vom Schicksal gelenkt

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Lexa hatte sich aus dem Haus geschlichen. Das Mädchen kletterte flink aus dem Dachfenster im dritten Stock, balancierte über einen Vorsprung und rutschte dann über die Regenrinne hinab und landete auf den Boden im Vorgarten. Auf dem Rücken trug sie einen Rucksack, der größer wirkte, als ihr ganzer Körper. Eliza beobachtete das Geschehen gleichermaßen fasziniert wie alarmiert. Lexa schien den Weg aus dem Fenster nicht zum ersten Mal genommen zu haben; ihre flüssigen Bewegungen verrieten sie.

Wo mochte die kleine Ausreißerin wohl mitten in der Nacht hin?

Lexa sah sich um, sobald sie das Grundstück verließ. Sie wirkte nicht so, als hätte sie einen konkreten Plan. Doch mutig straffte sie die Schultern und setzte ihren Weg fort.

Eliza folgte ihr und blieb dicht in ihrer Nähe, als die Kleine die Verkehrsstraße entlang lief. Die Nacht war pechschwarz, nur der Mond beleuchtete in den Pfützen auf dem Teer ein wenig die Umgebung. Eine Eule rief irgendwo im Wald, und Lexa hielt kurz inne. Ihre Unterlippe bebte, doch dann ging sie weiter.

Als die Straße auf eine belebtere Strecke führte, näherte sich ein Lastwagenfahrer. Da Lexa am Straßenrand ging, bemerkte der Fahrer die kleine Gestalt zu spät. Der Fahrer erschrak und trat automatisch auf die Bremse. Der Regen hatte die Fahrbahn in eine glitsche Fahrbahn verwandelt. Das Aquaplaning wurde zur Bedrohung, den der Lastwagen stand auf einmal quer und trotz des hektischen Lenkmanövers raste der Anhänger unkontrolliert auf Lexa zu.

Eliza reagierte blitzschnell. Instinktiv griff sie Lexa am Arm und flog mit ihr davon. Der LKW kam zum Stehen und der Fahrer stieg sofort aus seinem Fahrzeug aus, um nachzusehen, was passiert war. Er rieb sich die Augen, denn er konnte in der zwielichtigen Dunkelheit niemanden erkennen. Lexa war längst in Sicherheit.

Eliza hielt sie außerhalb der Gefahr in ihren Armen, doch sie hieß Lexas Verhalten nicht gut und versuchte streng zu sein.

„Wohin wolltest du mitten in der Nacht, Lexa? Kleine Mädchen gehören nachts in ihre Betten nach Hause und müssen viel schlafen, damit sie am nächsten Tag ausgeruht sind."

„Ich will nicht mehr bei Tante Nia wohnen. Ich hasse sie. Ich will alleine wohnen. Egal wo. Hauptsache irgendwo anders," antwortete Lexa trotzig. Sie schob ihr Kinn nach vorne, was sehr süß aussah. Aber ihre Worte machten Eliza auch Angst.

„Das geht doch aber nicht. Du bist noch zu jung, um alleine zu wohnen. Später einmal kannst du das tun, wenn du eine junge Frau bist," entgegnete Eliza und hoffte, das Lexa das einsah.

„Kann ich nicht bei dir wohnen?" , fragte Lexa hoffnungsvoll.

Eliza seufzte. Sie verstand das Mädchen ja irgendwo. Ihr war die Tante Nia auch nicht geheuer, aber es war die einzige Verwandte von Lexa. Wenn es nur irgendwie möglich wäre, hätte sie Lexa sofort zu sich genommen. Aber es war unmöglich.

„Lexa, du weißt, dass ich dich nicht mitnehmen kann. Ich wohne oben im Himmel. Du hast dein Leben auf der Erde und du hast noch dein ganzes Leben vor dir. Ich bringe dich jetzt nach Hause."

Lexa ließ die Schultern hängen, aber Eliza war froh, dass Lexa einsah mit ihrem Auszug noch warten zu müssen.

Sie flogen zusammen zum Haus zurück. Dort war alles leise und sie betraten ebensoleise das Haus und das Kinderzimmer von Lexa.

Eliza nahm Lexa den Rucksack ab und steckte die Kleine ins Bett.

„Bleibst du wenigstens bei mir, bis sich eingeschlafen bin?" , erkundigte sich Lexa. Ihre Augen waren schon ganz klein.

Vom Himmel hinabDonde viven las historias. Descúbrelo ahora