesen wären? Mit wem hätte er mittlerweile mehr Ähnlichkeit gehabt?

Wäre er musikalisch gewesen? Sportbegeistert? Oder sogar noch rebellischer als Nia?

Als er ging ... war es wie den falschen Holzblock bei Jenga herausgezogen zu haben. Alles war zusammengebrochen. Das Leben, welches sie sich aufgebaut hatten, war ... kaputt. Von einer Sekunde auf die Nächste war alles anders geworden.

Dag dachte wiederholt an die Zeit, welche sie hier in der Wohngemeinschaft verbracht hatten, wo alles ... seinen Anfang genommen hatte.

Oder besser gesagt, wo der Anfang einer Zeitspanne begonnen hatte.

Schließlich war mit Rios Tod ein anderer hereingebrochen. Einer, mit dem er nie gerechnet hatte.

Nichts war für die Ewigkeit. Immer wieder änderte sich etwas in seinem Leben. Das musste er schmerzhaft am eigenen Leibe erfahren.

Momentan war er zufrieden. Ihm ging es gut. Ob's so anhalten würde, stand in den Sternen.

»Oh. Du bist ... auch hier oben.« , erklang Isabelles Stimme unerwarteterweise hinter ihm. »Ich dachte, ich wäre alleine.«

Er drehte sich um und lächelte sie an. »Sorry. Ich wollt' ma' schau'n, wie es hier so ... keine Ahnung. Ich wollt' kurz allein' sein.«

»Soll ich wieder gehen?«

»Nein, ist schon okay.« Sein Lächeln blieb, als sie zu ihm auf den Balkon kam und sie sich über die Brüstung beugte und ebenfalls erst reflexartig nach oben sah. »Ich musste soeben ... an früher denken.« Er zeigte ins Innere.

»Ja. Ich ... auch.«

Das sie mit ihm normal redete tat gut. Gerade erst gestern hatte es immens gekracht. Aber ... vielleicht musste es so kommen. Möglicherweise war es nötig gewesen, um ... irgendwie ... voranzukommen.

»Ich hab' ein bisschen Angst vor morgen.« , sprach sie mehr zu sich selbst, allerdings laut genug, dass er sie hörte.

Er wusste zwar auf Anhieb, was sie meinte, fragte dessen ungeachtet nach. »Du meinst Nia?«

Isabelle nickte. »Unsere Probleme ... waren auch ihre.«

»Ja, ich weiß. Aber jetzt wird ... hoffentlich alles wieder gut. Wir ... haben's ... überstanden. Oder? Wir ... wir meistern das schon. Was immer da auf uns ... zukommt. Jeder macht Fehler, und ...« Er stoppte von selbst ab, weil er sie nicht an etliche Fehlschläge erinnern wollte.

Sie nickte erneut und sah kurz nach oben. »Ja. Du hast Recht.«

»Wir bekommen das schon hin.« Er legte ein wenig zögerlich seinen Arm um ihre Schulter.

Ihr Nicken war abermals zu sehen, ehe sie einen Schritt zur Seite ging und sich der Balkontüre näherte. »Wir sollten wieder runter.«

Dag zog nochmal an der Kippe und flitschte sie in die Dunkelheit hinaus. »Ja. Okay.« Er folgte ihr hinein, vorbei an dem Zimmer, wo er damals jede Nacht mit ihr eingeschlafen war, hin zur Wohnungstüre, die sie öffnete. »Isy.« , sagte er und sie hielt an.

»Ja?«

»Ist wirklich ... alles okay ... zwischen uns?«

Sie sah ihn an und nickte. »Ja, aber ... es wird trotzdem noch eine Umstellung sein.« Isabelle atmete tief ein. »Es wird schon irgendwie.«

»Ja, ich weiß, was du meinst. Ich hoffe irgendwann ...«

»Isabelle. Dag.« , hörte man Katja rufen, die nach oben geeilt kam.

»Was ist los?« , fragte er, als die Blondine hektisch erschien.

»Ihr müsst kommen. Irgendwas ist passiert. Ich hab' gerade einen Anruf bekommen.«

»Was meinst du?« Isabelle schaute sie erschrocken an.

»Irgendwas mit Nia. Ich weiß es nicht. Sie sind auf jeden Fall im Krankenhaus. Vincent wartet draußen im Auto. Wir müssen los.«

Ich brauch dir nicht zu erklären wie schön das wär' so für immer BAND 3Where stories live. Discover now