Oh sweet anger please be over soon

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Changbin hatte mir das Werkstatttor aufgemacht, sodass ich gleich durchrollen konnte.
Er selbst saß auf einem der Sofas und himmelte auf hundert Hummeln, als ich zum Stehen kam und meinen Helm abnahm.
„Jetzt erzähl schon, wie war es?" harkte er nach, hastete zu mir und nahm mir den Helm ab. Er legte ihn auf einen der Sideboards gefüllt mit Werkzeugen und anderen kleinen Maschinen.
Am liebsten würde ich Changbin gar nichts erzählen. Die Bilder, die sich letzte Nacht in mein Hirn hineinfraßen, würde ich in diesem Leben nicht mehr losbekommen.
„Erst die Klamotten." Ich stieg vom Motorrad und nahm mir das Katana vom Rücken. Ich versteckte es in einem der Schubladen, die kaum verwendet wurden.
Changbin gab einen genervten Laut von sich, stakste zurück zum Sofa und hielt sie mir hin. Während ich mich umzog, versteckte er die Maschine im hinteren Teil der Werkstatt und hüllte sie in ein weites weißes Laken, was sie unkenntlich machte.
„Bekommst du die Hose ungesehen sauber?" harkte ich nach und hielt ihm die Stelle mit dem Blutfleck hin.
Changbin ging sich durch die schweißnassen Haare und verzog den Mund. „Ich müsste da was dahaben." Knobelte er und nahm mir die Hose aus der Hand, um sie zu inspizieren.
„Wie viele Leben kleben da dran?"
Ich sah zu dem abgelegten Schwert und zuckte mich selbst verspottend mit den Schultern. „Zu wenige für das, was ich gestern gesehen habe." Brummte ich und zog an ihm vorbei zum Sofa, um mich darauf fallen zu lassen.
Bevor ich mich ausstrecken konnte, nahm Changbin den Platz am weitesten von mir weg ein, so dass meine Füße auf seinem Schoß Platzfanden.
„War es wirklich so übel?" Sein Blick fand meinen und er legte den Kopf schief.
Ich schloss die Augen und nickte eingestehend.
Ich verstand, wieso keine der Queencards sich an diesen Job wagte, wieso Seonghwa und die Guerilla mich dafür ins Auge nahmen. In meinem Leben hatte ich bisher eine Menge verrückten Dreck gesehen. Meine Hemmschwelle konnte ich als hoch bezeichnen. Aber bei Kindern brach mein Damm.
So gut es ging versuchte ich Changbin die Lage von gestern dazulegen und fand es retroperspektiv nicht dumm und leichtsinnig von mir ihm von dem Vorhaben erzählt zu haben.
Es tat gut über das gesehene zu reden, doch machte es nicht leichter, alles zu verarbeiten.
Als ich alles sagte, was ich zu sagen hatte, schloss ich die Geschehnisse von Gestern mit einem schweigen.
Changbin starrte stur auf die nächstliegende Wand. Ich starrte auf das Katana und der viel zu geringen Menge an Blut, die daran klebte.
„Das...das..." Changbin setzte zögerlich zum Reden an, unterbrach sich dann aber selbst.
Ich nahm es ihm nicht übel. Zu solchen Schandtaten konnte man nichts sagen.
„Du erwartest von mir, dass wir dann zu den anderen gehen und so tun als..." Fassungslos schnaubte Changbin nun auf und griff sich in die Haare.
„Das müssen wir." Machte ich ihm strikt klar.
„Chan toleriert sowas!" Spie Changbin und sprang wutentbrannt auf die Füße. „Er toleriert es, dass diese Geisteskranken hier untergebracht werden und... und..." Er warf die Hände in die Luft und sah mich hilflos an.
„Und Minho... Minho sorgt dafür, dass sie..." Changbin schrie wutentgleist aus und trat gegen das nächstbeste Möbelstück, das sein Fuß traf. Er ließ seine Gefühlswelt so raus, wie ich mich fühlte.
„Wie kann er es wagen Han dann noch so kackendreist freundlich gegenüber zu sein?!" Seine Faust landete gegen eine der Wände. Dann fluchte Changbin in einem Tempo, dass Eminem als langweilig da stellen ließ.
