Seems to suit you

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Ich riss meine Hände aus Seonghwas und stand davor zum zweiten Mal an diesem Tag rot zu sehen.
„Ich muss... los." Stammelnd streckte meine Hände aus, um sie wieder in Fäuste zu ballen und in meine Taschen zu versenken.
Meine Füße setzten sich in Bewegung.
Ich hastete zur Tür in die Halle zurück, nebenbei schaltete ich mich auf Chans Frequenz.
„Ich habe dir gesagt, du sollst mein GPS-Signal nicht ausnutzen!"
„Das war, bevor ich von Hyunjin erfahren habe, dass er dich und deine Freundin nicht von der Uni abgeholt hat."
„Cheonsa!" Seonghwa eilte mir hinterher.
Ich hoffte er befand sich nicht in Hörweite für Chan.
„Ich habe gesagt, ich bin mit Chaerim unterwegs!" zischte ich und warf San und Mingi im Gehen ein verabschiedendes Lächeln zu.
„Bleib stehen!" hörte ich Seonghwa dicht an meinen Fersen.
San und Mingi besahen uns verwundert.
„Normalerweise holt Hyunjin dich dann aber ab!" schlussfolgerte Chan.
Ich stieß die Luft aus und riss die Tür zu dem Flur auf, durch den ich mit Seonghwa die Halle betrat. Sie ging nicht auf. Ein Code verhinderte mir die Flucht.
Ich drehte mich um und sah, wie Seonghwa zu mir aufschloss.
„Was ist...?" Ich deutete ihm, dass er die Klappe halten und mir die Tür aufmachen sollte.
Er kam meiner Geste nach und hielt sie mir auf.
Ich nickte ihm dankend zu und hastete den Gang zurück zum Schuhregal.
„Diesmal nicht. Wir sind mit Chaerims Auto..." Die Verbindung brach ab. Chan hatte mich ausgedrückt.
Ich schrie.
Seonghwa schreckte zurück und ging in Deckung, als ich mir einen der Hausschuhe auszog und in seine Richtung warf. Rotsehen die zweite...
Ich raufte meine Haare und sammelte meine Gedanken.
Mein GPS zu aktivieren entpuppte sich als gravierender Fehler.
Die Tür zum Gang flog auf und ich hörte, wie San auf Seonghwa einredete, was den passiert sei.
„Cheonsa..."
Mein Blick hastete zu Seonghwa, der mir den Hausschuh hinhielt um Abstand zwischen uns zu wahren.
Ich stand kurz davor meine zweiten Schuh nach ihm zu schmeißen, aber sein Körper tat diese Sache, wie letzte Woche bei Kai. Er bewegte sich mit seinen Atemzügen mit. Ich atmete ihm nach und brachte mich so ins Bewusstsein zurück.
„Ich fahr dich nach Hause." Seonghwa wagte sich einen Schritt an mich heran. Meine Augen fixierten sich auf seine Schultern.
Ich bekam nicht mit, wie Seonghwa Mingi und San anwies wieder zurück in die Halle zu gehen.
„Ich werde dir nichts tun." Seonghwa stand auf Armlänge mit dem Hausschuh in der Hand von mir entfernt.
„Bis du mir ein Zeichen gibst, werde ich dir nicht näherkommen."
Er hatte also von meiner ersten Attacke heute gelernt.
Ich nickte und zog meine Hände aus meinen zerzausten Haaren.
Seonghwa blieb da, wo er stand, und senkte seinen Arm. Er zückte sein Handy und tippte darauf herum, während ich meine Straßenschuhe anzog und ihm durch ein weiteres nicken klar machte, dass meine Hände nicht an seinem Hals landeten, wenn er näherkam.
Er zog sich die Yoda Hausschuhe aus und schlüpfte in das paar dunkelblauer Oxfords.
„Wir fahren mit dem Auto zurück." Erklärte er mir in einer sehr primitiven Tonlage.
Wieder nickte ich nur.
„Cheonie...?" setzte sich Hyunjins Stimme in mein Ohr. „Chan steht vor der Tür."
Irgendwann würde ich diesen Mann umbringen, wenn er mir weiter auf die Nerven ging.
„Ich... ich..." ich bekam keinen Ton heraus, nachdem ich Hyunjins Frequenz freigab. „Hyunie, ich..."
„Geht's dir gut Cheonsa? Soll ich ihn wieder wegschicken?"
Ein wütender Chan ließ sich nicht abwimmeln.
„Ja. Lass... lass ihn hoch." Murmelte ich.
Seonghwa schlich im Bogen an mir vorbei und hielt mit die Tür nach draußen auf.
Ich lächelte ihm müde zu und lief an ihm vorbei nach draußen in den kühlen herbstlichen Spätnachmittag.
„Irgendwo habe ich noch nen Coupon für indisch zum Abendessen. Ich bestelle uns was zum Abendessen."
Auf dem Hof vor der Halle stand ein Fahrbereiter dunkelroter Ford Kuga.
„Und wenn Chan weg ist, dann verbringen wir endlich mal wieder Zeit miteinander."
Ich schmunzelte durch die leere in meinem Inneren hindurch.
„Okay..." murmelte ich.
„Dann bis dann." Ich hörte Hyunjins belegtes Lächeln durch die Leitung.
„Bis dann." Hauchte ich und er brach die Verbindung.
„Du hast dich von Chan orten lassen?" erklang Seonghwa erstaunt und ein Stück neben mir.
Ich ignorierte seine Frage und stieg auf dem Rücksitz ein, nachdem er den Wagen aufschloss.
„Hat das mit deinem Verschwinden vom Wochenende zu tun oder weiß er immer, wo du dich aufhältst?" Seine Frage klang nicht vorwerfend, doch der Dämon in meinem Kopf wollte ihm dafür an den Kragen.
Ich hielt ihn unter Wasser. Ein drittes Mal bekäme er heute kein Land zu greifen.
„Er hat es gestern von mir verlangt." Meine Stimme blieb kaum hörbar.
„Ich habe mich geweigert, gestern zumindest."
Seonghwa drehte den Schlüssel und fuhr vom Hof.
„Heute Morgen wollte ich guten Willen zeigen. Ich habe ihm gewarnt, er soll es nicht missbrauchen. Jetzt wartet er bei mir."
Seonghwa plusterte sich auf und sah durch den Rückspiegel zu mir.
Seine Gesichtszüge spannten sich an, so wie der Rest seines Körpers.
„Er hat dein Wohlwollen missbraucht." Erkannte er und ruderte den Wagen ruckartig um die Kurve.
Ich gab keine Antwort und lehnte mich mit dem Kopf gegen das kühle Fenster.
Seonghwa harkte nicht weiter nach. Er drehte das Radio an und füllte das Auto mit leiser Musik.
Die Stimme des Sängers kam mir bekannt vor. Irgendetwas rockiges, melodisches mit ganz eigenen harmonischen Elementen.
Ich zog mein Handy und entsperrte es, um den Chat mit Changbin zu öffnen.
„Setz mich für Samstag auf die Liste... Ist mir egal gegen wen."
Er war sofort an seinem Handy.
„Wen hat es erwischt und lebt die Person noch?"
Ich schmunzelte und sah über mein Handy hinweg zu Seonghwa, der im Takt zur Musik auf das Lenkrad trommelte.
„Zweimal, lebt noch." Gab ich ihm Entwarnung.
Von ihm kam in den nächsten Minuten keine Antwort, also steckte ich mein Handy weg. Den Schwall an Chans Nachrichten ignorierte ich.
„Wooyoung meinte er kennt jemanden, der sich... an unseren Kämpfen beteiligen wollte. Ich wollte ihn Changbins Nummer..."
„Schick sie mir, ich kümmere mich drum." Lächelte Seonghwa mir durch den Spiegel zu.
Ich nickte und schickte sie ihm.
„Und... kannst du San was von mir ausrichten?"
Seonghwas Augen wurden so braun, wie süße Schokolade als er zustimmend nickte.
