48. Kapitel

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- Ace -

Es fiel mir nicht leicht die Anwesenheit der Rudelführer und ihrer Gefolgschaft zu dulden. Sie schienen große Vorurteile mir gegenüber zu hegen und so ganz gelang es auch Martyn nicht sie ihnen zu nehmen. Auch wenn mich kaum jemand von ihnen als verlässlichen Partner einschätzte, vertrauten sie auf Martyn.
Das dessen Sohn mir nicht von der Seite wich, fassten sie ebenfalls positiv auf. Martyn hatte seinerseits längst verschiedene Bündnisse und Abkommen geschlossen, die im Kriegsfall griffen. Warum dies offenbar nicht für den Angriff meines Vaters auf Martyns Rudel galt, interessierte mich allerdings brennend.
Nachdem mir der bestehende Vertragsentwurf vorgelegt wurde, räumte man uns zunächst Bedenkzeit ein. Martyn, der diesen Vertrag seiner Zeit selbst unterzeichnet hatte, ging ihn mit mir durch.

,,Warum hat der Verteidigungsfall nicht gegriffen, als wir dieses Rudel gestürzt haben?", unterbrach ich Martyn, als wir bei eben diesem Punkt angelangt waren.
,,Nun, du musst wissen, nicht nur dein Vater hat sich um Monddeuter bemüht!", meinte Martyn: ,,Ein Rudel wird untergehen, ein neues wird entstehen... Die Deutungen waren nicht ganz eindeutig. Hingegen eindeutig war, war das ein schlechter Alpha sterben und seinem Erben Platz machen würde."
,,Die Deutungen beinhalteten eben auch, dass sich die Rudel einen, was nur durch eine Verbindungen, wie sie Luna schafft, möglich sei", klärte mich Martyn auf: ,,Es sind Unbeteiligte gestorben, bis Adrik den richtigen Stamm ausfindig gemacht hatte und das in seinen Augen eben zu spät. Die Deutungen waren in unseren Runden oft Thema. Dieser Konflikt war abzusehen, aber ich versichere dir, dass das Bündnisse auf Abruf stand!"
Martyns Worte hatten mich skeptisch gemacht und dem Vertrag unweigerlich mit Abneigung entgegengestellt.
,,Solche Bündnisse bringen viele Vorteile, vor allem für Rudel, die nicht so stark, wie das unsere sind. Sie sichern den Frieden und nach der Art, nach welcher dein Vater geherrscht hat, wundert es dich doch nicht, dass sich andere Rudel für den Fall der Fälle wappnen oder?", mischte sich Berric ein. ,,Ein solcher Pakt gibt uns vor allem Sicherheit!", meinte nun auch noch Weylyn seinen Teil beizutragen: ,,Es gibt noch weitere und bedeutend stärkere Allianzen in der Welt, gegen die auch dieses Rudel allein nicht bestehen kann. Durch den Vertrag sichern wir uns untereinander Unterstützung und den Erhalt unserer Grenzen zu.
Solange du keinen Konflikt gegen eine andere Vertragspartner startest, bleibt im Grunde alles wie es ist, es wird keine Grenze angetastet. Ich möchte ein Leben in Frieden, für uns und vor allem für unsere Kinder!"
Weylyn war wirklich ganz wie sein Vater, aber wie konnte ich anders, als dem Vertrag schließlich mein Zeichen zu setzen?

Die Anspannung unserer Gäste war nach meiner Unterzeichnung abgefallen, gesunde Skepsis blieb.
Martyn hatte Getränke ausschenken lassen und die Stimmung war inzwischen recht ausgelassen geworden. Es ergab sich die Möglichkeit für zwanglos Gespräche, die Martyn gern nutzte, auf die ich jedoch nicht wirklich zurückkam.
Mir brummte der Schädel noch von all diesen Worten und so war ich wirklich froh, für einige starke Tropfen.

