Kapitel 4 : Wer in der Hölle geboren ist, glaubt sich im Paradies

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Wer in der Hölle geboren ist, glaubt sich im Paradies.

- unbekannt


„Hure des Teufels", wiederholte Professor Reynolds

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„Hure des Teufels", wiederholte Professor Reynolds. „Satans Mätresse. Beelzebubs Gespielin. Es gibt viele Namen, mit denen die christliche Kirche die eine oder andere Frau in der Vergangenheit diskreditiert hat. Und lassen Sie sich eins sagen: es waren nicht nur heidnische Gottheiten, die somit in Verruf gebracht wurden, sondern auch ihre vermeintlichen Anhängerinnen."

„Er hat Konkubine des Antichristen vergessen", zischte der Fremde hinter mir. „Mein persönlicher Favorit, wenn Ihr mich fragt."

Ich war so zur Salzsäule erstarrt, dass ich kein Wort über die Lippen brachte.

Wieso war er hier?

Die Gedanken an Noah hatten mich so sehr für sich beansprucht, dass ich die eher unschöne Begegnung auf der Party erfolgreich verdrängt hatte.

Bis jetzt zumindest.

„Es war eine Zeit der Dunkelheit und des Terrors. Eine tragische Geschichte, das kann ich Ihnen versichern." Reynolds Stimme erfüllte den Hörsaal, als ich wie gelähmt meinen Blick nicht von der Gestalt wenden konnte. „Und die Führung der Kirche spielte dabei eine sehr zentrale Rolle in der Sache. Sie etablierte Inquisitionstribunale und förderte den Glauben an Hexerei als eine reale Bedrohung für das Christentum."

Tragisch? Es war ein unaussprechliches Massaker", schnaubte der Fremde und stieß sich von der Wand ab. „Nichts für zerbrechliche und zarte Seelen. Überall öffentliche Hinrichtungen, und erst dieser Gestank von verbranntem Fleisch... "

Mir entfuhr ein ersticktes Keuchen, als ich mich bei seinen Worten beinahe an meiner eigenen Spucke verschluckte.

„Wissen Sie", fuhr Reynolds fort, „Die Kirche mag keine Veränderungen. Und in besagter Zeit wurde die Macht vieler Frauen, die ihre Weisheit aus einer eher, wie soll ich sagen, spirituellen Verbindung zur Natur zogen, als Bedrohung für die etablierte Ordnung angesehen."

„Und bedeutet das? Wollen Sie damit sagen, dass es sowas wie Hexerei wirklich existiert?", rief jemand aus den unteren Reihen, die näher am Podium des Hörsaals waren, und Getuschel breitete sich aus.

„Ich will damit sagen", sagte der Professor langsam und runzelte die Stirn, „dass Vieles, das sich in der Geschichte der Menschheit zugetragen hat, aus Habgier nach Macht geschehen ist."

„Ein weiser Mann, dieser Sterbliche." Das Zischeln in der Stimme des Fremden wurde weicher. Ich umklammerte den Rand meines Stuhls so fest, dass meine Fingerknöcheln weiß wurden, als er immer näher trat. Im gedämpften Licht des Hörsaals glühten seine bernsteinfarbenen Augen unheilvoll, doch viel mehr zogen mich die komplizierten Tattoos auf seiner Haut in den Bann. Wenn ich blinzelte, hatte ich das Gefühl, sie würden erfüllt von Energie... pulsierten?

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