„Richte ihm aus, Chaerim hat noch nicht mit ihm abgeschlossen."
„Du hast mit ihr über ihn geredet?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe es ihm am Samstag versprochen." Brummte ich.
„Ich halte meine Versprechen für gewöhnlich." Anders als Chan.
„Ich gebe ihm Bescheid, sonst noch was?" bat er an.
„Kannst du mein GPS hacken lassen?" Ich schloss die Augen und überlegte, woher ich die Stimme aus der Anlage kannte. Der Song, der nun lief war ein wenig rockiger, die Stimme immer noch melodisch, als würde sie sich in die Musik legen.
„Ich nicht. Aber Yeosang und Wooyoung sollten keine Probleme damit haben." Er zwinkerte mir zu. „Ich gebe dir Bescheid, wenn die beiden etwas erreicht haben."
„Danke." Sagte ich und meinte es auch so.
„Immer wieder gern, Cheonsa." Beteuerte Seonghwa. „Es ist mein Job dir deine Wünsche zu erfüllen." Kein Unterton schwang in seiner Stimme. Würde ich ihn nun bitten für mich auf dem Rückweg ein Eis bei McDonalds zu bestellen, zögere er bestimmt nicht.
„Ich... ich weiß das ist eigentlich eine Dumme Idee, aber wenn..." Seonghwa fuhr sich mit der Hand durch seine dunklen Haare und lächelte peinlich berührt.
„Wenn es dir bei deiner Horde zu viel wird, Wooyoungs Zimmer steht frei. Der Code für die Türen ist 1117. Ich zeige dir sein Zimmer das nächste Mal, oder wenn du bei uns einfach mal vor der Tür stehst." Bat er mir an.
Ich nahm mir sein Angebot an und notierte mir den Code ganz weit unten in meinen Notizen, doch brachte fürs Erste keinen Ton mehr über die Lippen.
Mir rutschte ihm gegenüber heute zweimal mein Verstand aus. Anstatt zu fragen, was falsch mit mir war, nahm er es einfach hin.
Eine Weile hörte ich nur der Musik zu, bis Seonghwa an einer Ampel das Lied wechselte.
Das Lied, dass nun lief besaß einen ganz anderen Klang. Das war kein üblicher Rock mehr, das grenzte schon an Metal, obwohl es mit ruhigen Klängen und derselben sanften Stimme begann, schwang es rapide um.
Ich schreckte mit meinen Augen zu Seonghwa in den Spiegel und richtete mich auf, als ich die Stimme und die Band erkannte.
„Ist das Bad Omens?"
Seonghwa erwiderte meinen Blick ein wenig verwundert, aber nickte.
„Ja, allerdings." Er drehte ein wenig lauter und sah vergewissernd zu mir. Ich nickte und er drehte noch ein wenig mehr auf.
„Du hörst sie?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Ich habe sie gehört. Seit einer Weile schon nicht mehr."
„Warum?"
Ich ließ die nun wütende und verzweifelte Stimme im Song kurz durch meinen Kopf gehen.
„Kai wollte es nicht. Es war ihm zu laut."
„Und du hast ihm folge geleistet?
Ich knietschte mich auf dem Rücksitz zusammen und legte den Kopf auf meine Knie.
„Damals ja."
Mein Blick fiel auf den Ring an meiner Hand.
Wie sich die junge Cheonsa über diesen gefreut hätte.
„Er hatte mich fast da, wo er mich haben wollte." Verriet ich Seonghwa. „Hirnlos, treudoof, ganz sein mordender kleiner Pitbull, den er nach Strich und Faden den Bauch kraulen konnte."
Seonghwas Blick spiegelte Mitleid wider. Seine Züge wurden weicher.
„Heute sind wir das." Scherzte er ohne Humor in seinem Ton.
Ruhe zog sich nun wieder fort.
Ich lauschte jener Band, die ich damals nur durch einen dummen Zufall entdeckt hatte und deren geräuschvolle Musik alles andere um mich herum betäubte, um mich klar denken zu lassen, auszubrechen...

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