Aus dem Augenwinkel beobachtete ich meinen Mate, der wie sein Vater gern das Gespräch mit anderen suchte.
,,Ihr kennt euch doch kaum und dann gleich ein Kind?", war es mir ein leichtes jenes Gespräch aufzuschnappen. ,,Es war nicht geplant, aber wir freuen uns riesig!", vernahm ich Weylyns Stimme. Bei genauerem Lauschen hörte ich Weylyns rhythmischen Herzschlag und den unseres Kindes.
,,Er hat seinen Vater getötet? Wer versichert dir, das euer Kind vor ihm sicher ist?", wieder die Stimme.
,,Es wird der Tag kommen, an dem er den Vertrag brechen wird!" - ,,Er tötet ihn im Schlaf... An seiner Stelle hätte ich keine ruhige Nacht!" - ,,Ihr seid naiv ihm zu vertrauen!" - ,,Ace wird seinem Vater gerecht werden..."

Ich hörte sie alle gleichzeitig, alle Stimmen in diesem Raum. Alle redeten sie durcheinander. Mein Kopf begann zu schwirren, während er versuchte allen Reizen, die auf mich einprasselten, gerecht zu werden.
Mir wurde schlagartig schwindelig, dann blieb mir die Luft zum atmen weg.
Ich taumelte rückwärts ehe ich gegen jemanden oder etwas stieß, achtlos strauchelte ich weiter. Das Bild vor meinen Augen drehte sich und von der dringend benötigten frischen Luft war ich Welten entfernt.

- Weylyn -

Ich hörte ein Glas auf dem Boden zerspringen, ehe ich mich hastig nach meinem Mate umsah. Schnell hatte ich ihn als Ursprung der Unruhe ausgemacht, leider allerdings auch alle anderen. Ace stand mit dem Rücken zur Wand und hatte offenbar einige der anderen Anwesenden auf seinem Weg dorthin angerempelt. Natürlich eilte ich gleich zu ihm, doch sein Blick und Körper waren starr.

,,Entschuldigt uns bitte kurz!", versuchte ich die Anwesenden ein wenig zu beruhigen. Berric und mein Vater waren mir gleich zur Hilfe geeilt und brachten den erstarrten Ace aus dem Geschehen. Ich warf einen besorgten Blick über die Schulter, als die Tür hinter uns wieder zu viel.
,,Ich mache das schon!", meinte mein Vater, der meinen Blick zu deuten wusste und verschwand schnell wieder nach drinnen. Berric drückte Ace auf eines der Sofa, in den benachbarten Räumen, ich ließ mich neben ihn auf die Sitzfläche sinken. ,,Ich hole mal Wasser!", meinte der Beta und verschwand schnellen Schrittes aus der Tür.
,,Was ist denn los?", strich ich Ace vorsichtig durch die Haare. Er machte mir ein wenig Angst, wie er schweratmend neben mir auf dem Sofa saß und an mir vorbei ins Leere starte. ,,Ace...", versuchte ich weiter seinen Aufmerksamkeit zu erlangen, doch vergebens.

Erst als sein Beta ihm einen ordentlichen Schwall Wasser ins Gesicht klatschte, kam Ace wirklich zu sich.
,,Danke!", wand ich mich an den anderen, der uns daraufhin allein ließ. Ich reichte Ace etwas Wasser zu trinken und er trank. ,,Was ist denn nur los mit dir?", wollte ich besorgt wissen und nahm ihm das Glas wieder ab. Er hechelte, wie gehetztes Wild, ähnlich ging auch sein Herzschlag, sodass ich ihn an meine Brust zog.
,,Hörst du das?", wollte ich wissen, ich hatte seinen Kopf über meinem Herz abgelegt. Ace nickte zaghaft und schien sich tatsächlich zu beruhigen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er wirklich ruhig war und noch länger, bis er seine Stimme wiederfand.

Territory [manxboy]Where stories live. Discover now