70. Kapitel

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„Warum eigentlich neue Kapazitäten schaffen, wenn man Alte ganz einfach wieder aufleben lassen könnte?", war es erneut Bersko, der das Wort ergriff. Ich spürte wie Ace Puls unweigerlich in die Höhe schoss, obwohl ich seine Hand festdrückte. „Warum sollte ein so junges und durchdachtes Bauwerk einfach so leerstehend bleiben, wenn wir doch den Bedarf haben?", fuhr er weiter fort. Ace Venen spannte sich unter seiner Haut und ich sah ihn ein wenig irritiert an. Ich verstand nicht, was ihn an diesem doch so plausiblen Vorschlag so sehr störte. Es war doch etwas Gutes, verfügbare Ressourcen auch zu nutzen.

„Das klingt für mich nicht schlecht!", stimmte ein weiterer Beta zu. „Bedarf gibt es immer und wenn eine Einrichtung in diese Richtung bereits besteht, dann sollten wir sie auch nicht leerstehend lassen!", fand die Idee weitere Unterstützung. „Von welchem Gebäude sprechen wir denn?", erkundigte sich mein Vater und blätterte in seinen Lageplänen herum, die er vor sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Er hatte das gesamte Gebiet vor sich abgedruckt, konnte sich ähnlich wie ich allerdings nicht vorstellen, dass etwas Derartiges auf diesem Boden existierte und dann auch noch leer stand. Medizinische Einrichtungen hatten nicht auf Adriks Prioritätenliste gestanden.
Auf unserem Boden kannte ich im Grunde allerdings jeden Fleck und dort fand sich auch keine leerstehende Einrichtung, auf welche die Beschreibung zutraf. Mein Vater schien ähnlich gespannt zu sein, worauf der Vorschlag nun fiel.

Bersko tippte auf die Karte und ich erkannte sofort, worauf er zeigte. Mein Blick fiel auf jenes Haus, in welchem mein Mate aufgewachsen war. Nun verstand ich, warum er derart angespannt war, er hatte direkt begriffen, worauf dieser Vorschlag hinauslief.
Auch Berric verspannte sich ein wenig, mein Vater bedachte zunächst Ace mit einem Blick, ehe er sich wieder dem Rest zuwendete.
„Ich denke nicht, dass dies der richtige Ort wäre, ein Krankenzentrum zu errichten. Es ist ziemlich abgelegen und für körperlich Eingeschränkt auch nicht leicht zu erreichen!", meinte der ehemalige Rudelführer. „Ich finde es eine hervorragende Idee, zumindest für die Zeit des Übergangs!", meinte einer der Anwesenden, einige nickten zustimmend.
„Es wäre eine gute Möglichkeit dem Rudel zu zeigen, dass man bereit ist Opfer für die Gemeinschaft zu bringen, nachdem man bereits seine eigenen Belange vorne angestellt hat!", mischte sich ein anderer ein.
„Das Gebäude wird durch niemanden betreten!", gab der Rudelführer kehlig zum Besten: „Das steht überhaupt nicht zur Diskussion!"

„Warum denn nicht? Die Kapazitäten sind doch da!", wollte ein besonders naives Ratsmitglied wissen. Ich gab mein bestes Ace Arm zu streicheln, aber die Spannung blieb, seine Venen pulsierten.
„Bin ich nicht deutlich genug?", war der andere mehr als offenkundig gereizt. „Warum nennst du nicht, was dagegenspricht? Ich bin mir sicher die Leute würden es verstehen!", strapazierte eines seiner langjährigen Rudelmitglieder weiter die Nerven meines Mates. „Du hast noch alles selbst noch in guter Erinnerung, mhm? Manchmal wünschte man sich wirklich in die gute alte Zeit zurück, wo du noch artig und gefügig warst...", kam es von Berskos Nebenmann.

Es hatte niemand überhaupt eine Chance gehabt schnell genug zu reagieren. Mit einem lauten Knall flog Ace Stuhl zurück, der Tisch kippte. Er entriss mir seinen Arm und hatte sich den alten Beta gepackt, bevor ich sein Vorhaben überhaupt begriff. Der Alte schlug hart gegen die Wand, als Ace ihn stieß, er ließ ihm keine Chance zur Gegenwehr, bevor er zuschlug.

„Ace!", schrie ich immer wieder entsetzt gegen ihn an, aber mein Mate schenkte mir keinerlei Beachtung. Er war wie gefangen in seinem Blutrausch. Nur mit versammelter Kraft, gelang es uns Anwesenden Ace von seinem Opfer wegzureißen und fixiert zu halten. Der Alpha hatte nicht aufgehört, auf den leblosen Körper einzuschlagen und hätte wohl auch jetzt nicht locker gelassen.
Ich war mindestens genauso geschockt wie alle übrigen, über das was sich gerade ereignet hatte. Der Alpha hatte sich keinesfalls beruhigt und tobte weiter, wobei sich sein Frust nun gegen jene richtete, die ihn von dem Alten weg zu halten versuchten, um ihn aus dem Geschehen zu bringen...

„Spinnst du komplett?", schrie ich meinen Mate an. Gerade war mir völlig egal, wie groß die Differenzen zwischen uns waren. Mit Mühe und Not war es uns gelungen ihn in das Apartment zu bugsieren. Ich konnte nicht fassen, dass ich gerade meinem Mate dabei hatte zusehen müssen, wie er einen hilflosen alten Mann totschlug.
Von meinem Gegenüber ging keine Reaktion aus, er versuchte lediglich mich zur Seite zu schieben. „Ace, ich rede mit dir!", schrie ich ihn an, auch das zeigte keine Wirkung. Als er mich erneut grob wegstieß, platzte auch mir endgültig der Kragen. Ich konnte nicht anders und verpasste ihm einen harten Schlag ins Gesicht. Ace reagierte energisch, indem er nun mich packte und gegen die nächste Wand stieß. Ich war zu geladen um mich jetzt vor ihm zu fürchten und schlug lediglich weiter auf ihn ein. Als er allerdings nicht von mir wich, schlug ich ihm schließlich eine der nahestehenden Vasen ins Gesicht. Die Vase brach direkt und riss eine Platzwunde an seiner Stirn. Den Moment indem er dies realisierte, nutzte ich um ihm einen weiteren Schlag zu verpassen und ihn auf Abstand zu bringen. Als er dennoch versuchte mich ein weiteres Mal anzugehen, verpasst ich ihm einen weiteren Schlag.

„Brauchst du das, ja?", schrie ich ihn an und setzte energiegeladen auch gleich nach: „Hast du es so nötig?" Ich hatte mich selbst noch nie so wütend erlebt und ich hatte nicht geahnt, welch eine Kraft in mir schlummerte. „Du bist so ein Arschloch, weißt du das?", verpasste ich ihm einen weiteren Schlag: „Du hast alles verdient, was sie dir angetan haben!"
Wahllos schlug ich weiter auf den Älteren ein und realisierte überhaupt nicht, was ich eigentlich tat. Die anfängliche Gegenwehr des anderen stoppte irgendwann und letztlich war es mein Vater der mich von dem Alpha wegriss. Ich heulte vor Wut und Fassungslosigkeit und schmiss mich in seine Arme. Es gelang mir nicht mich zu beruhigen und am liebsten hätte ich ihn auch weiter meine Wut spüren lassen. Er hatte etwas abscheulich getan und genauso hatte auch er es verdient behandelt zu werden, wenn er es anders nicht begriff.

Territory [manxboy]Where stories live. Discover now