Ich begab mich vom Sofa und auf ihn zu. „Minho hat keine andere Wahl. Chan ist zu Feige Kai die Stirn zu bieten." Fasste ich schweren Herzens zusammen.
Selbst wenn Chan dem grausamen Handel von Menschenleben durch die Strecke stoppte, Kai würde sein missfallen deutlich machen und bewegt hatten wir dann gar nichts.
„Minho hat was?" stieß Changbin aus und sah mich aufgebracht an. „Wir alle haben eine Wahl."
Ich schmunzelte über seine Aussage. Die Wahl hatten wir, in der Tat, die Entscheidungen waren uns aber meist vorgegeben und für gewöhnlich entschied man sich für das kleinere Übel.
„Minho hat eine Lebensschuld an Kai." Verriet ich Changbin und sah mich durch die Werkstatt um, als könne uns jemand belauschen.
„Warte... er was?" Changbin riss die Augen auf und ich sah, wie es begann in seinem Kopf zu rattern.
Ich ließ ihn den Freiraum um seinen Gedanken selber zu Ende zu denken.
„Denkst du das hat was mit Han zu tun?" verband er die Schnüre miteinander.
Ich erzählte ihm von der Autofahrt vergangenen Samstag, wie ich versucht hatte Minho auszuhören und erwähnte Changbin gegenüber das Bild in der Halle der Guerillas, sowie Hongjoons Worte über Minho von vorhin.
„Wenn das wirklich so ist, dann würde das eine Menge erklären." Murmelte Changbin. Ich nickte und stimmte ihm zu.
„Cheonie?" Als hätten wir nicht eben von einem der Teufel gesprochen, schaltete sich Han in meine Frequenz.
Ich griff nach dem Funker in der Rücktasche meiner neuen Jeans und nahm an.
„Guten Morgen Hanie." Ich versuchte einigermaßen wach zu klingen.
„Ich will nicht klingen wie Chan..." Han's eben noch liebreizende Stimme verwandelte sich in die eines reiferen, seines alters entsprechenden Han.
„...Aber. Cheonsa, wo bist du?"
Ich riss die Augen auf und wartete auf weitere Worte von Han.
„Changbin meinte du bist bei ihm im Zimmer. Ich wollte versuchen dich zu wecken, musste aber feststellen, dass du nicht mehr im Bett gelegen hast." Er klang anmaßend, als vermute er ich habe etwas zu verheimlichen.
„Ich bin vor ein paar Minuten raus." Ich ließ genau die richtige Zeit an Schweigsamkeit, dass Han mein Worten nicht als Lüge verstand.
„Komisch, wir haben dich nicht gesehen." Harkte er sofort nach.
Scheiße.
„Ich bin aus Changbins Fenster geklettert." Es gab Zeiten da hatte ich das drauf und so wie Changbin mich ansah schien er sich ebenfalls daran zu erinnern.
„Wir sind in der Werkstatt." Verriet ich. „Was wir da zu tun haben, will ich deinen süßen Ohren lieber ersparen."
Ich hörte, wie Han einen angewiderten Laut von sich gab. „Hattet ihr denn nicht schon genug voneinander."
Changbin grinste, so laut wie Han wetterte, konnte er ihn durch den Ohrstecker hören.
„Nie!" raunte er.
Han schaltete sich aus der Frequenz. Ich wartete noch einige Sekunden darauf, dass Minho mich zusammenfuhr, dass Changbin und ich unsere Ärsche rüber bewegen sollten, doch nichts folgte.
„Wir sollten langsam wirklich rüber gehen." Seufzte Changbin dann und nahm seine Hand aus meiner.
Mir graute es vor dem anstehenden Gruppengespräch, vor allem vor Chan. Ich konnte ihm die vergangenen Tage erfolgreich aus dem Weg gehen, was nicht zuletzt damit zu tun hatte, dass er mit seiner neuen Flamme lieber Zeit verbrachte, als mit auf die Nerven zu gehen.
In diesem Sinne hatte dies also etwas sehr gutes.
„Oder auch nicht!" entschied sich Changbin dann plötzlich anders, nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich ohne jede Vorwarnung.
Ich drohte ihn wegzuschieben, da hörte ich den Motor eines Wagens der Werkstatt näher rollen.
