68. Kapitel

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„Ich schwöre dir, ich habe nichts getan...", beteuerte der Beta, zu dessen Wohnung ich mir Zutritt verschafft hatte. Zu jener Zeit war noch er der erste Beta meines Vaters gewesen, wer, wenn nicht er sollte, eine Antwort auf meine Fragen haben?

„Ich hoffe doch sehr, dass dem so ist, aber darum bin ich nicht hier!", meinte ich und behielt ihn genauestens im Blick. Auf diese Worte schien ein wenig Anspannung von meinem Gegenüber abzufallen, wirklich entspannt wirkte er noch längst nicht. „Die Art wie du hier erscheinst, erinnert sehr an die alte Zeit... Haben wir nicht neue Grundsätze ausgehandelt?", wollte Berrics Vater wissen. Natürlich hätte ich auch höflich klopfen und um Einlass bitten können, aber das hielt ich für wenig effektiv. Das ich damit wohl allerdings den Verdacht erweckte, dass er oder sein Verhalten mir Anlass zum Unmut gab, war so nicht zu umgehen.

„Wer war der Mate meines Vaters!", fiel ich wohl wortwörtlich ein weiteres Mal mit der Tür ins Haus. Der alte Beta schien überrascht, dann begann er zu grinsen. „Ich wusste nicht, dass du dich für Ahnenkunde interessiert. Hat dich dein hübscher Omega auf den Geschmack gebracht?", wollte er wissen. Es war deutlich zu spüren, dass er mich hatte, aufwachsen sehen und sich von daher auch so manch einer Freiheit besann, zu der sich andere Rudelmitglieder nicht erdreisteten. „Beantworte einfach meine Frage!", forderte ich, diese Respektlosigkeit und Selbstgefälligkeit vieler Ältere, vor allem mir gegenüber, war mir schon immer gegen den Strich gegangen. Nun war ich derjenige, dem die Handhabung dieser oblag.

„Ich hab mehr von ihm gehört als von ihm gesehen!", schmunzelte der Beta: „Ich finde es sehr interessant, dass er auch in zweiter Generation männlich ist." Er spielte erneut auf meinen Mate und mich an, bestätigte damit allerdings auch, dass Martyn wohl nicht gelogen hatte und Adriks Mate wohl tatsächlich männlich gewesen war. „Beantworte meine Frage!", forderte ich ein weiteres Mal mit kehligerem Nachdruck. Der andere schien sich mit seinem Wissen wohl besonders wichtig zu fühlen und spielte sich mir gegenüber lediglich weiter auf. Ziemlich sicher wusste er, dass er hier am längeren Hebel saß, und meine Geduldsspanne kannte er nur zu gut.

„Ich finde du solltest deinen Ton mäßigen, ich glaube nicht, dass dein Vater deinen Umgang mit mir gutheißen würde!", schüttelte Berrics Vater theatralisch den Kopf: „Dafür habe ich auch viel zu viel für dich getan..." „Adrik ist tot und was du getan hast, werde ich dir sicherlich nicht danken!", gab ich meine Missgunst kund. Nach all dem, was er für mich getan hatte, konnte er wirklich froh sein, wenn ich ihn am Leben ließ. Ich merkte dem Älteren deutlich an, dass er gewillt war, sich auf eine Diskussion einzulassen und forderte ihn ein weiteres Mal zum Reden auf.

„Er war ein wirklich prächtiger Kerl, wenn du mich fragst!", schmunzelte der Beta: „Zu Schade eigentlich, dass dein Vater ihn dahingerafft hat. Er hätte dem Rudel von großem Nutzen sein können, so war er lediglich verschwendetes Fleisch." „Warum hat er ihn getötet?", harkte ich weiter nach, schon froh ihm überhaupt eine Antwort entlockt zu haben. „Aus demselben Grund, aus dem du deinen Mate um ein Haar getötet hättest...", schien der Ältere dies wohl besonders amüsant zu finden: „Deine Linie ist wohl prädestiniert für eine schlechte Selbstbeherrschung... Wahrscheinlich hat man euch einfach zu früh das Hirn weggefickt, als das ihr es besser wüsstet..."
Ich hatte ihn mir am Kragen gepackt und schlagartig war er ruhig geworden, nun begann er dennoch wieder zu lachen: „Stark, aber nicht im Geiste!" Gereizt ließ ich ihn wieder hinab: „Das heißt Adrik hat ihn während der Markierung getötet?" „Die Kehle hat er ihm zerfetzt, während er sich hat bumsen lassen. Eine riesen Sauerei, war das und zuerst hat er es nicht mal gemerkt...", Berrics Vater schüttelte den Kopf: „Ihr seid euch viel ähnlicher, als du denkst!" Wenn es wirklich stimmte, was dieser Mann sagte, dann hatte Adrik seinen Mate nicht gezielt getötet, es war ein Unfall gewesen. Es rechtfertigte ihn und sein Verhalten in keiner Weise, aber ich begriff seinen Schmerz. Auch ich hatte meinen Mate schließlich beinahe verloren.

„Hast du nicht erwartet, was?", schmunzelte der Beta: „Glaub mir, es ist besser, dass du Adrik nicht selbst danach gefragt hast. Es ist schon so mancher Kopf gerollt, er ist schließlich nie darüber hinweggekommen!" Ich erwiderte nichts, sondern versank für einen kurzen Moment in meinen Gedanken: „War er ein Alpha?", interessierte mich Weylyns Spekulation. Der andere reagierte zunächst nachdenklich, dann weniger verhalten: „Glaubst du dein Vater hätte sich auf einen Omega eingelassen und sich von ihm ficken lassen wie eine Hure?" Nein, das hielt ich tatsächlich für äußerst unwahrscheinlich. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass Adrik mit jemand männlichem verkehrte, noch weniger, dass er ihn überhaupt ranließ, ... wenn dies überhaupt stimmte.

„Und woher komme ich?", stellte ich die Frage wohl wenig geschickt, der Alte begann zu lachen. „Muss ich dir wirklich von Bienchen und Blümchen erzählen?", bekam er sich kaum wieder ein. „Bin ich mit ihm verwandt?", harkte ich gereizt ein, wer konnte es schon leiden, wenn man sich über ihn lustig machte? „Du bist der Sohn deines Vaters, das ist mehr als offensichtlich!", versicherte mir der Beta. „Und mit ihm?", spielte ich auf den Mate meines Vaters an, was den anderen nur erneut zum Lachen brachte. „Sei nicht albern, wie soll denn so etwas funktionieren?", grinste er: „Obwohl ich sagen muss... ein wenig Ähnlichkeit habt ihr." Ich hob die Augenbrauen, was ihn wohl veranlasste fortzufahren.
„Du hast einen Hauch Wärme, das ist für dieses Rudel nicht üblich!", er spielte auf meinen Ton an. Wir lebten in einem der kühlsten Reviere, so verfügten die meisten über einen sehr blassen Ton. Mein Mate und sein Rudel, waren vor Generationen aus wärmeren Gebieten hergezogen, während dieses Pack diesen Grund nie verlassen hatte und so verfügten auch sie über einen natürlich etwas dunkleren Ton.

Das Gespräch war nur mäßig zufriedenstellend gewesen, aber mehr bekam ich aus Berrics Vater nicht heraus oder zumindest schien er mehr tatsächlich nicht zu wissen. Es blieb nicht ausgeschlossen, dass auch mein anderer Erzeuger männlich war.

Territory [manxboy]Where stories live. Discover now