2.2 ~ Hinter den Kulissen

11 3 9
                                    

„Wie sind wir nur wieder in diese Situation geraten?"

Ganz ehrlich? Diese Frage habe ich mir selbst schon oft gestellt, und wäre ich Jess, so könnte ich mit einer Antwort wie Elf Jahre Freundschaft und ich hab immer noch keine Ahnung! verständlicherweise nur wenig anfangen. An ihrer Stelle würde ich ebenfalls wissen wollen, wo sich meine beste Freundin drei Monate lang herumgetrieben hat. Sich grußlos zu verdrücken, da wäre ich an ihrer Stelle auch sauer.

Oh ja, ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie das auf sie gewirkt haben muss. Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Was kann denn ich dafür, dass plötzlich David Tennant vor der Tür steht? Ich meine, da muss der beste Schauspieler der Welt vor wildgewordenen Paparazzi flüchten und sucht Unterschlupf in unserer Bibliothek. Hätte mich mein ätzender Chef nicht zu Wochenendarbeiten verdonnert, wir wären uns nie über den Weg gelaufen - und auch nicht durch die Zeit gereist. In einer TARDIS. Zusammen mit dem Doktor, der ein ganz anderes Problem hatte.

Aber davon kann ich Jess genauso wenig erzählen wie von der Sache mit dem Schlüssel, ohne den wir niemals in diesen Schlamassel geraten wären. Soviel zu dem Thema „wir halten ihn vor der ganzen Welt geheim", und prompt habe ich wieder meine Mutter im Ohr. Du weißt aber schon, was das letzte Mal passiert ist, als jemand von dem Schlüssel Gebrauch gemacht hat... Ja, Mama. Leider.

Nur gut, dass David und der Doktor die einzigen waren, denen ich sein Geheimnis offenbaren musste. Nicht nur, um vor den Fotografen zu flüchten, sondern ganz besonders auch vor den Aliens in Gestalt von steinernen Engeln, die uns bzw. die Bibliothek, in der wir uns verschanzt hatten, umzingelt hatten. Aber wenigstens hat sich der Doktor am Ende, als wir mit heiler Haut von unserer Mission zurückgekehrt waren, höchstpersönlich um das Problem gekümmert.

Mehr will ich gar nicht sagen, denn wenn ich tiefer ins Detail ginge, säßen wir noch an Weihnachten hier, und das möchte ich nun wirklich niemandem zumuten; am allerwenigsten Jess, um wieder zum Thema zurückzukommen. Wie ich nämlich meine Freundin kenne, würde sie mir eine solche Geschichte niemals abkaufen, doch selbst wenn... okay, ich sehe es ein: Spekulationen bringen uns keinen Meter weiter. Theoretisch. Doch die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Denn sonst hätte ich nicht diesen Versuch gestartet, wenigstens einen Teil des Schadens wieder gut zu machen, den mein Verschwinden unserer Freundschaft zugefügt hat.

Wenn man den Knacks überhaupt wieder kitten kann.

Und da bekanntlich ein Fettnäpfchen niemals allein kommt, war das nächste schon vorprogrammiert, als wir „Stell dir vor" in der Mokkaschnitte spielten.

Ich hätte mich ohrfeigen können, als ich ihr ins Wort fiel und mich dazu hinreißen ließ, das Szenario weiter auszuschmücken. Ich hatte es wirklich nur gut gemeint, als ich ihr durchgetanzte Nächte in den angesagtesten Clubs schmackhaft machen und sie so auf andere Gedanken bringen wollte. Vielleicht war es nicht unbedingt das Cleverste, irgendwelche hypothetischen Typen zu erwähnen, die dort angeblich Schlange standen, wo ich doch genau wusste, dass Jess nicht gerade von der Sonne verwöhnt war, wenn es ums Daten ging. 50 missglückte Dates? Ich wusste, dass ich eine Menge verpasst hatte, während ich weg gewesen war, und vielleicht hätte ich genauer nachfragen sollen. Doch andererseits sollte sie nicht das Gefühl haben, ich wollte sie bis ins Kleinste verhören, wo ich mich doch selbst streckenweise ziemlich bedeckt hielt, auch wenn Fairness anders aussah.