„Binnie was..." Versuchte ich nachzuhaken, doch im nächsten Moment hatte er mich hochgehoben und auf eines der Sideboards gesetzt.
„Das ist Chan." Flüsterte er mir zu, fuhr mit seinen Händen an meinen Hintern, schob sich zwischen meine Beine und zog mich an sich.
„Ich musste mich vor ihm vorhin rechtfertigen, dass du auch wirklich bei mir bist und wir die ganze Nacht unseren Spaß hatten." Hauchte er in meine Halsbeuge, als der Wagen in die Werkstatt reinfuhr.
„Außerdem will ich ihn ärgern." Grinste Changbin und ließ einen fast schon pornoreifen Stöhner aus seinen Lippen entwischen.
„Normalerweise ist das meine Aufgabe." Bemerkte ich.
Ich verbat mir ein Lachen und lehnte mich stattdessen sinnlich seufzend gegen Changbin, als ich die Autotür aufgehen hörte und eine zweite folgte, dann eine dritte. Eh ich mich aus Changbin entwirren konnte, zog er mich nur noch näher an sich heran, ein wenig Blind davon jetzt nicht nur Chan auf die Palme zu bringen.
„Früher hast du dabei eleganter ausgesehen."
Ich fror ein, während Changbin sich daran machte endlich auf Abstand zu kommen.
„Aber das scheint zu verfliegen, wenn man sich mit dem Letzten abgibt." Kai zog eine Augenbraue hoch und sah abwertend zu Changbin, der die Augen ganz weit aufriss und sich hastig umsah.
Auch das noch. War nicht abgemacht, dass nur Chan auftaucht?
Hinter Kai baute sich Sehun auf und besah mich urteilend von oben bis unten. „Was hast du erwartet, wenn du sie in so ein Umfeld schicken musstest." Spottete er und zog eine Augenbraue hoch.
Chan beäugte erst Changbin und dann mich mit reiner Enttäuschung, die er uns dann noch deutlich vor die Nase schmierte, sobald die Geschwister sich verkrümelten.
„Jongho!" bellte Kai. Aus dem Wagen stand eine weitere Person aus.
„Kümmer dich um Changbin."
„Nein!" stieg ich dazwischen, sprang vom Sideboard und stellte mich vor Changbin.
Kai sah ich fest ins Gesicht. Sein Blick füllte sich mit herablassendem Humor. „Nein?"
„Chan." Kai deutete mit einem Kinnzeig von ihm zu mir, erteilte ihm einen stummen Befehl.
„Bring sie zu den anderen, wir kommen gleich nach." Kai und Sehun rollten die Ärmel ihrer viel zu teuren Designerhemden hoch, während Jongho versuchte einen fluchenden Changbin unter Kontrolle zu bekommen.
„Fass mich an und ich bring dich um, Chan." Biss ich aus und wich ihm aus, als er versuchte nach meiner Hand zu greifen. Er hielt sich zurück und spannte seinen Kiefer an.
„Wenn dann schlag mich zu Brei. Es war meine Idee. Ich bin die Nacht zu Changbin gekrochen." Nahm ich seine Dumme Idee von eben auf meine Kappe und schob mich vor Kai.
„Wir beide wissen, du lässt die Männer für gewöhnlich zu dir kommen, mein Engel." Flüsterte Kai, griff nach einer Strähne, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte und wickelte sie sich um den Finger. Mir wurde Schlecht
„Dann bist du also hier, um mich zu sehen?" säuselte ich und neigte den Kopf. „So wie am Samstag? Ganz ohne Hintergedanken?"
Kai fuhr mit seiner Hand an meine Wange. Ich hätte seine Hand am liebsten weggeschlagen, doch hoffte Changbin noch vor schlimmerem zu bewahren. Wir hatten beide gesehen zu was Jongho in der Lage war. Nur weil er für mich Sympathien hegte, musste er diese noch lange nicht auf die Strays ablegen.
„Oh... Cheonsa ich brauche nicht immer einen Hintergedanken, wenn ich dich sehen will." Hauchte er und küsste mit seinen vollen Lippen meine Nasenspitze.
Mir wurde übel bei dem Gedanken daran, was er mit diesem Mund bereits alles veranlasst hatte.
„Lass Changbin in Frieden." Bat ich ihn dann und blickte flüchtig in die Ecke, in der Jongho Changbin auf den Boden gedrückt hielt. Changbin wand sich unter lauten und unerbittlichen Flüchen. Jongho gab nicht nach.
„Was habe ich davon, dass ich ihn gehen lasse?" raunte Kai bedrohlich tief und streifte seine Lippen über meine Stirn.
Galle stieg in mir auf, ich zwang sie wieder meinen Magen herunter.
„Außerdem bin ich wütend." Er küsste meinen Haaransatz. Es grenzte an einem Wunder, dass meine Haare nicht auf der Stelle ausfielen.
„Eine meiner Lieferungen wurde gestohlen. Ich will an jemandem meine Wut auslassen."
Das war schnell durchgesickert und sicherlich der Grund für sein unangekündigtes Auftauchen.
„Nicht. An. Changbin." Verlangte ich von Kai, was ich in Anbetracht der Lage wie er uns vorgefunden hatte lieber nicht hätte tun sollen.
Aber nicht nochmal würde er einen meiner Leute blau schlagen, schlicht für den Grund mich aus meiner Haut fahren lassen zu wollen.
„An wem dann?" säuselte er und wandelte mit seinen Händen an meinen Wangen entlang, fuhr meine Hals ab und ließ sie an meiner Taille ruhen. Seine Hände hinterließen imaginäre schwarze Spuren, die ich mir zu gerne von der Haut gekratzt hätte.
Mir war danach die Augen zuzukneifen, ihm nicht ins Gesicht sehen zu müssen.
„An mir." Meine Worte waren schneller ausgesprochen, als ich nachdachte.
Chans Augen wurden groß, doch kein Wort verließ seine Lippen.
„Cheonsa, nein!" widersetzte sich Changbin tobend.
Kai machte eine Handgeste und dann folgte ruhe, als befehligte er Jongho Changbin nicht länger in die Mangel zu nehmen.
„Rede weiter." Forderte Kai mich auf.
Nichts würde schlimmer werden, als noch einmal so eine Situation wie letzte Nacht sehen zu müssen.
Kai legte seine Hand an mein Kinn und zwang mich in sein grausam wunderschönes Gesicht zu sehen. Das Erwachsensein stand ihm. In einem anderen Leben würde er ein großartiges K-Idol abgeben. Doch nicht in diesem.
„Verschone Changbin und du darfst mit mir machen was du..."
„Vergiss es!" spie Changbin hinter mir. „Ich kann die Schläge wegstecken."
Kai würde nicht nochmal gegen meine Leute die Hand erheben.
„Du darfst mit mir machen, was du willst." Sprach ich meine Worte Kai gegenüber in einer viel zu entschlossenen und beherrschten Tonlage aus.
Ich spürte wie ich zu zittern begann, so wie gestern, als ich die Mädchen sah, Ninas Körper umgedreht hatte.
„Du machst das, damit so etwas in Zukunft nicht nochmal passieren muss." Flüsterte mir mein Dämon zu und befand sich in einer seltenen Übereinkunft mit mir.
Kai kam meinem Gesicht wieder nahe und lächelte.
„Weißt du, was du von mir verlangst?"
Ich unterdrückte das Zucken in meinem Körper, dass mir riet mir Changbin zu schnappen und mit ihm ans Ende der Welt zu fliehen, gemeinsam mit Hyunjin und Felix. Doch es gab Licht am Ende des Tunnels. Ich würde Kai stürzen, bis dahin musste ich sicher gehen, dass er keinen von uns umbrachte.
„Ja." Bestätigte ich seine Worte.
Kais andere Hand ruhte locker auf meiner Taille und wanderte hinab auf meine Hüfte.
Chan hatte seinen Blick von mir abgewandt und sah gespielt unbeteiligt auf den Boden. Wo und vor allem wann hatte er seinen Kampfgeist verloren. Früher hätte er Menschen brennen lassen, um einen von uns zu beschützen.
Er hätte einschreiten sollen.
Ich hörte bereits seine Standpauke in meinen Ohren, was mir einfiel mich gegen Kai zu stellen. Changbin und ich hätten es doch besser wissen müssen.
„Und du." Kai zog mich an sich, so dass mein Oberkörper seinen berührte.
Ich hob die Hände, um mich von ihm wegzudrücken, doch kam nicht weg. Stattdessen krallte ich mich mit den Händen in sein Oberteil.
Er führte meinen Blick zu seinem und berührte seine Nasenspitze mit meiner.
Der Geruch seines schweren Parfums vernebelte mein Hirn und verursachte ein schmerzendes Pochen in meinen Schläfen.
„Wenn wir hier fertig sind, kommst du über das Wochenende zu mir." Verlangte er als Ausgleich, dass er Changbin verschonte.
Ich atmete flach, so flach, dass ich kaum einen Ton von mir gab und stimmte Kais Worten mit einem stummen nicken zu.
Siegessicher lächelte er. Ihm war bewusst, dass er mich genau da hatte, wo er seit Wochen versuchte mich hinzutreiben, das ich vor ihm einknickte, mich ihm unterordnete.
„Du verdammtes..." Fluchte Changbin hinter mir und wütende Schritte folgten.
Kai besah mich noch immer wie ein Löwe seine gefangene Beute und ließ die Hand von meine Hüfe ab, um Jongho ein Zeichen zu geben. Dieser reagierte und wies Changbin wieder in Reih und Glied.
Chan sah zur Wand, als würde es da ein Taylor Swift Konzert geben, als habe er hier mit allem nichts zu tun.
„Ich will noch etwas von dir, Cheonsa." Hauchte Kai mir zu, seine Lippen meinen so nahe, dass er sein Gesicht nur ganz leicht nach vorn lehnen musste, um meine zu berühren. Mein Brustkorb drohte meine Lungen zu zerquetschen so eng fühlte er sich auf einmal an. Ein Kloß sammelte sich in meinem Hals.
„Was du willst..." Meine Stimme war nicht mehr als ein tonloses Ausatmen von aneinander gereihten Buchstaben.
„Ich will, dass du mich küsst."
Noch immer keine Reaktion von Chan, während Changbin wütend schnaufte und Jongho ihn zurückhielt.
Die Hand an meinem Kinn schmiegte sich eiskalt an meine Wange. Von seiner Berührung aus zuckten Blitze durch meinen Körper, die meine Beine nicht auf die Gute Art in Wackelpudding verwandelten.
Kai merkte, dass meine Standhaftigkeit dabei war aufzugeben und legte seine freie Hand um meinen Rücken, um mich noch näher an sich zu pressen.
Durch die Wucht seines Zuges bekam er beinahe seinen Willen, doch tat nichts dazu den Abstand von selbst zu verringern. Ich wusste nicht, ob die Situation und seine Aufforderung dadurch noch schlimmer wurden.
„Deine Lippen haben schon widerlichere Dinge berührt. Da sollten meine Lippen doch ein Geschenk sein." Säuselte Kai und küsste meine Wange mit einem dreckigen Lächeln.
Sehun lachte niederträchtig. Chan blickte noch immer zu dem Taylor Swift Konzert an der Wand.
„Küss mich, Cheonsa."
Ich wusste nicht, dass es noch möglich war, doch Kai presste mich noch näher an sich. Wäre er einer dieser widerlichen Affen in einer Bar, wüsste ich ihn von mir zu schubsen. Doch er war Kai. Und Kai hielt mein ganzes Leben in seinen Händen. Ein Befehl und Chan und Changbin wären ihre Würde los, Minho wäre Han los und Hyunjin Felix und ich alle gemeinsam.
Ihm machte das spaß, mich so vor ihm zittern zu sehen. Damals respektierte ich ihn, heute suchte er meine Alpträume heim, definierte für mich die Worte Hass und Panik.
Ich schloss die Augen, meine Hände krallten sich nur noch mehr in seine Haut, suchten nach irgendeiner Möglichkeit ihm weh zu tun, meine Spuren zu hinterlassen, wie er sie in meiner Psyche hinterließ.
Keiner sah es, keiner hörte es, niemand spürte es, doch ich schrie im Hinterraum meines Kopfes, wechselte Positionen mit meinem Dämon und ließ sie meine Hände von Kais Brust losreißen.
Ich versteckte mich im Hinterstübchen meines Menschenverstands, als sie meine Hände in seinen Nacken legte und bestimmt die Millimeter zwischen unseren Lippen überbrückte um ihn zu Küssen mit all dem Hass, all dem Missachten, all den offenen Wunden, die er mir zufügte.
Ich kniff meine Augen zu, ganz fest. Mein Dämon machte den Rest, behauptete sich gegen Kai, als er sich motiviert, sah mit einem düsteren lachen gegen meine Lippen zu bewegen.
Das war kein kleiner unscheinbarer Schmatzer, wie er ihn mir zur Verlobungsfeier aufdrückte. Hier, vor Changbin und Chan wollte er deutlich seinen Standpunkt klar machen und ließ mich ihm nicht mehr entwischen.
„Ich bring dich um!" Changbins fuchsige Stimme klang dem lauten Schrei in meinem Kopf zu ähnlich.
Mein Dämon dagegen sah es als angemessen mich nicht von Kai in die Schranken weisen zu lassen.
Sie wanderte mit meinen Händen an Kais Hals und drückte zu.
Mit einem markerschütternden wahnsinnigem Lachen drückte er sich mir entgegen und biss in meine Unterlippe.
Ich wurde wach, nutzte meine Schmerzsekunde und verdrängte meinen Dämon, um mich von Kai zu lösen, der lasziv auf mich herunterblickte.
„Scheint, als hast du dein Feuer in deiner Zeit hier doch nicht verloren." Er fuhr mit seinem Daumen über meine aufgebissene Unterlippe und betrachtete das Blut an seinem Finger.
Mit dem Abgeben meines Dämons brach meine Übelkeit wieder über mich hinein.
„Ich werde dir schon noch beibringen, wieder zu brennen." Schwor Kai mir und besah mich von oben bis unten.
Ich nahm meine Hände von seinem Hals und löste mich aus seinem Griff.
Das geschah wieder seinem Plan, denn er zog mich zurück und behielt mich an seiner Seite.
Mein Blick floh zu Chan, der die Wand mittlerweile langweilig fand und mich entgleist anstarrte, als habe ich etwas falsch gemacht. Wut durchzuckte seinen Blick ob auf mich oder Kai, das wusste nur er selbst.
Changbin starrte Kai an, wie den Teufel in Person. Sein Gesicht rot vor Wut, die Wangen aufgeblasen, sein ganzer Körper vor dem Zerreißen gespannt. Einzig Jungho hielt ihn zurück. In seiner Hand hielt der Guerilla eine Waffe, die er direkt an den Hinterkopf von Changbin presste.
Deshalb war er so ruhig.
„Lass ihn los." Befahl Kai und die Waffe landete in der Jacke.
Für den Bruchteil einer Sekunde bildete ich mir ein, der jüngste von Hongjoons Schützlichen blickte mich entschuldigend an. Doch so schnell wie er sein menschliches Wesen durchsickern ließ übernahm seine Rolle wieder. Unsanft stieß er Changbin von sich weg, der das Gleichgewicht verlor und nach vorn fiel.
ich versuchte erneut mich los zu reißen, um ihm hoch zu helfen.
„Wenn du ihn noch einmal anfasst, lasse ich Jungho abdrücken, vor deinen Augen." Mahnte Kai mich und wies seinem Leibwächter mit einem Wink Changbin auf die Beine zu helfen.
„Einmal weiß ich ihn zu verschonen, aber ein zweites Mal wird es nicht geben." Machte er mir klar.
„Hast du mich verstanden, Cheonsa?"
Ich nickte stumm und ließ zu, dass Kai meine beringte Hand in seine nahm.
Mein Körper wurde Taub. Ich spürte, dass er meine Hand drückte, so sehr, dass ich die Dornen seines Ringes in meinem Finger spürte.
„Du gehörst mir." Machte er mir damit klar.
Ich biss die Zähne zusammen und versuchte erneut Chan mit Blicken eine Reaktion zu entlocken.
„Wir sollten uns zu deinem Rudel gesellen." Herablassend besah Kai Chan und deutete in die Richtung des Hauptgebäudes. „Zeit genug haben wir verschwendet, fast so viel wie ich Geld in letzter Nacht verloren habe."
Ein besserwisserisches Lächeln drohte sich auf meinen Lippen auszubreiten, bei dem Gedanken daran Kais Imperium eigenhändig Schaden zugefügt zu haben, doch konnte es den Kloß für das bevorstehende Gespräch, den toten Fahrer und die kommenden zwei Tage nicht lösen.

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