Dennoch wurde mein Eindruck, dass ihr Pech auf diesem Gebiet doch größer war als ich befürchtet hatte, je länger wir im Café beisammensaßen. Aber dass meine Heimkehr als glücklich Verlobte sie in einem solchen Maß triggerte, gab mir dann doch zu denken. Da reichte ja schon, dass ich seinen Namen gelegentlich fallenließ. Doch damit war ich bei ihr anscheinend an der falschen Adresse. Shane hier, Shane da, warf sie mir in einem mehr als sarkastischen Tonfall an den Kopf. Ach herrje, da hatte ich anscheinend einen wunden Punkt bei ihr getroffen, dass sie die Fassung verlieren und mich so nachäffen musste. Und während ich noch krampfhaft meine Hirnwindungen durchkämmte, ob ich es mit meiner Schwärmerei für meinen blondgelockten Traummann nicht vielleicht doch ein klein wenig übertrieben hatte, haute sie auch schon den nächsten Klopper raus.

Ich wüsste nur zu gerne, wie du dieses Kunststück fertig gebracht hast...

Moment mal, Jess. Deine Enttäuschung in Ehren, aber wie war das nochmal mit der Tatsache, dass zu einer Sache immer zwei gehören? Ich hatte ja keine Ahnung, wie hoch die Messlatte inzwischen war, die sie an ein Date anlegte. Doch nach dem zu urteilen, wie wenig Erfolg sie bisher gehabt hatte, war sie eindeutig zu hoch - eine Einschätzung, die dazu führte, dass mir die Worte schärfer über die Lippen kamen als beabsichtigt.

Das ist so typisch Jess. Keiner ist dir gut genug. Kein Wunder, dass deine Dates ein Haufen Reinfälle sind...

Kein Fettnäpfchen könnte tief genug sein, dass es mit dem Hineinspringen in das nächste nicht noch tiefer ginge. Denn nachdem ich das Offensichtliche nicht nur festgestellt, sondern in die kaffeegeschwängerte Luft hinausposaunt hatte, folgte ein weiterer Tiefpunkt, mit dem ich mich vollends bei ihr unbeliebt machte.

Wenn du so weitermachst, wirst du nie jemanden finden.

Wenn du so weitermachst, wirst du nie jemanden finden

Oops! Această imagine nu respectă Ghidul de Conținut. Pentru a continua publicarea, te rugăm să înlături imaginea sau să încarci o altă imagine.

Hinterher tut es einem immer leid. Da würden mir die meisten von euch wohl zustimmen. Die Zeit zurückdrehen und diesen völlig misslungenen „Mädelsabend" ungeschehen machen konnte ich ja nun nicht mehr. Wie auch, ohne Schlüssel? Worte allein würden diesen Scherbenhaufen weder ordentlich zusammenfegen noch in die Ausgangsbasis zurück kitten - da musste ich wohl oder übel meinen Hintern hochbekommen und mehr tun.

Von da an hatte ich nur noch ein Ziel: Hilf dem Glück auf die Sprünge. Für Jess.

 Für Jess

Oops! Această imagine nu respectă Ghidul de Conținut. Pentru a continua publicarea, te rugăm să înlături imaginea sau să încarci o altă imagine.


A/N: Um an dieser Stelle mal eine andere Perspektive hineinzubringen, war ich so frei, den folgenden Prompt von @ SteffiDa zu verwenden: „Wie sind wir nur wieder in diese Situation geraten?" „Elf Jahre Freundschaft und ich hab immer noch keine Ahnung!"

Elf Jahre Freundschaft - und dann taucht Ella für ein Vierteljahr einfach unter? Ihre kryptischen Andeutungen darauf beziehen sich übrigens auf meinen Beitrag zum Open Novella Contest von 2022 mit dem Titel „Der geheime Schlüssel". Für „Geld oder Liebe" hat es allerdings keine weitere Relevanz. Mich später darauf nicht zu beziehen, kann ich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht garantieren.

Wie wird Ellas „Rettungsmission" für Jess wohl ablaufen? Ich bin schon sehr gespannt auf eure Spekulationen.


Geld oder Liebe : Der Dating-PoolUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum